Stefan Küng gibt alles, am Ende bleibt nur bitterer Frust.Bild: keystone
«Es ist, wie es ist» – Küng verpasst Medaille im Zeitfahren bloss um 0,4 Sekunden
Spitzensport kann grausam sein. Einen Tag, nachdem den Mountainbikerinnen bei ihrem Medaillen-Sweep alles aufgegangen ist, hadert ein anderer Schweizer Radsportler. Stefan Küng landet im Zeitfahren in einer «Sekunden-Lotterie» hauchdünn neben dem Podest.
Der Olympiasieger fuhr auf dem Fuji International Speedway in einer eigenen Liga: Primoz Roglic holte sich die Goldmedaille mit einem Vorsprung von über einer Minute.
Hinter dem Slowenen hingegen tobte auf den 44,2 Kilometern ein spektakulärer Vierkampf um die zwei anderen Medaillen. Im Ziel lagen Tom Dumoulin, Rohan Dennis, Stefan Küng und Filippo Ganna bei einer Fahrzeit von rund 56 Minuten bloss 4,35 Sekunden auseinander.
Die Medaillengewinner: Dumoulin, Roglic und Dennis (von links).Bild: keystone
Der Niederländer Dumoulin, vor einem Monat zurückgekehrt nach einer halbjährigen Auszeit, und der Australier Dennis waren die beiden Glücklichen, die neben Roglic auf das Siegerpodest durften. Der 27-jährige Thurgauer Küng und der aktuelle Zeitfahr-Weltmeister Ganna aus Italien hatten das Nachsehen.
Am Tag X voll bereit
«Das ist halt der Sport, das gehört dazu», sagte Küng im SRF, einigermassen gefasst wirkend. «Die vier Zehntel würde man überall finden. Vier Zehntel, das ist nichts.»
Küng im Ziel – es hat nicht gereicht.Bild: keystone
Der Ostschweizer, der amtierender Europameister im Zeitfahren ist, betonte, er habe in der japanischen Hitze auf dem schwierigen Parcours mit 850 Höhenmetern eine Topleistung abgerufen. «Meine Leistung war medaillenwürdig. Ich konnte am Tag X meine Leistung abrufen, aber ich wusste schon vorher, dass ich dazu in der Lage bin. Man investiert im Vorfeld so viel, feilt am Material, versucht jeden Zehntel herauszuholen und dann fehlen im Ziel vier Zehntel … Aber es ist, wie es ist.»
Er werde versuchen, sich nicht zu lange mit der Enttäuschung zu beschäftigten, sagte Küng weiter, «sonst kann ich eine Woche lang nicht schlafen.» Lieber blickt er bereits nach vorne. «Ich gebe nicht auf. Seit ein, zwei Jahren bin ich im Zeitfahren auf einem konstant hohen Niveau und die nächsten Olympischen Spiele sind schon in drei Jahren. Klar, es gibt noch Welt- und Europameisterschaften, aber Olympia bleibt halt Olympia.»
Stefan Küng im SRF-Interview.Video: SRF
Für Swiss Cycling bleibt es damit nach den Strassen- und Mountainbike-Rennen bei vorläufig fünf Medaillen – hinzu kommen zwei «lederne» für die viertplatzierten Küng und Nino Schurter (Mountainbike). Noch mehr Edelmetall könnten die BMX- und Bahnfahrer erobern.
Nachfolger von Fabian Cancellara, dem Olympiasieger 2016 in Rio de Janeiro, wurde Primoz Roglic. Er hatte den slowenischen Startplatz erhalten und nicht Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar – und rechtfertigte dieses Vertrauen in ihn eindrücklich. Für Roglic ist der Sommer 2021 damit dennoch erfolgreich. Die Frankreich-Rundfahrt hatte er nach einem Sturz verletzt aufgeben müssen, nachdem er im Vorjahr hinter Pogacar Zweiter geworden war.
Das war der Liveticker:
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Küng im Hundertstel-Pech
Normalerweise wird in Skirennen oder beim Schwimmen und in der Leichtathletik von Hundertstel-Pech geschrieben. Heute benutzen wir den Begriff beim Radsport: 0,40 Sekunden fehlen Stefan Küng nach 44,2 Kilometern auf die Bronze-Medaille im olympischen Zeitfahren. Unglaublich bitter für den Thurgauer.
