Für Visma–Lease a Bike, das dominierende Team der vergangenen Saison, ist der Fall klar. «Die Regeln für die Abmessungen und die Sicherheit von Helmen wurden vor einem Jahr aufgestellt. Wir haben mit Hersteller Giro begonnen, innerhalb dieses Rahmens zu arbeiten», sagte Mathieu Heijboer, der Performance Manager der Mannschaft, zum niederländischen Portal «AD».
Dass der Weltverband UCI nun angekündigt hat, die neuen Helme eingehend zu prüfen, ist für Heijboer unverständlich. «Die UCI ist von Emotionen und den Reaktionen in den sozialen Medien getrieben», behauptete er. Das Team glaubt, dass der neue Helm aufgrund der Untersuchungen nun verboten werde. «Aber wenn die UCI ein Problem mit dem Design hat, hätte sie das schon bei der Einreichung des Helms zur Genehmigung mitteilen müssen», sagte Heijboer.
Der auffällige Helm würde sich dann in die Liste jener Innovationen einreihen, die die Sportwelt für eine kurze Zeit bewegten, ehe sie verboten wurden. Eine Auswahl:
Im Rodeln geht es derart eng zu und her, dass die Zeit bis zur Tausendstelsekunde gemessen wird. Daher ist es verständlich, dass getüftelt wird, was das Zeug hält, um im Eiskanal die entscheidende Nuance schneller zu sein als die Konkurrenz.
Für die Olympischen Spiele 1976 entwickelten die Westdeutschen den gelben «Eierhelm», gemeinsam mit einer Firma für Luft- und Raumfahrttechnik. Das Ziel: Die übermächtigen DDR-Rodler zu schlagen. Getestet wurde im Windkanal und bei geheimen Fahrten in der Nacht, damit auch ja kein Konkurrent etwas davon mitbekam. «Ich bin nachts um vier Uhr gefahren, damit niemand ein Foto von diesem Helm machen konnte. Ich bin heute noch erstaunt, dass nichts an die Öffentlichkeit kam», sagte Josef Fendt viele Jahre später in der ARD.
So vereitelten es die «Wessis» den «Ossis», jeweils alle drei Medaillen abzuräumen: Sie gewannen bei den Männern Silber und bei den Frauen Bronze. Dem Weltverband war der Eierhelm jedoch zu kurios: er wurde kurze Zeit später verboten.
Kameruns Fussballer gewannen 2002 den Afrika-Cup – in Trikots ohne Ärmel. Die waren so neu wie exotisch, der PR-Gag von Hersteller Puma machte schnell die Runde.
Weniger Freude an den ärmellosen Trikots hatte die FIFA. Der Weltverband verbot den «unbezähmbaren Löwen», trainiert vom Deutschen Winnie Schäfer, an der WM 2002 darin zu spielen. Der Grund: Auf dem Ärmel musste ein FIFA-Logo angebracht werden. Und wo kein Ärmel, da kein Logo.
Die Kameruner und ihr Ausrüster beugten sich. Das Trikot erhielt schwarze Ärmel aus dünnem Stoff, so dass zumindest die Illusion ein wenig aufrecht erhalten wurde.
Was heute Dominas tragen, war einst die Arbeitskleidung von Skirennfahrern. Der Südtiroler Abfahrer Erwin Stricker – der im Starthaus von Kitzbühel einst ein Pornoheft auspackte – entwickelte in den 70er-Jahren einen plastifizierten Anzug.
Die Italiener seien darin aufrecht schneller gewesen als die Österreicher in der Hocke, erzählte Strickers Witwe Linda. Der Anzug war extrem windschlüpfrig, aber auch sehr gefährlich, denn bei Stürzen bremste er nicht. Der Weltverband FIS verbot den Anzug deshalb – was viele Fahrer wohl nicht bedauerten. In den luftundurchlässigen Anzügen schwitzten sie enorm.
Vier Jahrzehnte später sorgte Tina Maze für Wirbel. Der Slowenin wurde vom Schweizer Team vorgeworfen, sie trage verbotenerweise plastifizierte Unterwäsche. Maze reagierte cool: Sie sagte, sie könne unter dem Anzug notfalls auch nackt fahren, wenn es sein müsse. Es musste nicht: Die FIS stellte keinen Verstoss gegen die Regeln vor.
Als Ilie Nastase 1977 das Sandplatz-Turnier in Aix-en-Provence gewann, war das der Anfang vom Ende eines speziellen Tennisschlägers. Nastase hatte im Final den Sand-Spezialisten Guillermo Vilas geschlagen und so dessen Serie von 46 Siegen in Folge beendet.
«Ich habe nicht gegen Nastase verloren, sondern gegen einen Schläger», wetterte Vilas. Das Geheimnis von Nastases Racket? Es war längs doppelt besaitet. «Spaghetti-Racket» nannte man den Schläger oder auch bloss «Fliegenklatsche».
