In der Krise um die Präsidentenwahl in Afghanistan haben sich die Kontrahenten Abdullah Abdullah und Aschraf Ghani auf eine Überprüfung aller abgegebenen Stimmen geeinigt. Das erklärten die beiden Kandidaten sowie US-Aussenminister John Kerry am Samstagabend in Kabul.
«Jeder einzelne Stimmzettel, der abgegeben wurde, wird überprüft, alle acht Millionen», sagte Kerry. «Der Sieger wird Präsident und wird unverzüglich eine Regierung der nationalen Einheit bilden.» Der scheidende Präsident Hamid Karsai begrüsste die Einigung. Er hoffe, die Neuauszählung werde «so rasch wie möglich» stattfinden, sagte er.
Nach dem vorläufigen Ergebnis kam Ghani bei der Stichwahl von Mitte Juni auf 56,4 Prozent der Stimmen, Ex-Aussenminister Abdullah nur auf 43,5 Prozent. Abdullah wirft Ghani und der Wahlkommission jedoch Manipulationen vor und reklamiert den Sieg für sich. In der ersten Wahlrunde, in der es noch weitere Kandidaten gab, hatte Abdullah mit grossem Vorsprung vorn gelegen.
Die von Kerry verkündete Einigung ging weiter als ein Kompromissvorschlag der UNO vom Donnerstag. Dieser hatte vorgesehen, die Stimmen aus rund 8000 Wahllokalen zu überprüfen, zu denen es Manipulationsvorwürfe gegeben hatte. Die Überprüfung hätte rund 44 Prozent der abgegebenen Stimmen umfasst.
Nach Angaben Kerrys soll die Neuauszählung binnen 24 Stunden in Kabul stattfinden. Soldaten der NATO und der afghanischen Armee sollen die Urnen in die Hauptstadt transportieren. Die Auszählung werde «im Einklang mit den höchsten internationalen Standards» erfolgen, sagte der US-Aussenminister.
Laut Kerry bat die UNO-Mission in Afghanistan (Unama), die für den 2. August geplante Amtseinführung des neuen Präsidenten zu verschieben. Am Sonntag sagte Kerry, Karsai habe einer Verschiebung der Amtseinführung seines Nachfolgers eingewilligt. (viw/trs/sda/afp)