Olympiasieger wird überlegen mit einer Minute Vorsprung der Slowene Primoz Roglic, der die Tour de France nach einem Sturz verletzt aufgeben musste. Silber und Bronze holen sich Tom Dumoulin aus den Niederlanden und Rohan Dennis aus Australien.
Der Kampf um Silber und Bronze war ein Vierkampf: Dumoulin, Dennis, Küng und der fünftplatzierte Italiener Filippo Ganna lagen im Ziel nur 4,35 Sekunden auseinander.
Ziel
Auch Filippo Ganna verpasst die Medaillen. Der Italiener wird Fünfter, verpasst die Medaillen um zwei Sekunden.
Ziel
Wout van Aert ist geschlagen, der meistgenannte Favorit auf Rang 5.
Ziel
Nichts wird es leider mit einer Medaille für Stefan Küng: Der Thurgauer im Ziel auf Rang 4.
Küng fehlen knapp 3 Sekunden auf die Zeit von Tom Dumoulin und vier Zehntelsekunden auf jene von Rohan Dennis.
Ziel
Stefan Küng wenige hundert Meter vor dem Ziel. Go go go!
Ziel
Rohan Dennis bleibt knapp hinter Tom Dumoulin zurück – das wird sehr eng mit einer Medaille für den Australier. Rund zwei Sekunden fehlen Dennis auf die Zeit des Niederländers.
Küng on fire
Stefan Küng auf den letzten Kilometern. Er gibt alles – das ist heute eine enorm enge Kiste auf der Rennstrecke von Fuji.
5. Zwischenzeit
Das Finale wird zum Thriller: Filippo Ganna klassiert sich mitten im «Päckli» mit Dumoulin, Küng und Dennis. Die vier Fahrer liegen innerhalb von sieben Sekunden.
Ziel
Vermutlich ist das der neue Zeitfahr-Olympiasieger: Primoz Roglic prescht an die Spitze. Er knöpft Tom Dumoulin mehr als eine Minute ab – und rast nach der Ziellinie weiter, als müsste er noch eine Runde absolvieren …
Bild: keystone
5. Zwischenzeit
Stefan Küng an der letzten Zwischenzeitnahme vorbei. Der Thurgauer hat Rohan Dennis überholt. Er liegt knapp vier Sekunden hinter Dumoulin und knapp vier Sekunden vor Dennis.
5. Zwischenzeit
Sieben Kilometer vor dem Ziel führt Roglic mit 42 Sekunden Vorsprung auf Dumoulin und 50 Sekunden Vorsprung auf Dennis. Bald taucht Küng bei dieser Zwischenzeit auf.
Ziel
Tom Dumoulin als erster der Medaillenanwärter im Ziel. Der Oranje-Express setzt sich klar an die Spitze, hat 1:13 Min. Vorsprung auf Rigoberto Uran.
Bild: keystone
4. Zwischenzeit
Auch Filippo Ganna nun durch, Zwischenrang 4 für den Italiener. Roglic deutlich vor den nahe beisammen liegenden Dennis, Dumoulin und Ganna, Küng 14 Sekunden hinter diesem Trio. Diese fünf Fahrer machen die Medaillen unter sich aus.
4. Zwischenzeit
Wout van Aert ist eingebrochen, der Belgier ist wohl aus dem Kampf um die Medaillen ausgeschieden. Er liegt 21 Sekunden hinter Stefan Küng auf Rang 5, ist 1:07 Min. langsamer als der führende Roglic.
4. Zwischenzeit
Nach 31,8 km liegt Stefan Küng 45 Sekunden hinter Roglic. Sein Rückstand auf Dennis und Dumoulin beträgt 15 Sekunden.
Bild: keystone
5. Zwischenzeit
Primoz Roglic trotz allem wahnsinnig schnell – und er hat den Vorsprung ausgebaut. Er liegt nun 42 Sekunden vor Tom Dumoulin.
Bild: keystone
Unterwegs
Hat sich Primoz Roglic übernommen? Der Däne Kasper Asgreen hat ihn wieder überholt und Roglic wirkt nicht wie einer, der sich den Konkurrenten gleich wieder schnappen kann.
4. Zwischenzeit
Der Australier Rohan Dennis auf Rang 2, sein Rückstand auf Roglic 31 Sekunden.
