Sie ist 40 Jahre alt und hat ein Kniegelenk aus Titan. Als Lindsey Vonn vor zwei Monaten ihre Rückkehr in den Ski-Weltcup angekündigt hatte, prasselte viel Kritik auf sie ein. Zahlreiche Ex-Stars fragten laut, ob Vonn die Öffentlichkeit fehle und weshalb sich die Amerikanerin das antue.
Nun hat Vonn drei Rennen bestritten und einen Steigerungslauf hingelegt, der sie am Sonntag beinahe erstmals wieder auf ein Weltcuppodest geführt hätte. Nach Rang 14 beim Comeback vor Weihnachten im Super-G von St.Moritz belegte sie am Wochenende in St. Anton am Arlberg die Ränge 6 (Abfahrt) und 4 (Super-G).
«Was für ein Wochenende!», freute sich Lindsey Vonn. Es gehe jeden Tag besser. In Österreich fahre sie sowieso immer gerne Rennen, fügte sie an und sie verriet es gefalle ihr dort auch wegen des Kaiserschmarrns so gut.
Die Ski-Prominenz war voll des Lobes für die 40-Jährige. Als «Queen» adelte sie die Neuseeländerin Alice Robinson, während Sara Hector aus Schweden Vonns Instagram-Post mit «Wow, wow, wow! Ich liebe es, dir beim Skifahren zuzusehen» kommentierte. Und Sofia Goggia, die furchtlose Italienerin, gab zu: «Zu sagen, dass ich beeindruckt bin, reicht nicht.»
Es wirkt tatsächlich so, als wäre Lindsey Vonn nie weg gewesen. Und nun disloziert der Speed-Tross der Frauen nach Cortina d'Ampezzo, wo am Wochenende erneut eine Abfahrt und ein Super-G ansteht. Die Tofana sei ihre Lieblingsstrecke, sagte sie. Kein Wunder: Sagenhafte zwölf Weltcuprennen hat sie im Olympia-Ort von 1956 und 2026 schon gewonnen. Mit diesem Hintergrund und mit der Kenntnis ihrer starken Form ist es gut vorstellbar, dass sie schon im vierten oder fünften Rennen nach einer jahrelangen Pause wieder auf einem Siegerpodest steht.
Einer, den das nicht überraschen würde, ist Justin Murisier. Der Walliser, der Anfang Winter die Weltcupabfahrt in Beaver Creek gewonnen hatte, sah noch vor Vonns Comeback Trainingsläufe der Amerikanerin. Danach meinte Murisier, er würde, wäre es ihm als Profi nicht untersagt, Geld auf eine WM-Medaille Vonns setzen. In Saalbach, wo die Titelkämpfe im Februar steigen, ist die Frauen-Abfahrt flach, Vonn kommen dort ihre Qualitäten als Gleiterin zugute.
Allerdings vertraut die «Speed Queen» aus Minneapolis nicht nur darauf. «Meiner Meinung nach fährt sie fast noch besser als früher. Sie hat sich bezüglich Technik extrem entwickelt», lobt die Österreicherin Stephanie Venier im ORF ihre Kontrahentin. «Ich glaube, es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis Lindsey wieder auf einem ‹Stockerl› stehen wird.»
Vielleicht hilft Vonn auch ihre Reife dabei, sich voll auf ihren Körper, ihre Gesundheit und die Rennen zu konzentrieren. Die US-Equipe feierte der überraschenden Premierensieg von Lauren Macuga nämlich ohne ihre Teamseniorin. «Das Lokal ist für junge Mädels», meinte Vonn gegenüber der «Kronen-Zeitung», sie bleibe lieber mit dem Hund im Hotel.
Mit ihren bisherigen Leistungen gibt sie den ganzen Unkenrufern dahet die bestmögliche Antwort.