«Ich stimme dem zu», sagte US-Präsident Barack Obama im vergangenen Jahr, als es um ein Eingreifen in den Syrien-Konflikt ging: «Wir sollten nicht der Weltpolizist sein.» Alleine schon wegen schrumpfender Militärbudgets können die USA diese Rolle kaum noch ausfüllen.
Anders sieht es hingegen bei der Justiz aus, vor allem wenn es um wirtschaftliche Belange geht. Hier spielen die USA mittlerweile Weltgericht und verhängen eine Megastrafe nach der nächsten gegen ausländische Konzerne. Es ist ein lukratives Geschäft für die Staatskasse.
Nun könnte es die französische Grossbank BNP Paribas treffen, der die Zahlung von 8,9 Mrd. Dollar droht wegen Geschäften mit dem Iran und anderen Ländern, die auf der US-Sanktionsliste stehen. Wohlgemerkt hat die Bank nicht gegen europäisches Recht verstossen.
Doch die US-Justiz sah offenbar einen Angriffspunkt, weil die Geschäfte teils über die New Yorker BNP-Filiale gelaufen sein sollen. Zumindest aber wurden sie in US-Dollar ausgeführt.
Selbst der französische Staatschef François Hollande hatte sich in den Konflikt eingeschaltet und in einem Brief an seinen Amtskollegen Obama gemahnt, die Strafe dürfte «nicht unfair und unverhältnismässig» ausfallen. Es scheint wenig genützt zu haben.
BNP ist nicht der erste ausländische Konzern, der den langem Arm der US-Justiz zu spüren bekommt. Die Strafe stellt allerdings alles bisher dagewesene in den Schatten. Noch nie musste ein ausländisches Unternehmen so viel zahlen.
Wegen ähnlicher Sanktionsvorwürfe waren unter anderem die Credit Suisse, der niederländische Finanzkonzern ING, die Deutsche Bank oder die britische Bank Standard Chartered noch mit dreistelligen Millionenbeträgen davongekommen.
Die USA verfügen über ein mächtiges Druckmittel. Kaum ein Konzern kann es sich leisten, von dem riesigen Markt ausgeschlossen zu werden oder keine Transaktionen mehr über das Finanz-Drehkreuz Wall Street abzuwickeln. Entsprechend selbstbewusst treten die US-Behörden auf.
So sehen sich ausländische Firmen immer wieder Ermittlungen wegen Schmiergeldzahlungen ausgesetzt - dabei muss das Vergehen nicht einmal in den Vereinigten Staaten passiert sein. Die USA verfolgen Verfehlungen auch jenseits ihrer Grenzen und zwar unter dem «Foreign Corrupt Practices Act».
Dessen Auswirkungen bekamen schon Siemens, Daimler oder die Deutsche Telekom zu spüren. Sie alle mussten tief in die Tasche greifen, um die Fälle zu den Akten legen zu können. Bei der Telekom hatten sich nicht einmal die eigenen Mitarbeiter falsch verhalten, sondern die einer ungarischen Tochtergesellschaft.
Da tröstet es wenig, dass auch US-Konzerne büssen müssen wie zuletzt der kalifornische Computerhersteller Hewlett-Packard nach Korruptionsfällen in Mexiko und Osteuropa.
Wie mächtig die US-Justiz ist, bekommen selbst Staaten zu spüren wie aktuell Argentinien. Ein einzelner New Yorker Richter könnte das Land in die Pleite treiben. Es geht um einen komplizierten Fall von alten Staatsschulden, die US-Hedgefonds in voller Höhe eintreiben wollen.
Der Kardinalfehler von Argentinien war, sich Geld am Kapitalmarkt nach US-Recht zu leihen, um sich attraktiver für Anleger zu machen. Denn nun müssen diese alten Schulden auch über eine US-Bank beglichen werden und unterliegen damit der US-Gerichtsbarkeit.
«Das gefährdet die argentinische Volkswirtschaft», warnte vor wenigen Tagen Wirtschaftsminister Axel Kicillof bei einem Besuch in New York. (whr/sda/dpa)