4. Zwischenzeit
Primoz Roglic sprintet bergauf am vor ihm gestarteten Dänen Kasper Asgreen vorbei. Der Slowene, im Vorjahr Zweiter der Tour de France, hat mächtig aufs Tempo gedrückt. Er führt bei der Zwischenzeit nun 32 Sekunden vor Tom Dumoulin.
3. Zwischenzeit
Sechs Fahrer kämpfen auf der zweiten Streckenhälfte noch um die drei Medaillen:
3. Zwischenzeit
Der Kampf um die Medaillen bei Halbzeit äusserst spannend. Filippo Ganna ebenfalls knapp 9 Sekunden hinter Primoz Roglic.
3. Zwischenzeit
Wout van Aert nun auch bei der 1. Zielpassage. Der Belgier liegt 10 Sekunden hinter Roglic und somit praktisch gleichauf mit Dumoulin und Dennis.
3. Zwischenzeit
Stefan Küng hat 22,1 der 44,2 Kilometer hinter sich. Der Thurgauer hat ein wenig Zeit eingebüsst. Er liegt 15,59 Sekunden hinter Primoz Roglic und damit auf Rang 4. Auch Tom Dumoulin und Rohan Dennis waren schneller als Küng.
3. Zwischenzeit
Auch Rohan Dennis muss man im Auge haben. Der Australier, zweifacher Zeitfahr-Weltmeister, bei Rennhälfte nur 9 Sekunden hinter Primoz Roglic.
2. Zwischenzeit
Auch Filippo Ganna als letztgestarteter Fahrer nun am zweiten Checkpoint durch. Der Italiener eine Sekunde schneller als Küng.
Roglic 18:15 Min.
Van Aert 18:15 Min.
Ganna 18:19 Min.
Küng 18:20 Min.
Dumoulin 18:21 Min.
Ein enorm spannendes Zeitfahren sehen wir heute!
2. Zwischenzeit
Wout van Aert praktisch gleichauf mit Roglic, ebenfalls fünf Sekunden schneller als Küng.
3. Zwischenzeit
Primoz Roglic hat die Hälfte des Tagespensums hinter sich: Er führt nach 22,1 Kilometern 8 Sekunden vor Tom Dumoulin.
2. Zwischenzeit
Stefan Küng hat aufgedreht: Er liegt dort auf Rang 2 hinter Roglic, fünf Sekunden war der Slowene schneller. Küng gleichauf mit Dumoulin.
3. Zwischenzeit
Bei Rennhälfte Tom Dumoulin mit einer klaren neuen Bestzeit, 41 Sekunden schneller als Patrick Bevin aus Neuseeland.
1. Zwischenzeit
Nun sind bei 9,7 km alle Fahrer durch. Filippo Ganna war am schnellsten auf diesem Streckenteil, sechs Zehntel schneller als Roglic. Küng auf Zwischenrang 7, zehn Sekunden hinter Ganna.
1. Zwischenzeit
Auch Wout van Aert ist gut gestartet, liegt 4 Sekunden hinter Roglic.
2. Zwischenzeit
Primoz Roglic stellt auch da eine neue Bestzeit auf, der Slowene baut den Vorsprung auf Tom Dumoulin auf 6 Sekunden aus. Kasper Asgreen als Dritter liegt bereits 25 Sekunden hinter Roglic zurück.
1. Zwischenzeit
9 Sekunden liegt Stefan Küng am ersten Messpunkt hinter Primoz Roglic, Zwischenrang 5.
1. Zwischenzeit
Pech für den Franzosen Rémi Cavagna: Sein Bidonhalter ist kaputt gegangen. Er darf sich aus dem Begleitauto verpflegen, aber das ist schon ein Nachteil für Cavagna.
Er ist auf Rang 4 hinter Roglic, Dumoulin und Dennis.
1. Zwischenzeit
Nach 9,7 Kilometern Primoz Roglic nochmals rund 3 Sekunden schneller als Tom Dumoulin. Als nächste werden Geraint Thomas und Rohan Dennis hier auftauchen.
1. Zwischenzeit
Tom Dumoulin setzt sich an die Spitze, der Niederländer dort 15 Sekunden schneller als der bislang schnellste bei der ersten Zwischenzeit, Alberto Bettiol.
Küng ist unterwegs
Daumen drücken für den 27-jährigen Thurgauer!
