Das amerikanische Justizministerium verschärft im Steuerstreit mit der Schweiz sein Vorgehen. In den vergangenen Wochen sind bei der Credit Suisse aus Washington Forderungen eingegangen, die «jenseits von Gut und Böse» sind, schreibt die «NZZ am Sonntag» unter Bezug auf eine Quelle aus dem direkten Umfeld der Bank. Demnach verlangen die US-Justizbehörden von der CS ein Schuldbekenntnis, dass sie amerikanischen Bürgern bei der Steuerhinterziehung geholfen habe.
Weiter werfen sie der Grossbank mangelnde Kooperation vor. Beides dürfte zur Folge haben, dass die CS eine Busse in der Grössenordnung von 2 bis 3 Milliarden Dollar zahlen muss, massiv mehr als bisher angenommen. Selbst die Drohung einer Klage steht im Raum. Der amerikanische Anwalt Jacob Frenkel von der Kanzlei Shulman Rogers bezeichnet das Vorgehen des Justizministeriums als «legalisierte Erpressung». «Eine Behörde, die so vorgeht, weiss genau, dass sie die Macht besitzt, eine Firma zur Geschäftsaufgabe zu zwingen», sagt er der «NZZ am Sonntag». Er finde es schockierend, dass sich Schweizer Politiker nicht entschiedener für die Verteidigung der CS einsetzten.
Die Grossbank Credit Suisse drängt darauf, dass ihr der Bundesrat mit Notrecht aus der Patsche hilft, falls sie eine Anklage der US-Justiz nicht anders abwenden kann. Dies schreibt die Zeitung «Schweiz am Sonntag» und beruft sich dabei auf nichtgenannte Insider. Diese sagen weiter, dass der Bundesrat vor Ostern diverse Szenarien im US-Steuerstreit beriet. Thema sei auch der Griff zu Notrecht gewesen, um den USA sämtliche Kundendaten von US-Steuerbetrügern subito zu liefern, so die «Schweiz am Sonntag».
Bern geht oder ging davon aus, dass die CS mit einer Milliarden-Busse davonkommt. Zusätzlich scheint im Minimum ein Schuldeingeständnis unvermeidlich. Aber eine Anklage, die zur Aufspaltung der Bank führen könnte, wird nicht ausgeschlossen. Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf war am Donnerstag in die USA gereist, wo sie Justizminister Eric Holder traf und auf «faire Behandlung» pochte. Das Treffen war erst am Mittwochabend vereinbart worden.
Wenn der ehemalige Credit-Suisse-Mitarbeiter Josef Dörig den US-Behörden Kundennamen verrät, ist die ganze Strategie der Schweiz gefährdet. Sie haben dann keine Verhandlungsmasse mehr und sind auf den Goodwill der Amerikaner angewiesen. Wie die «SonntagsZeitung» schreibt, hat sich der 72-jährige Dörig bereit erklärt, mit den Amerikanern zusammenzuarbeiten.
In seinem Deal mit den Behörden steht, dass er alle Dokumente, Aufzeichnungen, Schreiben oder irgendwelche Materialien liefern muss, die in seinem Besitz sind («all documents, [. . .], of any kind»). Kooperiert Dörig nicht, drohen ihm fünf Jahre Gefängnis.
(rey)