Wieder einmal hat er alles gegeben. Wieder einmal hat es nicht gereicht. Trotz zwei Assists von Lionel Messi verliert Argentinien in einem mitreissenden WM-Achtelfinal gegen Frankreich 3:4. Überspitzt formuliert: Der Barça-Star Messi allein kann es nicht richten.
An der nächsten WM in vier Jahren wird Lionel Messi bereits 35 Jahre alt sein. Ob er dann noch in der Lage ist, dem Spiel so seinen Stempel aufzudrücken, wie er es seit mehr als einem Jahrzehnt macht? Zumal die Argentinier ohnehin einen Umbruch ihrer überalterten Nationalmannschaft vornehmen müssen.
Messi ist unbestritten einer der grössten Fussballer aller Zeiten. Aber für die Argentinier bleibt – trotz der mittlerweile tragischen Figur, die er mittlerweile abgibt – Diego Armando Maradona der Grösste. Er hat es geschafft, die «Gauchos» 1986 zum Weltmeister zu machen. Messi führte sein Land 2014 bis in den WM-Final, den es in der Verlängerung gegen Deutschland verlor. Die Auszeichnung zum besten Spieler des Turniers war für den «Zauberfloh» ein schwacher Trost.
65 Tore hat Messi im Dress der «Albiceleste» erzielt. Kommen weitere hinzu – oder war dieses Achtelfinal-Spiel gegen Frankreich das letzte seiner 128 Länderspiele? Es wäre nicht sein erster Rücktritt aus dem Nationalteam, im Sommer 2016 war er schon einmal während zwei Monaten entschlossen, nur noch als Klubfussballer aufzulaufen. Doch er kehrte zurück und versuchte noch einmal, seinem Land einen WM-Titel zu schenken.
Das gelang Messi nicht. In der Vorrunde enttäuschte Argentinien in Russland. Beim 3:4 gegen «Les Bleus» zeigten die Südamerikaner aber, was sie eigentlich draufhaben – zumindest offensiv, wenn Messi involviert ist. Aber weil die Abwehrschwächen zu gross waren, reichte es doch nicht fürs Weiterkommen.
Argentinien muss einen Neuaufbau in die Wege leiten. 29,6 Jahre alt war die Startelf gegen die Franzosen, fast vier Jahre waren die «Gauchos» älter. Nach dem Spiel bestätigte der 34-jährige Defensiv-Haudegen Javier Mascherano seinen Rücktritt, auch der 32-jährige Lucas Biglia hört auf. Cristian Pavon (22 Jahre), Nicolas Tagliafico (25) und Marcos Rojo (28) waren die drei einzigen Startelf-Spieler, die jünger als 30 Jahre alt sind.
Messi war auch heute der Dreh- und Angelpunkt, der immer angespielt wurde, der vieles versuchte und dem auch manches gelang. Die Partie war sinnbildlich für so viele mit dem Nationalteam: Für Lionel Messi war im weiss-himmelblauen Trikot nicht der Himmel die Limite, sondern seine Mitspieler. Die sind bei Barcelona eine Klasse besser.
Eines Tages muss der Ausnahmefussballer ersetzt werden. Vielleicht wäre Argentinien gut beraten, diesen unumgänglichen Vorgang schon jetzt zu vollziehen. Ohne Messi kann an einem neuen, jungen Team mit einem anderen, nicht auf einen Spieler ausgerichteten System gearbeitet werden.
Gleichzeitig würde der fünffache Weltfussballer von der erdrückenden Last befreit werden, ein ganzes Land im Alleingang zu Titeln schiessen zu müssen. Das würde Lionel Messi erlauben, sich nur noch auf den FC Barcelona zu konzentrieren – und darauf, das ewige Wettrennen um die «Weltherrschaft» mit Cristiano Ronaldo zu verlängern. Etwas, was Fussballfans rund um den Globus nur zu gern miterleben würden.
Frankreich – Argentinien 4:3 (1:1)
Kasan. - 42'873 Zuschauer (ausverkauft). - SR Faghani (IRN).
Tore: 13. Griezmann (Foulpenalty) 1:0. 41. Di Maria 1:1. 48. Mercado 1:2. 57. Pavard 2:2. 64. Mbappé 3:2. 68. Mbappé 4:2. 93. Agüero 4:3.
Frankreich: Lloris; Pavard, Varane, Umtiti, Hernandez; Kanté, Pogba; Mbappé (89. Thauvin), Griezmann (83. Fekir), Matuidi (75. Tolisso); Giroud.
Argentinien: Armani; Mercado, Otamendi, Rojo (46. Fazio), Tagliafico; Pérez (66. Agüero), Mascherano, Banega; Pavon (75. Meza), Messi, Di Maria.
Bemerkungen: 9. Lattenschuss Griezmann. - Verwarnungen: 11. Rojo (Foul). 19. Tagliafico (Foul). 43. Mascherano (Foul). 50. Banega (Foul). 72. Matuidi (Reklamieren/im Viertelfinal gesperrt). 73. Pavard (Foul). 93. Otamendi (Foul). 93. Giroud (unsportliches Verhalten).