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Ski: Wut bei Schweizern über Wildcard für Marcel Hirscher gross

ZOETERMEER, 24-07-2024, DEER VAN DEER-Red Bull Sports , Marcel Hirscher Marcel Hirscher PUBLICATIONxNOTxINxNED x25825880x Copyright:
Er kehrt in den Weltcup zurück – und sorgt schon wieder für Unruhe: Marcel Hirscher.Bild: IMAGO/Pro Shots

Wegen Hirschers Wildcard – Wut der Ski-Stars auf FIS ist gross

Marcel Hirscher darf nach seiner Rückkehr in den Ski-Weltcup durch eine neue Regelung des Weltverbands FIS deutlich früher starten als ursprünglich erwartet. Die Wut bei den Athleten um die Schweizer Justin Murisier und Daniel Yule ist gross.
03.08.2024, 13:3204.08.2024, 13:23
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Es ist das wohl grösste Comeback in der Geschichte des Ski-Sports: Rekord-Gesamtweltcupsieger Marcel Hirscher kehrt im kommenden Winter auf die Weltcup-Pisten zurück. Der 35-Jährige hatte seine Karriere im Jahr 2019 beendet, nachdem er im Dress der Österreicher zum achten Mal in Serie die grosse Kristallkugel gewonnen hatte.

Und für den erfolgreichsten Ski-Fahrer der Geschichte liess sich der Ski-Weltverband FIS standesgemäss auch eine neue Regelung einfallen. So dürfen Athletinnen und Athleten, die wie Hirscher den Gesamtweltcup, den Disziplinen-Weltcup, WM- oder Olympia-Gold gewonnen haben, nach einer Wettkampf-Pause von zwei bis zehn Jahren eine Wildcard beanspruchen.

FILE - Austria's Marcel Hirscher poses on the podium with the trophies for men's alpine ski World Cup overall leader, giant slalom and slalom, in Soldeu, Andorra, on March 17, 2019. Eight-ti ...
Als er zurücktrat, war Hirscher noch immer der beste.Bild: keystone

Diese erlaubt es Hirscher auch, bei den Rennen im kommenden Winter unabhängig von seiner Position im Gesamt- oder Disziplinen-Weltcup mit der Startnummer 31 zu starten. Gemäss der alten FIS-Regel müsste der neu für die Niederlande startende Hirscher zumindest zu Beginn der Saison rund 30 Positionen weiter hinten starten. Dies sorgt bei Athleten und Trainern für grosse Wut.

«Das ist eine absolute Frechheit.»
Trainer Christian Leitner

So sagt zum Beispiel der Walliser Justin Murisier zum «Blick», dass er Marcel Hirscher persönlich zwar sehr gut möge und ihn die Regelung aufgrund seiner Entwicklung vom Riesenslalom- zum Speed-Spezialisten nur am Rande betreffe, aber: «Ich ärgere mich trotzdem darüber.» Die Vertreter vom internationalen Ski-Verband würden immer wieder betonen, dass die Fairness bei jeder Regel im Mittelpunkt stehen müsse. «Aber für Marcel Hirscher wird jetzt eine Regel verändert, die definitiv nicht fair ist», so der 32-Jährige.

epa11089530 Justin Murisier of Switzerland reacts after his run during the Men's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Kitzbuehel, Austria, 19 January 2024. EPA/CHRISTIAN BRUNA
Sieht die Regelung zugunsten Hirschers kritisch: Justin Murisier.Bild: keystone

Noch deutlicher wird der Österreicher Christian Leitner. «Das ist eine absolute Frechheit», zitiert die Schweizer Tageszeitung den einstigen Trainer des Finnen Kalle Palander. Leitner betreibt heute in Kitzbühel eine Race Academy und bemängelt: «Diese neue Regel ist eine Ohrfeige für jeden jungen Athleten, der sich den Platz im ersten Drittel der Startliste knallhart erkämpfen muss.» Hirscher hingegen habe alles gewonnen und brauche keine Almosen. «Zumal er ständig betont, dass er nicht mit grossen sportlichen Ambitionen, sondern aus purer Freude in den Rennsport zurückkehren würde.» Leitner hätte es verstanden, wenn Hirscher für ein Rennen eine solche Sondergenehmigung erhalten hätte, «aber sicher nicht für eine ganze Saison».