Zwar verlangsamte der Schläger den Ball. Diesen Nachteil machte er aber dadurch wett, dass die Schläge dafür unberechenbarer waren, weil der Ball beim Aufprall auf den Boden einen neuen Drall bekam. Die Revolution wurde im Keim erstickt: Vilas' Manager Ion Tiriac brachte den Weltverband dazu, den «Flügetätscher» zu verbieten.
Wie kommt man im Hochsprung besser in die Höhe? Der Sowjetrusse Juri Stepanow hatte eine Idee. 1957 sprang er mit 2,16 m neuen Weltrekord, auch dank eines Hilfsmittels.
Stepanow trug einen sogenannten «Katapult-Schuh», der ihm dabei half, sich in die Höhe zu schrauben. Westliche Medien bemerkten eine ungewöhnlich dicke Sohle, die wirkte wie ein Trampolin. «Stepanow, der es nicht in die Olympia-Mannschaft schaffte, tauchte aus der Mittelmässigkeit auf wie eine Tänzerin, die aus einer Torte hüpft», schrieb das US-Magazin «Sports Illustrated».
Der Leichtathletik-Weltverband legte in der Folge eine Höchstdicke der Sohle fest und untersagte so die Katapult-Schuhe. Stepanows Leben nahm damit eine traurige Wende. Der gefeierte Sportler entwickelte eine Depression, die erst in den Alkoholismus und dann zu einer Scheidung führte. Sechs Jahre nach seinem Weltrekordsprung schied Juri Stepanow 31-jährig aus dem Leben.
43 Weltrekorde an einer einzigen WM – die Schwimm-Weltmeisterschaften 2009 in Rom gingen in die Geschichte ein. Verantwortlich für diese Flut an Bestleistungen, zu der sich unzählige Landes- und persönliche Rekorde gesellten, waren neue Ganzkörperanzüge. Manche Schwimmerinnen und Schwimmer trugen gar zwei davon übereinander.
Nur Arme und Füsse blieben frei, der Rest des Körpers erhielt eine neue Hülle. Die Hersteller steckten Unsummen in die Entwicklung neuer Anzüge, man versprach sich einen geringeren Wasserwiderstand und mehr Auftrieb. Wie die Resultate in Rom zeigten, hielten die Anzüge, was man sich von ihnen erhoffte.
Doch dann bemerkten die Funktionäre, dass ein Weltrekord an Wert verliert, wenn er so oft verbessert wird und jedermann klar ist, dass der Sportler nicht allein dafür verantwortlich ist, sondern zu einem schönen Teil seine Kleidung. Also wurden die Anzüge aus dem Verkehr gezogen. Den Schwimmern war's ganz recht. Denn die Prozedur, sich in das enge Stück Stoff zu zwängen, dauerte bis zu einer Dreiviertelstunde.
Das Schwimmbecken war schon früher ein Labor – auch für die «Ausrüstung», die jeder Athlet hat: seinen Körper. Die Westdeutschen kamen vor den Olympischen Spielen 1976 auf die (Furz-)Idee, den Schwimmern Luft in den Dickdarm zu blasen. «Aktion Luftklistier» tauften sie ihr Vorhaben, das Bundesinnenministerium überwies dem Deutschen Schwimmverband 250'000 D-Mark dafür. Das Ziel: Die Übermacht der DDR, die diese wohl auch dank Doping erreichte, mit erlaubten Mitteln zu knacken.
Im Vorfeld hiess es gemäss der «Welt», die Methode mache einen über 100 Meter um zwei bis drei Zehntelsekunden schneller. Und gegen die Dopingregeln verstiess sie nicht. Im Trainingslager vor Olympia zeigte sich dann laut der «Süddeutschen Zeitung»: Tatsächlich bringt es etwas, Luft in den Darm zu pumpen. Man liegt dadurch besser im Wasser.
Am Ende war die «Aktion Luftklistier» jedoch nichts als heisse Luft. In Montreal bemerkten die Westdeutschen, dass es im Stadion keinen Raum gab, der sich zum «Aufpumpen» eignete. So mussten die Athleten dies bereits im olympischen Dorf machen und als sie dann im Hallenbad ankamen, war die Extra-Luft schon draussen. Es heisst, ein Gummi-Produzent habe dem Team daraufhin eine Art Stöpsel vorgeschlagen. Dabei soll es sich aber wohl um einen Scherz gehandelt haben.
Fakt ist hingegen, dass das Internationale Olympische Komitee Wind von der Sache bekam und die Methode untersagte. Während sich die BRD in Montreal 1976 mit zwei Bronzemedaillen begnügen musste, kehrte die DDR mit 19 Medaillen, davon elf aus Gold, zurück nach Europa.