«Alles, was Trump anrührt, stirbt», lautet der Titel eines Buches von Rick Wilson, einem ehemaligen republikanischen Strategen. Die Ukraine-Affäre gibt ihm Recht: Ob Vizepräsident oder Aussenminister, ob persönlicher Anwalt, Stabschef oder Abgeordneter – alle werden in den präsidialen Sumpf hineingezogen.
Aber nicht alle gleich weit. Hier die Übersicht:
Die erste und wichtigste Lektion, die man an der Mafia-Universität lernt, lautet: Sorg dafür, dass alle Dreck am Stecken haben und sich keiner davonmachen kann. Donald Trump war alles andere als ein gelehriger Schüler, doch diese Lektion hat er begriffen: «Alle waren dabei», hat EU-Botschafter Gordon Sondland bei den Hearings ausgesagt.
Zu den Eingeweihten gehört gemäss Sondland auch Vize-Präsident Mike Pence. Diese These wird von Jennifer Williams bestätigt. Die Mitarbeiterin von Pence sitzt im Nationalen Sicherheitsrat und hat das mittlerweile legendäre Telefongespräch vom 25. Juli mitgehört und für ihren Chef zusammengefasst. Pence will diese Zusammenfassung jedoch nie gelesen haben.
Der Vize hat seinen Chef auch bei einem Polen-Besuch am 2. September vertreten. Trump sagte wegen Hurrikan Dorian ab. (Er hat an diesem Wochenende jedoch vor allem Golf gespielt.) Bei diesem Besuch hat Pence auch Wolodymyr Selenskyj, den Präsidenten der Ukraine, getroffen. Ob er dabei am Rande auch über die «Untersuchungen» gesprochen hat, ist unklar. Die Indizien, dass der Vize tatsächlich «in the loop» war, verdichten sich jedoch bedrohlich.
Fazit: Mike Pence steht die Sch... bis zur Hüfte.
Mike Pompeo hat die Militärakademie West Point absolviert und danach als Klassenbester an der Harvard Law School brilliert. Er ist intelligent, machtbewusst und ehrgeizig. Viele sehen seine Rolle als Aussenminister als Einstieg in eine Präsidentenkarriere.
Anders als die «Erwachsenen» im Weissen Haus – der ehemalige Verteidigungsminister Jim Mattis etwa, oder der ehemalige Stabschef John Kelly – hat Pompeo vorgesorgt und nie seine Stimme gegen den Präsidenten erhoben.
In der Ukraine-Affäre zeigt sich nun, dass er auch weder Gewissen noch Rückgrat besitzt. Er hat sich nicht vor seine Mitarbeiter gestellt und die perfide Schmutzkampagne gegen Marie Yovanovitch, die gemobbte Botschafterin in der Ukraine, stillschweigend geduldet. Das war kein Zufall.
Auch Pompeo war «in the loop». Das hat nicht nur Sondland ausgesagt, das zeigen neu aufgetauchte E-Mails, die zwischen dem Aussenminister und Trumps persönlichem Anwalt Rudy Giuliani ausgetauscht wurden.
Pompeo gibt sich inzwischen wortkarg und verweigert jede Aussage zur Ukraine-Affäre. Insider wollen wissen, dass er sein Amt als Aussenminister aufgeben und als Senator in seinem Heimatstaat Kansas antreten will.
Fazit: Mike Pompeo steht die Sch... bis zum Bauch.
Wie Pompeo verdankt Mick Mulvaney seine Polit-Karriere der Tea-Party-Bewegung. Wie Pompeo ist Mulvaney auch ein hemmungsloser Speichellecker des Präsidenten. Anders als Pompeo ist er jedoch nicht ganz so intelligent.
Mulvaney gehört zusammen mit Energieminister Rick Perry und Sonderbotschafter Kurt Volker zu den «drei Amigos». Sie waren die operativen Chefs in der Ukraine-Affäre. Mulvaney hat dabei offenbar dafür gesorgt, dass die vom Kongress bereits bewilligte Militärhilfe in der Höhe von 391 Millionen Dollar zurückbehalten wurde. Das zeigen jüngste Enthüllungen der «Washington Post».
Zum Verhängnis könnte dem Stabschef jedoch eine Pressekonferenz werden, die er am 17. Oktober abgehalten hat. Er gab vor laufenden Kameras offen zu, dass die Militärhilfe blockiert worden war, um die Ukraine unter Druck zu setzen. «Wir machen das immer so», erklärte Mulvaney, «gewöhnt euch daran.»
Auf massiven Druck des Präsidenten versuchte Mulvaney auf peinliche Art, diese Aussage wieder zurückzunehmen. Der Erfolg blieb überschaubar. Mulvaneys Chancen, als Erster von Trump «unter den Bus geworfen zu werden», stehen sehr gut.
Fazit: Mick Mulvaney steht die Sch... bis zur Brust.
Der Abgeordnete aus Kalifornien hat sich schon vor Jahren den Ruf eines Pudels des Präsidenten erworben. In der Russland-Affäre wurde er dabei ertappt, dass er Dokumente zuerst im Weissen Haus abgeholt hat, um sie umgehend als brisante Enthüllung wieder zurückzugeben. Wegen dieser lächerlichen Aktion musste er vorübergehend sein Amt als Vorsitzender des Intelligence Committee abgeben.
