«Ich geniesse es viel mehr als früher» – Lara Gut-Behrami kurz vor Sieg im Gesamtweltcup
Die Österreicherin Cornelia Hütter traf mit ihrer Aussage nach dem Super-G am Samstag den Nagel auf den Kopf: «Sie fährt irrsinnig gut Ski. Ich bin froh, dass ich einigermassen dagegen halten kann».
Die Rede ist natürlich von Lara Gut-Behrami, welche derzeit so ziemlich alle im Frauen-Weltcup in den Schatten stellt. Die Aussage von Hütter, welche als Zweitplatzierte im Super-G-Klassement rangiert ist, zeigt, wie gross der Respekt vor der Tessinerin inzwischen ist.
Im norwegischen Kvitfjell untermauerte Gut-Behrami eindrücklich ihre momentane Vormachtstellung bei den Frauen. Anstelle einer Abfahrt fand am Samstag aufgrund der fehlenden Trainings ein Super-G statt. Für die Disziplinenführende in beiden Wertungen überhaupt kein Problem. Sie gewann das Rennen vor den beiden Österreicherinnen Hütter und Mirjam Puchner, womit der dritte Saisonsieg im Super-G Tatsache wurde.
Angesprochen auf den Kampf um die kleine Kristallkugel meinte Gut-Behrami nach dem Rennen gegenüber SRF: «Grundsätzlich probiere ich einfach immer das Maximum herauszuholen. Aber am Ende ist es immer cool, wenn man dann auch noch gewinnt. Das ist das, was zählt». Mit ihrem achten Saisonsieg übertrifft die 32-jährige ihre Bestmarke aus der Saison 2013/2014.
Im zweiten Super-G vom Sonntag lieferte Gut-Behrami ein weiteres Zeugnis ihrer imponierenden Konstanz ab. Bei einem Rennen, welches wegen starkem Nebel von langen Unterbrüchen geprägt war, klassierte sie sich hinter der Italienerin Federica Brignone auf Rang zwei. Damit liegt Gut-Behrami im Super-G-Klassement ein Rennen vor Schluss 69 Punkte vor Hütter. Dahinter folgt Brignone mit 74 Zählern Rückstand.
Grosser Schritt in Richtung grosse Kugel
Die Durchführung des zweiten Super-G in Kvitfjell kam lange einer Zangengeburt gleich. Die Sicht war stark eingeschränkt, nach drei Athletinnen gab es einen halbstündigen Unterbruch, dasselbe nach 15 und 28 Fahrerinnen. Die früh gestartete Ariane Rädler sprach Klartext: «Die Sicht war nicht gut. Bei einigen Kurven muss man aufpassen. So kann man heute nicht fahren». Am Ende wurde jedoch gefahren – allerdings nur bis Startnummer 41. Da jedoch bereits 30 Athletinnen im Ziel waren, wurde das Rennen auch gewertet.
Gut-Behrami kann dies recht sein. Mit ihren 180 eingefahrenen Punkten auf der Olympiastrecke von 1994 machte sie einen weiteren grossen Schritt Richtung Gewinn ihres zweiten Gesamtweltcups nach 2015/2016. Ihr Vorsprung auf die neu erste Verfolgerin Brignone beträgt bei noch sechs ausstehenden Rennen 326 Punkte. Gar 385 Zähler sind es inzwischen auf die langjährige Dominatorin Mikaela Shiffrin, welche seit ihrem Sturz Ende Januar in Cortina d'Ampezzo pausieren muss.
Entsprechend zog Gut-Behrami ein positives Fazit des Wochenendes im Süden Norwegens: «Es war kein einfaches, aber gutes Wochenende». Ihre Bilanz diese Saison wird immer bemerkenswerter: Zu Buche stehen 20 Top-6-Klassierungen, 15 Podestplätze und mit 1594 Zählern hat sie zudem ihren eigenen Punkterekord gebrochen.
Relaxter als früher
Bezüglich der grossen Kugel macht sich Gut-Behrami keinen grossen Kopf. Sie vertraue momentan ihrem Skifahren, wisse aber gleichzeitig auch, dass dies alles nicht selbstverständlich sei. «Das kommt nicht vom Himmel. Es steckt viel harte Arbeit seit Jahren dahinter. Im Moment passen alle Teile zusammen, das macht mich sehr stolz», ergänzte sie im Zielbereich am Sonntag.
Fiel Gut-Behrami früher nicht selten durch kurze und knappe Antworten auf, macht sie inzwischen auch in den Interviews einen durchwegs relaxten Eindruck. Woher kommt das? «Ich geniesse es viel mehr als früher. Skifahren soll ein Genuss sein, ein Privileg». Durch die dadurch gewonnene Lockerheit sei es auch einfacher, gute Resultate zu erzielen.
Eine grosse Rolle auf dem Weg zu dieser Angehensweise spielt bei Gut-Behrami auch die Familie. Dazu äussert sie sich folgendermassen: «Ich habe das Glück, eine wunderschöne Familie zuhause zu haben. Dadurch blicke ich in die Zukunft und weiss, dass es vielmehr als nur das Skifahren gibt». Dies relativiere vieles, letzten Endes sei auch das Skifahren nicht mehr als ein Sport. Wenn man ihr in diesen Tagen so zuhört kann man nur zu einem Schluss kommen: Lara Gut-Behrami ist mit sich völlig im Reinen.