Die Konfliktparteien im Bürgerkrieg in Syrien gehen immer brutaler vor. Bei einem Luftangriff auf eine Schule in Aleppo wurden am Mittwoch nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London mindestens 18 Menschen getötet – unter ihnen zehn Kinder.
Eine oppositionelle syrische Website berichtete gleichentags über zehn öffentliche Hinrichtungen in der Stadt Al-Rakka. Mitglieder der Dschihadistengruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) sollen dabei zwei Männer gekreuzigt haben. Verbreitet wurde ein Foto eines Opfers mit einem Schild um den Hals. Darauf wurde er beschuldigt, an dem Ort einen Bombenanschlag verübt zu haben.
Derweil erhöhte sich die Zahl der bei einem Doppelanschlag in Homs am Vortag getöteten Menschen anscheinend auf 100. Die militanten Islamisten der Al-Nusra Front bekannten sich nach Angaben der oppositionellen Organisation Syrischer Menschenrechtsbeobachter zu der Attacke, die zu den bislang tödlichsten in der Stadt zählt.
Am Dienstag waren im Al-Sahra-Viertel, in dem vorwiegend Angehörige der alawitischen Religionsgemeinschaft leben, kurz hintereinander zwei Autobomben explodiert. Auch Assads Familie gehört der muslimischen Minderheit der Alawiten an. Die Al-Nusra Front steht dem sunnitischen Terrornetzwerk Al-Kaida nahe.
Am 3. Juni will sich Assad trotz internationaler Kritik als Staatschef wiederwählen lassen. Für die Präsidentschaftswahl meldeten am Mittwoch sechs weitere Bewerber ihr Interesse, so dass die Zahl der Anwärter vorerst auf 17 steigt. Die Namen der sechs neuen Bewerber im Alter von 47 bis 81 Jahren wurden von Parlamentssprecher Mohammed al-Lahham verlesen.
Die Regelungen für die Wahl in fünf Wochen führen dazu, dass am Ende nur drei Kandidaten auf den Wahlzetteln stehen werden. Die Legitimität der Wahl wird von einem Grossteil der syrischen Bevölkerung bezweifelt. Millionen Syrer werden wegen des Bürgerkriegs nicht an der Wahl teilnehmen können. Unter den gegebenen Bedingungen dürfte der Wahlgang am 3. Juni zu einer Wiederwahl von Assad führen, der seine Bewerbung am Montag bekanntgab.
Der Aufstand gegen Assad bringt auch die Nachbarn zunehmend in Bedrängnis. Im Libanon wirkt sich der Konflikt derzeit auch auf die Präsidentenwahl aus. Ein zweiter Wahlversuch scheiterte am Mittwoch, weil Abgeordnete der schiitischen Hisbollah die Abstimmung boykottierten. Die «Partei Gottes» ist mit dem Assad-Regime verbündet, während andere Parteien die Rebellen unterstützen.
Parlamentspräsident Nabih Berri vertagte die Sitzung auf den 7. Mai. Die sechsjährige Amtszeit von Präsident Michel Suleiman endet am 25. Mai. Sollte bis dahin keine Einigung gefunden werden, droht dem Land ein gefährliches Vakuum.
Jordanien reagiert unterdessen mit einem neuen, riesigen Flüchtlingslager auf den Zustrom von etwa 600 Syrern am Tag. Nach monatelangen Vorbereitungen wurde mitten in der Wüste das Camp Asrak offiziell eröffnet. Das völlig überfüllte Lager Saatari, in dem es immer wieder Unruhen gibt, soll damit entlastet werden.
In Saatari sind rund 100'000 Flüchtlinge auf engstem Raum untergebracht. In Asrak sollen langfristig sogar bis zu 130'000 Menschen Zuflucht finden. In dem Fall würde es Saatari als zweitgrösstes Flüchtlingslager der Welt ablösen. Mehr als 1,3 Millionen Menschen sind nach Schätzungen seit Beginn des Syrienkonflikts 2011 nach Jordanien geflüchtet. Der Bürgerkrieg hat schon mehr als 150'000 Menschen das Leben gekostet. (viw/sda)