Wirtschaft
Digital

Swisscom kauft Vodafone Italien für 8 Milliarden Euro

Italy, Bergamo Italy, Bergamo, Lombardy: pedestrians, Vodafone shop and bus to the airport in the lower city Europe Southern Europe Italy PUBLICATIONxNOTxINxFRA Copyright: xBenard/Andia.frx 357082
Vodafone-Shop in Bergamo. Der italienische Mobilfunk-Provider gerät in Schweizer Hand.archivBild: imago-images.de

Swisscom kauft Vodafone Italien für 8 Milliarden – die wichtigsten Fragen und Antworten

Der Ausland-Deal soll trotz Kritik aus der Schweizer Politik über die Bühne gehen.
15.03.2024, 07:2115.03.2024, 08:51
Mehr «Wirtschaft»

Die Swisscom hat ihre Milliardenübernahme in Italien festgezurrt. Der grösste Schweizer Telekomkonzern hat den Kaufvertrag für Vodafone Italien unterschrieben. Für den Mobilfunker legt die Swisscom 8 Milliarden Euro auf den Tisch.

Vodafone Italien solle mit der Mailänder Swisscom-Tochter Fastweb zusammengelegt werden, teilte der «blaue Riese» am Freitag in einem Communiqué mit. Dadurch entsteht der zweitgrösste Telekomanbieter Italiens hinter dem Platzhirsch TIM mit einem kombinierten Umsatz von 7,3 Milliarden Euro und einem kombinierten Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) nach Leasing von 2,4 Milliarden Euro.

Der Deal war bereits Ende Februar angekündigt worden.

Was soll der Zusammenschluss bringen?

Vodafone Italien und Fastweb ergänzen sich gut: Während Fastweb ein Breitbandnetz hat, steuert Vodafone Italien ein Mobilfunknetz bei. Damit können die beiden Unternehmen ihre jeweiligen Schwächen auf dem italienischen Telekommarkt beheben und Kosten sparen. Denn bisher musste Fastweb für seine Mobilfunkkunden Kapazitäten bei anderen Mobilfunkanbietern dazumieten.

Neu werden die Handykunden von Fastweb mit dem Vodafone-Mobilfunknetz in Italien telefonieren. Damit kann das gemeinsame Unternehmen den Kunden Bündelangebote aus Festnetz und Mobilfunk anbieten. Mit dem Zusammenschluss von Fastweb und Vodafone Italien würden Synergien von 600 Millionen Euro pro Jahr erwartet, hiess es.

Und die Aktionäre?

Die Übernahme führe zu einem deutlichen Wertzuwachs. Dies wird die Swisscom-Aktionäre, und damit vor allem die Bundeskasse, freuen: Der Schweizer Telekomkonzern will die Dividende von bisher 22 Franken auf 26 Franken ab dem Jahre 2026 erhöhen. Man peile eine weitere Steigerung der Dividende in den folgenden Jahren an, hiess es weiter.

Die Übernahme werde vollständig fremdfinanziert, wodurch der Verschuldungsgrad der Swisscom zum Jahresende 2025 auf 2,6x Nettoverschuldung zum EBITDA ansteige. Gleichzeitig werde die starke Bilanz beibehalten. Die «Swisscom geht davon aus, das Unternehmensrating von ‹A› beibehalten zu können», schrieb der Konzern.

Der Deal soll voraussichtlich im ersten Quartal 2025 abgeschlossen werden, wenn die Regulatoren zustimmen. Eine Zustimmung der Swisscom-Aktionäre ist dagegen nicht erforderlich.

Das sagt Swisscom-CEO Christoph Aeschlimann zur Übernahme:

Was sagt der Swisscom-Verwaltungsrat?

In der Politik hatte es in der letzten Zeit Kritik am Deal gegeben. Dennoch habe der Verwaltungsrat die Transaktion einstimmig genehmigt, hiess es. Damit hat auch der Vertreter des Bundes grünes Licht für den Milliardenkauf gegeben.

Verwaltungsratspräsident Michael Rechsteiner erklärte:

«Der Verwaltungsrat von Swisscom hat die Chancen und Risiken dieser Transaktion gründlich und umfassend geprüft und ist überzeugt, dass die Chancen für alle Beteiligten die Risiken einer Transaktion dieser Grössenordnung bei weitem überwiegen. Die Übernahme von Vodafone Italia steht mit den strategischen Zielen des Bundesrates für Swisscom im Einklang.»

Und mit Italien ist noch nicht Schluss: Die Swisscom und Vodafone Group prüfen auch eine engere Geschäftsbeziehung. Dabei geht es insbesondere um eine mögliche Zusammenarbeit – auch über Italien hinaus – in verschiedenen Bereichen wie IoT (Internet der Dinge), Unternehmensdienste, Beschaffung, betriebliche «Shared Services» und Roaming.

Warum wollte die SVP den Deal verhindern?

Die Schweizer Volkspartei (SVP) stört sich daran, dass die Swisscom als staatsnahes Unternehmen in Italien expandiert. Mit einem am 13. März eingereichten parlamentarischen Vorstoss wollte die SVP-Fraktion die Vodafone-Übernahme angeblich noch verhindern.

