Wenig Licht, dafür viel Schatten – die Nati-Gewinner und -Verlierer der WM
Die Gewinner
Yann Sommer
Keiner hat es an dieser WM besser gemacht aus dem Schweizer Kader. Yann Sommer war und hielt Weltklasse, in jeder Partie vereitelte er mit mindestens einer Glanztat Unheilvolles. Und wäre die Schweiz ihrem Anspruch gerecht geworden und weitergekommen als bis in die Achtelfinals, der 29-Jährige wäre der Kandidat für den «Goalie des Turniers». So aber bleibt die stille Genugtuung, wenigstens für sich den nächsten Schritt in der Karriere gemacht zu haben.
Der 29-Jährige hat vor der Zeit in Russland gesagt, für ihn sei es eine Challenge, an der WM gegen die richtig guten Fussballer zu bestehen. Nach der Werbung in eigener Sache könnte Sommer für sich den Umkehrschluss wagen: Es wäre eine Challenge, weg von Gladbach und dafür gemeinsam mit den richtig guten Fussballern zu spielen.
Manuel Akanji
Die Welt ist ungerecht. Wenn ein Schweizer dieses Ende nicht verdient hatte, dann er, Manuel Akanji. Er ist so etwas wie die Entdeckung des Turniers. Er verblüffte mit seiner Ruhe gleichsam wie mit seiner Schnelligkeit und Zweikampfstärke. Und dann kommt dieser eine, entscheidende Moment; der Ball, der von seinem Fuss ins eigene Tor abgelenkt wird. 0:1, der gelbe Jubel, der rote Frust, Akanji liegt am Boden, das Trikot über den Kopf gezogen. Da mag er noch nicht daran denken, dass er auf dieser Bühne noch viele weitere Chancen erhalten wird. Zunächst einmal wird er in Dortmund von Lucien Favre noch ein bisschen geformt.
Valon Behrami
Von ihm wird vor allem ein Bild in Erinnerung bleiben. Wie er herabschaut auf den sich am Boden windenden Neymar. Es ist eigentlich ein ungleiches Duell, hier der alternde Schweizer Kämpfer, da der Weltstar, ein Genie am Ball eigentlich, aber doch so verzweifelt plötzlich. Die Welt schaut zu, lamentiert über Neymar, so wie sie es noch oft tut an dieser WM – und Behrami, von keinem Schmerz dieser Welt zu erschüttern, beweist noch einmal seinen grossen Wert für diese Mannschaft. Vielleicht mehr denn je.
Die Verlierer
Haris Seferovic
Am längsten hat Vladimir Petkovic an Haris Seferovic geglaubt, an ihm festgehalten. Bis der Trainer nach dem ersten Spiel ein Einsehen hatte und umschwenkte. Er tat damit sich und dem Stürmer einen Gefallen. Der U17-Weltmeister von 2009 steht am Scheideweg, er muss wieder einmal seine Karriere neu lancieren.
Der schwere Rucksack aus Benfica, den er vollgepackt mit Verunsicherung und Ladehemmung mitbrachte, wog jedenfalls an dieser WM zu schwer. Natürlich arbeitet Seferovic viel, auch nach hinten. Aber dieser Leistungsausweis ist letztlich begrenzt, wenn er denn überhaupt einer ist für einen Torjäger. Und so bleibt am Ende des Turniers dieser Eindruck haften: Seferovic war dabei, aber irgendwie auch nicht.
Granit Xhaka
«Wir wollen gegen Schweden gewinnen, dann schauen wir weiter.» Der Mittelfeldstratege gibt sich stets selbstbewusst. Bisweilen wird ihm das als arrogant ausgelegt, und vielleicht ist es das auch. In jedem Fall ist der Grat schmal, auf dem sich Granit Xhaka bewegt. Und die Fallhöhe gross.
An der WM verschwand der Arsenal-Profi völlig von der Bildfläche, im wahrsten Sinne des Wortes. Der Verband hielt ihn unter Verschluss, auf dem Platz war der 25-Jährige nicht der sichtbare Taktgeber. Gäbe es diese zweite Halbzeit gegen Serbien nicht, in der der im Stolz verletzte Xhaka endlich zeigte, was in ihm steckt, das Urteil wäre ohne Adlergruss gemacht: Weniger reden, dafür Taten sprechen lassen. Und zwar ohne Handzeichen.
Blerim Dzemaili
Dann fliegt der Ball übers Tor. Und der Schweiz bleibt nur der Konjunktiv: Was wäre, wenn ihre Nummer 10 das Tor doch nur ein bisschen häufiger treffen würde? Vielleicht wäre sie gegen Schweden 1:0 in Führung gegangen, hätte den Achtelfinal gar gewonnen. Vielleicht wäre auch sonst manch ein Spiel nicht so kompliziert. Aber so ist das nicht.
Die Schweiz hat Dzemaili auf der strategisch so wichtigen Position hinter der Sturmspitze. Sie muss mit ihm hoffen, und dann fast immer feststellen, dass es letztlich doch nur ein unerträgliches Leiden ist. Es sind ganz einfach zu viele Chancen, die er vergibt. Das ist das, was diese WM gezeigt hat. Sie hat aus Blerim Dzemaili einen Verlierer gemacht. © Keystone
