Eine Gruppe von SVP-Politikern ist privat in den Iran gereist und prompt in die Fänge der staatlichen Propagandamaschinerie geraten. Regimetreue Medien in Teheran berichteten am Ostermontag über ein Treffen zwischen einer Schweizer Parlamentarierdelegation und Vertretern des iranischen Parlamentes.
Der Aargauer SVP-Nationalrat Luzi Stamm soll bei einem Gespräch mit dem Abgeordneten Alaeddin Boroujerdi die Sanktionen des Westens gegen den Iran als «falsch» bezeichnet und die Anti-Iran-Propaganda westlicher Medien als einseitig kritisiert haben. Ob er diese Aussagen tatsächlich so gemacht hat, ist unklar. Stamm war telefonisch nicht erreichbar.
Gemäss Recherchen der «Nordwestschweiz» dauert die Reise der SVP-Gruppe vom 16. bis zum 26. April. Organisator ist der Zürcher alt Nationalrat Ulrich Schlüer. Mit von der Partie sind dem Vernehmen nach die Nationalräte Lukas Reimann (SG), Jean-François Rime (FR) und alt Nationalrat Dominique Baettig (JU).
Die Iraner spannten die Gruppe schon letzte Woche zu Propagandazwecken ein. Mehrere Nachrichtenportale berichteten, die Behörden der islamischen Republik hätten die Schweizer Parlamentarier aus Protest gegen die Sanktionen der EU wieder ausgeladen.
Offensichtlich war den Autoren entgangen, dass es sich bei den Ankömmlingen um brüsselkritische SVP-Exponenten handelt. Dann zitierten die Portale einen iranischen Parlamentsabgeordneten mit der Aussage, die Schweizer dürften nun doch einreisen, müssten aber bei der Ankunft ihre Fingerabdrücke abgeben.
Dabei handle es sich um eine Retourkutsche für einen Vorfall in Deutschland, als Grenzbeamte die biometrischen Daten einer iranischen Delegation erfassen wollten. Als weitere Auflage mussten sich die SVP-Politiker angeblich verpflichten, keine regierungskritischen Personen zu treffen.
Claudio Fischer, Chef für Internationale Beziehungen der Bundesversammlung, ist über den Aufenthalt von Schlüer, Stamm und Co. in Teheran informiert. Er betont auf Anfrage, es handle sich nicht um eine offizielle Parlamentsdelegation, weshalb die Teilnehmer die Kosten selber tragen müssten. National- und Ständeräte reisten regelmässig in privaten Gruppen ins Ausland, so Fischer. Dass ein Gastland versuche, aus der Anwesenheit von Parlamentariern politisches Kapital zu schlagen, sei nichts Neues.
SVP-Nationalrat Rime etwa flog 2012 mit sieben aktiven und ehemaligen Ratskollegen nach Nordkorea. Nach seiner Rückkehr weibelte er für die Eröffnung einer Schweizer Botschaft in Pjöngjang.
Teheran darf laut Claudio Fischer schon in wenigen Wochen den nächsten hohen Besuch aus der Schweiz empfangen. Wie es der Zufall will, halten sich die Präsidenten der aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat, Carlo Sommaruga (SP) und Felix Gutzwiller (FDP), von Ende Mai bis Anfang Juni in offizieller Mission im Iran auf.