Im Motions-Text heisst es zur Begründung:

«Solange es eine Mehrheitsbeteiligung des Bundes an der Swisscom gibt, ist die Swisscom keine unabhängige, private Gesellschaft – auch wenn sie gemäss Privatrecht organisiert ist. Der Bund und damit letztlich die Steuerzahler haften für alle Geschäftsrisiken der Swisscom, namentlich auch bei Auslandgeschäften. Mit der beabsichtigen Übernahme von Vodafone Italia geht die Swisscom ein zu hohes Risiko für die Schweizer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ein.»

Die Swisscom habe bereits «eine Reihe verlustreicher Auslandgeschäfte mit Milliardenabschreibern hinter sich», rufen die SVP-Parlamentarier in Erinnerung. Erwähnt werden Ungarn, Indien, Malaysia, Deutschland und Italien.

Was sagt der Bundesrat?

Der Bundesrat hat die Übernahme von Vodafone Italia durch die Swisscom «zur Kenntnis genommen». Das Unternehmen, dessen Mehrheitsaktionär der Bund ist, habe dabei alle «risikominimierenden Bedingungen erfüllt».

Der Bundesrat sei «frühzeitig über die Kaufabsicht informiert» worden, teilte dieser am Freitag mit. Die Übernahme stehe seinen strategischen Zielen nicht entgegen.

Eine der wichtigsten Erwartungen des Bundesrates sei, dass das italienische und das schweizerische Geschäft organisatorisch und strukturell getrennt blieben. Swisscom dürfe auch weiterhin keine Grundversorgungsaufträge im Ausland übernehmen, hiess es.

Für die Swisscom bedeute die Übernahme eine «Konsolidierung» ihrer italienischen Tochtergesellschaft Fastweb, die sie mit Vodafone Italia fusionieren wolle. Der Entscheid zur Transaktion liege in der Kompetenz und Verantwortung des Swisscom-Verwaltungsrates.

Unabhängig davon will der Bundesrat im Verlauf dieses Jahres Fragen zur Privatisierung oder Teilprivatisierung klären. Dies sei in den Corporate-Governance-Leitsätzen des Bundes vorgesehen.

Quellen

(dsc/awp/sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Die turbulente Geschichte des Schweizer Mobilfunks
1 / 40
Die turbulente Geschichte des Schweizer Mobilfunks
«Wo biiisch!?» watson präsentiert Meilensteine der Schweizer Mobilfunk-Geschichte.
quelle: keystone / martin ruetschi
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Ich würde aufs echte Leben wechseln»: Das denken junge Leute über ein TikTok-Verbot
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
59 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Unsinkbar 2
15.03.2024 07:42registriert August 2019
Gilt jetzt Italien als Schweiz für Swisscom/Wingo -Kunden oder ist immer noch das blöde Roaming und Telefonanrufe von 0.60 CH/Minute oder mehr nötig? 😉lasst mich raten…
1093
Melden
Zum Kommentar
avatar
Sam1984
15.03.2024 07:34registriert Dezember 2014
Hunterstrategie hatten wir doch schon mal bei der Swissair. Kommt bestimmt gut. Hoffentlich müssen wir die Swisscom nicht in paar Jahren mit öffentlichen Geldern "retten" um Sie dann für ein paar Brotkrumen an Deutschland zu verkaufen.
968
Melden
Zum Kommentar
avatar
ingmarbergman
15.03.2024 07:48registriert August 2017
Lustig wie bei Finanzartikeln immer Leute kommentieren, die nichts von Geld verstehen und null Finanzbildung haben.

Ein kurzer Blick in die Jahresberichte der Swisscom zeigt, dass die Fastweb seit Jahren für den grössten Teil des Swisscom-Gewinnes sorgt. Fasten finanziert das defizitäre Schweizer Telco-Geschäft quer.

Man kann schon die Frage stellen, was ein Unternehmen das zu 51% in Staatsbesitz ist, im Ausland zu suchen hat.
Aber finanziell ist die Auslandsbeteiligung der Swisscom positiv - und sorgt für die Dividende die dann - eben - an Bund und Kantone geht.
6022
Melden
Zum Kommentar
59
Das afrikanische E-Auto-Wunder: Äthiopien verbannt ab sofort Benzin-Autos
Äthiopische Autofahrer sollen keine Benzin-Autos mehr kaufen. Das Land setzt ganz auf das E-Auto, denn billigen Strom gibt es im Überfluss.

Seit Jahren wird in Europa heftig über den Übergang von Verbrenner- zu Elektroautos diskutiert. Erst letztes Jahr tobte ein erbitterter Streit um ein Aus für Neuwagen mit Verbrennermotor in der EU-Kommission. Deutschland blockierte ein entsprechendes Gesetz hartnäckig, bis sich schliesslich darauf geeinigt wurde, dass entsprechende Fahrzeuge auch nach dem vereinbarten Ausstiegsjahr 2035 neu zugelassen werden, wenn sie ausschliesslich CO₂-neutrale Kraftstoffe tanken.

Zur Story