Den Ort für das Interview zu vereinbaren, ist mit der 27-jährigen Jenni und dem 25-jährigen Timo gar nicht so einfach. «Wir wissen noch nicht, wo wir heute Abend schlafen werden», schreibt Jenni von unterwegs. Spät abends folgt dann der Standort – sie haben sich bei einem öffentlichen Parkplatz in Lenzburg eingerichtet.
Seit vergangenem Herbst lebt das Pärchen konstant in seinem VW T4. Es hat seine Wohnung gekündigt und statt eine neue zu suchen, baute es seinen Van um und reduzierte seinen Besitz auf das Nötigste. Drei Monate haben Jenni und Timo an ihrem Kleinbus gearbeitet; von der Strom- und Wasserversorgung, dem Innenausbau bis hin zur Isolation – alles selbst konzipiert und konstruiert.
Mit ihrer neuen Bleibe auf vier Rädern sind sie seither in der Schweiz unterwegs und wählen ihren Schlafplatz jeden Tag neu. «Das ist das definitiv das schönste am Vanlife», sagt der 25-Jährige. «Und das Aufstehen in der Natur; einfach mit einer Tasse Tee in der Hand im Wald stehen», fügt Jenni hinzu. Bisher hätten sie noch nie Probleme bei ihren Übernachtungsplätzen gehabt. Es komme aber öfters vor, dass mitten in der Nacht ein Personenwagen neben ihnen parkiere und ebenfalls dort übernachte. «Tagsüber macht die Polizei oft auf dem Parkfeld nebenan Pause.» Sie würden jeweils den Abfall auf den Parkplätzen zusammensammeln – das sei sozusagen ihre Miete.
Aber wie läuft das genau mit der Körperpflege? Da sie sich im Moment hauptsächlich noch in der Region Aargau bewegen würden, könnten sie noch bei ihren Eltern duschen und waschen. «Ansonsten nutzen wir öffentliche Toiletten oder welche an den Tankstellen», sagt Jenni. Sie hätten schon vor dem Leben im Van nicht jeden Tag geduscht. Deshalb würden sie auch jetzt nur unter die Dusche, wenn es wirklich nötig ist.
Beide waren bis vor kurzem noch arbeitstätig. Er bei einem Modelabel, sie an einer Heilpädagogischen Schule und bei der Post. Deshalb seien sie unter der Woche meist in der Umgebung ihrer Arbeitsorte geblieben. Während des Lockdowns arbeitete Timo zeitweise im Van-Office. «Die Temperaturen waren dazumal noch etwas kälter und so sass ich jeweils am Morgen früh mit Handschuhen, Kappe und Winterjacke an der Sonne und habe am Laptop gearbeitet.»
Auch im tiefen Winter haben Jenni und Timo im Van gelebt. «Es waren jeweils Minustemperaturen im Van und begann innen einzufrieren», sagt Jenni. Dieses Jahr würden sie sich nun eine Heizung einbauen. Denn nicht selten sind sie auch in Bergregionen unterwegs und gehen vom Van direkt auf die Piste. «Unsere Skate- und Snowboards sind Dinge, die auf keinen Fall in unserem Vanlife fehlen dürfen», so die 27-Jährige.
Sei es während des Lockdowns, an Wintertagen oder bei Hudelwetter, das Pärchen lebt stets auf sehr engem Raum. Trotzdem sei ihnen die Decke noch nicht auf den Kopf gefallen. «Ausser einmal: Ich war wütend und bin vom Van weggelaufen. Dann begann es zu regnen und ich musste wieder zurück», sagt Jenni und lacht.
Im Schnitt brauchen Schweizerinnen und Schweizer pro Kopf 46 Quadratmeter. Das Aargauer Pärchen braucht weniger als die Hälfte davon. Auch ihr Stromverbrauch durch Sonnenenergie ist nachhaltig, Wasser brauchen sie nur fürs Nötigste. Mit dem Finger auf andere zeigen oder andere Menschen von ihrem Lebensstil überzeugen, möchten sie dennoch nicht. «Jeder soll so leben, wie er oder sie es für gut empfindet. Für uns stimmt unsere Wohnform und wir können höchstens zeigen, dass auch ein Leben im Van möglich ist», sagt Timo.
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