Inzwischen darf Devin Nunes wieder als Anführer der Republikaner im Intelligence Committee amten. Er macht dabei jedoch eine schlechte Figur, wiederholt immer wieder längst widerlegte Verschwörungstheorien und schaut meist wie der sprichwörtliche Hase vor der Schlange in die TV-Kameras.
Immer wieder tritt er seine Redezeit ab an Jim Jordan, den Aggressivleader der Republikaner, oder an Elise Stefanik, den aufgehenden Stern der GOP.
Lev Parnas, einer der beiden Assistenten von Giuliani, hat über seinen Anwalt verlauten lassen, dass Nunes kein Unbeteiligter in der Ukraine-Affäre sei. Er soll sich Ende 2018 in Wien mit Viktor Shokin getroffen haben, dem korrupten Staatsanwalt der Ukraine, der von Joe Biden aus dem Amt gedrängt wurde.
Nunes bestreitet dies vehement und hat eine Klage gegen die Medien, die diese Meldung verbreiten, angekündigt. Er ist dünnhäutig und klagt gerne.
Fazit: Devin Nunes steht die Sch... bis zur Hüfte.
Kein Name ist in den Hearings öfter gefallen als der von Rudy Giuliani. Es ist unbestritten, dass er der Kopf der Schattenregierung in der Ukraine-Affäre war. Das scheint Giuliani zuzusetzen. Die TV-Auftritte des persönlichen Anwalts des Präsidenten waren immer schon eher auf der wirren Seite. Sein jüngstes Interview mit dem TV-Sender Fox News war jenseits von Gut und Bös'.
Giuliani musste schwere Schläge verdauen, nicht nur, weil alle Zeugen gegen ihn ausgesagt haben. Seine beiden Assistenten, Lev Parnas und Igor Fruman – sie werden gerne auch die beiden Shreks genannt –, sind inzwischen vom Southern District of New York (SDNY) angeklagt worden, gegen das Parteien-Finanzierungs-Gesetz verstossen zu haben.
Auch gegen Giuliani selbst ermittelt das SDNY. Dumm für ihn ist die Tatsache, dass dort die besten Strafverfolger der USA tätig sind. Giuliani weiss das, war er doch selbst mal Chef des SDNY.
Trump ist nicht bekannt dafür, dass er sich hinter seine Mitstreiter stellt, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Giulianis Vorgänger Michael Cohen kann davon ein Lied singen. Er sitzt derzeit eine dreijährige Gefängnisstrafe ab.
Giuliani hingegen ist überzeugt, dass ihm das nicht passieren kann. «Ich habe eine Versicherung abgeschlossen», erklärt er im besagten Interview vieldeutig. Damit meint er wohl: Trump kann mich nicht fallenlassen, ich weiss zu viel. Auch Giuliani hat seine Lektion an der Mafia-Universität gelernt.
Fazit: Rudy Giuliani steht die Sch... bis zum Hals.
Vieles spricht derzeit gegen Trump: Die Fakten in der Ukraine-Affäre sind eindeutig. Der Inspector General des Justizdepartements wird die ehemaligen Spitzenkräfte des FBI nicht wegen Spionage anklagen, wie über das Wochenende durchgesickert ist. Und der Chef der Navy Seals, einer amerikanischen Elitetruppe, hat sein Amt niedergelegt, weil der Präsident mehrere der Kriegsverbrechen angeklagte Soldaten begnadigt hat.
Eigentlich müsste Trump also bis über den Kopf hinaus in der Sch… stecken. Das ist jedoch nicht der Fall. Meinungsumfragen zeigen, dass die Hearings in der Bevölkerung kaum Wirkung zeigen, ja in den wichtigen Swingstates nützen sie dem Präsidenten gar.
Wie ist das zu erklären? «Washington is Hollywood for ugly people», lautet ein treffender Spruch. Auf gut Deutsch übersetzt heisst das: «Politik ist die Showbühne für hässliche Menschen.» Damit kennt sich Trump aus. Er hat so seine äusserst erfolgreiche TV-Show «The Apprentice» bestritten. Nun verwandelt er das Impeachment in ein Spektakel, bei dem die Fakten keine Rolle mehr spielen.
Traurig, aber wahr: Das Diktum von Joseph Goebbels – wird eine Lüge oft genug wiederholt, dann wird sie auch geglaubt – bestätigt sich einmal mehr. Jahrelang hat Trump ohne einen Hauch von Beweisen behauptet, Barack Obama sei ein illegaler Präsident, weil er nicht in den USA geboren sei. Jetzt wiederholt er entgegen allen Zeugenaussagen, es habe kein Quidproquo gegeben – und hat damit Erfolg.
Gleichzeitig setzt er eine völlig absurde These in die Welt, wonach die Ukraine, nicht Russland sich in die US-Wahlen eingemischt habe.
Trump wird zwar impeached werden. Doch der Senat wird ihn wohl freisprechen.
Fazit: Donald Trump steht die Sch... bis zum Knie.