Neue Leader im Ziel
Der Kanadier Hugo Houle wurde an der Spitze abgelöst, drei höher eingeschätzte Fahrer waren schneller als er. Es führt Rigoberto Uran aus Kolumbien (Bild), er war zwei Sekunden schneller als der junge Belgier Remco Evenepoel. Auf Zwischenrang 3 liegt Alberto Bettiol aus Italien.
Bild: keystone
Grosser Kreis der Favoriten
Die Konkurrenz ist gross. Als Topfavorit müsste Filippo Ganna genannt werden. Aber wie steht es um die Form des Italieners? Im Gegensatz zu den anderen bestritt er nicht die Tour de France.
Dort wiederum brillierte Wout van Aert (Bild). Der Belgier gewann eine Bergetappe (jene mit dem «doppelten» Mont Ventoux), ein Zeitfahren und die Schlussetappe im Massensprint auf den Champs-Elysées. Im olympischen Strassenrennen am Samstag war er bärenstark und gewann Silber.
Primoz Roglic musste die Tour nach Sturz aufgeben, möglich dass er heute zurückschlägt. Mit dem Niederländer Tom Dumoulin, Rémi Cavagna aus Frankreich, Rohan Dennis aus Australien oder Kasper Asgreen aus Dänemark stehen weitere starke Gegner Küngs am Start.
Bild: keystone
Küng startet um 09.07 Uhr
Ein Drittel der 39 Gestarteten ist bereits im Ziel. Derzeit führt der Kanadier Hugo Houle, der die Strecke in knapp 58 Minuten bewältigte. Experten gehen von einer Siegerzeit von rund 55:30 Min. aus.
Stefan Küng wird als drittletzter Fahrer auf die Strecke gehen, sein Start ist um 09.07 Uhr. Eineinhalb Minuten nach ihm macht sich der Belgier Wout van Aert auf, drei Minuten nach Küng als letzter Fahrer der Zeitfahr-Weltmeister Filippo Ganna aus Italien.
Der Parcours
Eine harte Strecke soll dafür sorgen, dass ein würdiger Fahrer Olympiasieger wird. Sie ist 44,2 Kilometer lang und hat 850 Höhenmeter. Hinzu kommen die äusseren Bedingungen, wie Küng betont: «Die Hitze spielt hier enorm mit. Wenn man mal in den roten Bereich kommt, dann erholt man sich nicht mehr, dann ist Feierabend.» Es gelte, gut auf seinen Körper zu hören und «sich das Rennen gut einzuteilen».
Final iteration of the ITT profile as even the biggest stage in the world does not provide an accurate roadbook. 🙃
Vier Medaillen der Mountainbiker, heute schon Silber für Marlen Reusser – Swiss Cycling ist im Hoch und hamstert in Tokio Medaillen. Klappt es im Zeitfahren auch für Stefan Küng?
Bild: keystone
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Die beliebtesten Kommentare
Liebu
28.07.2021 10:28registriert Oktober 2020
Brutal für jeden, der so knapp scheitert. Trotz guter Leistung braust Küng am Podest vorbei.
Die 0,4 Sekunden werden wohl zum Albtraum für Schweizer Sportler. Vor Küng fehlte auch der Hockeynati an der WM 2019 gegen Kanada nur 0,4 Sekunden zum Shootout.
Das tut weh.. tut mir sehr leid für Küng. Aber er ist ein Kämpfer, wie er im Interview einmal mehr beweist. So wird er es irgendwann schaffen. Ich drücke die Daumen.
Jens Lehmann fliegt mit Rot vom Platz und klaut einem Fan die Brille
13. Dezember 2009: Was ist bloss in den deutschen Nationalhelden gefahren? Nach dem 1:1 gegen Mainz und einem Platzverweis sieht Stuttgarts Jens Lehmann gleich nochmals Rot. Er nimmt einem kritischen Zuschauer einfach so die Brille weg.
Die Szene ist so absurd, dass man sie kaum glauben mag. Stuttgart holt in Mainz bloss ein 1:1 und weil Jens Lehmann kurz vor dem Abpfiff nach einer Tätlichkeit vom Platz fliegt, ist der VfB-Keeper richtig, richtig schlecht gelaunt.
Die 0,4 Sekunden werden wohl zum Albtraum für Schweizer Sportler.
Vor Küng fehlte auch der Hockeynati an der WM 2019 gegen Kanada nur 0,4 Sekunden zum Shootout.
Ich denke jetzt reicht es mit diesen 0,4 Sek.