Jimmy Kimmel wird zum Opfer der (doch nicht so) «free speech» – deshalb hier ein Best-of
Der Tod des rechtskonservativen Polit-Aktivisten Charlie Kirk am 10. September heizte die politische Stimmung in den USA zuletzt weiter auf. Im Nachgang des tödlichen Attentats rollen die Köpfe.
US-Medienberichten zufolge haben schon mehrere Personen, die sich mit ihrer Meinung zu dem Thema exponierten, ihren Job verloren. Zuletzt jetzt auch der Late-Night-Show-Moderator Jimmy Kimmel. Seine Sendung, die es seit dem Jahr 2003 gibt, werde «in absehbarer Zukunft» nicht mehr ausgestrahlt, teilte der TV-Sender ABC mit. Dies, weil er im Eröffnungsmonolog seiner Show am Montag Kommentare zu Kirks Tod gemacht habe, die «in einer kritischen Phase unseres nationalen politischen Diskurses beleidigend und unsensibel» gewesen seien. US-Präsident Donald Trump feierte die Absetzung der Show als persönlichen Erfolg.
Kimmel ist erst seit Anfang September aus seiner jährlichen Sommerpause zurück. Seither gab es aber kaum einen Tag, an dem er den US-Präsidenten nicht aufs Korn nahm. Wir haben euch hier ein paar der besten Szenen aus dieser kurzen Phase zusammengestellt.
Kimmel und etwa ein halbes Dutzend anderer Comedians und Late-Night-Hosts (darunter auch Stephen Colbert, dessen Sendung erst kürzlich ebenfalls abgesetzt wurde) sind ausgesprochene Kritiker der aktuellen US-Regierung. Sie gehören (oder gehörten) dabei zu den Wenigen, die immer noch täglich alles schamlos benennen und dabei kein Blatt vor den Mund nehmen – und sind Trump deshalb ein Dorn im Auge, wie er auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social auch immer wieder zeigt.
Ohne Colbert und Kimmel ist das Feld der US-Late-Night-Shows ausgedünnt. Trump nahm indes bereits die verbliebenen Comedians Jimmy Fallon und Seth Meyers ins Visier. Die beiden seien «zwei totale Versager» und der Sender NBC solle ihre Shows ebenfalls absetzen.
Kimmel offenbar «ausser sich»
Der New York Post zufolge soll Kimmel «absolut stinksauer» sein. Dies hätten Produzenten und andere Quellen der Zeitung berichtet. So habe jemand gesagt, er habe «Kimmel noch nie so wütend gesehen». Kimmel werde das nicht einfach so hinnehmen. Die Entscheidung des Senders sei für ihn ausserdem «der letzte Strohhalm» gewesen. Er suche nun aktiv nach einer Möglichkeit, seinen Vertrag mit ABC vorzeitig zu beenden.
Gesellschaft reagiert schockiert und warnt
Vertreter aus Politik, Medien und Gesellschaft äusserten sich empört und alarmiert über die Absetzung von Kimmels Late-Night-Show und warnten, dass Kritikerinnen und Kritiker von Donald Trump systematisch zum Schweigen gebracht würden.
Der Gouverneur von Kalifornien, Gavin Newsom, bezeichnete die Entlassung von Late-Night-Moderatoren und das Einstellen ihrer Sendungen als «koordiniert» und «gefährlich». Die Republikanische Partei würde in Echtzeit zensieren, so Newsom weiter.
Auch der Schauspieler Ben Stiller äusserte sich zum Thema und sagte, die Entscheidung, Kimmels Show auszusetzen, sei «nicht richtig». Michael Kosta, Comedian und einer der Moderatoren der US-Satire-Sendung «Daily Show», schrieb:
Chris Hayes, Journalist und politischer Kommentator bei MSNBC, bezeichnete das Geschehen als den «offensichtlichsten Angriff auf die Meinungsfreiheit durch staatliche Akteure», den er je in seinem Leben gesehen habe.
Spekulationen über wahren Grund der Absetzung
Als offizieller Grund für die (vielleicht) vorübergehende Absetzung der Show gab der Sender ABC Kimmels «beleidigende» und «unsensible» Kommentare in der Causa Kirk an. Es wird jedoch bereits spekuliert, ob nicht etwas anderes der Grund sein könnte. So kam die Mitteilung, dass die Sendung ausgesetzt werde, nur Stunden, nachdem der Vorsitzende der Federal Communications Commission (FCC), Brendan Carr, Kimmel angegriffen und angedeutet hatte, dass seine Regulierungsbehörde wegen Äusserungen, die der Moderator gemacht hatte, Massnahmen gegen ABC ergreifen könnte.
Als Vorsitzender der FCC hat Carr, ein Trump-Unterstützer, die Macht über die Rundfunklizenzen, die lokalen Fernsehsendern von der Bundesregierung erteilt werden. Nexstar, Eigentümer von ABC-Tochterstationen verteilt in den ganzen USA, gab ausserdem kürzlich bekannt, dass es plant, das Konkurrenzunternehmen Tegna für 6,2 Milliarden Dollar übernehmen zu wollen, was von der FCC geprüft werden wird – und verhindert werden könnte.
Spekulationen zufolge spielte auch bei der Absetzung von Stephen Colberts Show genau diese Macht der FCC eine Rolle. Offiziell wurde die Sendung aus finanziellen Gründen eingestellt, obwohl Colbert hohe Quoten aufweisen konnte. Gleichzeitig wollen aber CBS, wo die Sendung ausgestrahlt wird, und Skydance Media fusionieren, und auch dieses Vorhaben muss von der Federal Communications Commission abgesegnet werden.
Heftige Diskussionen über die Auslegung von «Free Speech»
Die ganze Affäre wirbelt in den USA eine Menge Staub um ein viel zitiertes Bürgerrecht auf: die Meinungsfreiheit. Konservative Stimmen – normalerweise grosse Verfechter dieses Rechts – schlagen in der aktuellen Situation nach der Ermordung Charlie Kirks plötzlich andere Töne an. Auf eigens kreierten Doxxing-Webseiten und auf Social Media werden die Namen von Personen veröffentlicht, die sich ungebührlich über Kirks Tod geäussert haben sollen. Verurteilt wurde alles, was über eine blosse Anteilnahme oder Mitleidsbekundung hinausging.
Über 60'000 Einträge seien bereits eingegangen, schrieb etwa die Charlie Kirk Data Foundation. Dies hatte bereits erste Konsequenzen. So sollen mehrere Personen bereits ihren Job verloren haben, darunter unter anderem Lehrpersonen, Staatsangestellte, Armeepersonal sowie Pilotinnen und Piloten.
Auch Trumps Regierungsmitglieder riefen dazu auf, solche Personen zu denunzieren und zu bestrafen. Vizepräsident JD Vance sagte etwa, man solle in solchen Fällen direkt die Arbeitgeber der Personen anrufen. Verteidigungsminister (– oder Kriegsminister, wie er sich neuerdings selbst nennt –) Pete Hegseth wies offenbar das Pentagon an, die Onlineaktivitäten der Militärangestellten zu überprüfen und sie nötigenfalls zu suspendieren. Und die Generalstaatsanwältin Pam Bondi kündigte an, man werde sogenannte «hate speech», also Hassrede, juristisch verfolgen. Für diese Aussage erntete sie aber – auch bei Teilen von MAGA selbst – heftige Kritik, denn unter dem «first amendment», dem ersten Zusatzartikel der US-Verfassung, ist die «freedom of speech», sämtliche Meinungsfreiheit, geschützt.
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