«Wenn ich gefragt worden wäre, hätte ich eher nein zu dieser Wildcard gesagt.»
Daniel Yule

Für zusätzliches Unverständnis sorgt im Lager der Athleten auch, dass die FIS erklärte, die Regeländerung mit ihnen abgesprochen zu haben. Slalom-Star Daniel Yule sagt jedoch: «Mit mir hat vor dem FIS-Kongress niemand gesprochen. Und wenn ich gefragt worden wäre, hätte ich eher nein zu dieser Wildcard für Altmeister gesagt, obwohl ein Marcel Hirscher unumstritten einen Mehrwert für unseren Sport darstellt.»

epa11225565 Daniel Yule of Switzerland reacts in the finish area after his second run in the Men's Slalom race at the FIS Alpine Skiing World Cup finals in Saalbach Hinterglemm, Austria, 17 March ...
Daniel Yule bemängelt die Kommunikation der FIS.Bild: keystone

Und nicht nur im Schweizer Team sind einige Fahrer unglücklich über den Hirscher-Bonus. So bezichtigt der griechische Slalom-Spezialist AJ Ginnis den Ski-Verband gemäss «Blick» gar der Lüge: «Wenn die FIS sagt, dass das mit den Athleten abgesprochen wurde, ist das nicht die Wahrheit.» So hätte in der Whatsapp-Gruppe sämtlicher Technik-Spezialisten niemand Bescheid gewusst. Der 29-jährige Vize-Weltmeister fühlte sich an die geplante Einführung der Team-Kombination im letzten Jahr erinnert. Auch dort hätte die FIS behauptet, mit den Athleten gesprochen zu haben, obwohl das laut Ginnis nicht passiert sei.

«Wirtschaftlich gesehen stellt die Wildcard für Hirscher für alle Rennfahrer eine Chance dar.»
Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann

Verteidigt wird die neue Regel für Altmeister hingegen von Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann. Er könne aus sportlicher Sicht zwar verstehen, dass die Athleten diese Entscheidung nicht nur positiv betrachten, doch sieht der 55-Jährige auch einen grossen Vorteil für alle: «Wirtschaftlich gesehen stellt die Wildcard für Hirscher für alle Rennfahrer eine Chance dar.» Lehmann zeigt sich sicher, dass die Zuschauerzahlen durch Hirschers Comeback zum Beispiel beim ersten Rennen in Sölden um einige Millionen steigen könnten.»

Urs Lehmann, President of Swiss-Ski, left, and Frederic Favre, State Councillor of the Canton of Valais leave an urgent meeting to discuss the differeces between FIS, Swiss-Ski and the Organising Comi ...
Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann hält die Wildcard für einen Gewinn.Bild: keystone

Murisier akzeptiert diese Begründung nicht: «Ich glaube nicht, dass ich mehr Geld verdienen werde, wenn Marcel Hirscher anstatt mit der Nummer 55 mit der 31 starten wird.» (nih)

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61 Kommentare
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schobist
03.08.2024 14:13registriert November 2014
Stimmt nachdenklich, wenn Swiss-Ski-Präsident Lehmann wirtschaftliche Argumente stärker gewichtet als sportliche - er hat scheinbar vergessen, woher er kommt.
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Thanatos
03.08.2024 14:11registriert Dezember 2014
"«Wirtschaftlich gesehen stellt die Wildcard für Hirscher für alle Rennfahrer eine Chance dar.» Lehmann zeigt sich sicher, dass die Zuschauerzahlen durch Hirschers Comeback zum Beispiel beim ersten Rennen in Sölden um einige Millionen steigen könnten.»"

Ja und das Geld landet ganz bestimmt bei den Athleten. Die machen das ja alle für den Sport und nicht fürs Geld. Wie die FIFA. Ah Moment.
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Karl33
03.08.2024 14:04registriert April 2015
"Verteidigt wird die neue Regel für Altmeister hingegen von Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann."

Es gibt in vielen Sportverbänden Funktionäre, die benehmen sich wie kleine Fürsten. Recht unappetitlich. Korrupt und würden die Grossmutter für einen Fünfliber verhökern. In demokratischen Institutionen wären solche Menschen längst abgewählt.
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