Gewinne etwa von grossen Tech-Unternehmen werden nicht zwangsläufig dort versteuert, wo sie erwirtschaftet werden, sondern wo Steuern niedrig sind. Eine Digitalabgabe sollte das in der EU ändern. Aber die Pläne sind vorerst gestoppt – sie sollen ein anderes Projekt nicht gefährden.
Die EU-Kommission hat Pläne auf Eis gelegt, Tech-Giganten wie Google, Amazon, Apple und Facebook stärker zur Kasse zu bitten. Hintergrund ist jedoch nicht, dass Konzerne geschont werden sollen. Grund des vorläufigen Stopps einer EU-Digitalabgabe seien Bemühungen, eine globale Mindeststeuer einzuführen, sagte ein Kommissionssprecher am Montag in Brüssel. Die Digitalabgabe sollte eigentlich auch die Corona-Hilfen der EU mitfinanzieren.
US-Finanzministerin Janet Yellen hatte am Wochenende ein Ende der europäischen Digitalsteuern angemahnt, wenn die geplante globale Steuerreform umgesetzt werden soll. Die Finanzministerinnen und -minister der grossen Industrie- und Handelsstaaten hatten sich am Samstag auf eine Mindeststeuer von 15 Prozent geeinigt.
Auf Arbeitsebene haben bereits 131 Staaten weltweit den Plänen zugestimmt. Damit soll verhindert werden, dass Unternehmen ihren Sitz in Niedrigsteuerländer verlagern und die Staaten ihre Unternehmenssteuern im Wettbewerb gegeneinander immer weiter senken.
Bis Oktober dieses Jahres sollen die letzten Fragen geklärt werden. Dann sollen die Staatsoberhäupter der G20-Staaten zustimmen. Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz sagte, er sei sich «vollkommen sicher», dass ein Beschluss dort gelingen werde.
Betroffen sind unter anderem die grossen Digitalkonzerne, die bisher insgesamt oft nur wenig Steuern zahlen. Wenn zur Mindeststeuer aber zusätzlich eine Digitalsteuer erhoben würde, könnte vor allem amerikanische Tech-Unternehmen doppelt belastet werden. Sie hoffe, dass die internationale Einigung auf eine Neuverteilung der Besteuerungsrechte es möglich mache, existierende Digitalabgaben loszuwerden, sagte Yellen am Samstag. Derzeit gibt es solche Steuern etwa in Frankreich, Spanien und Italien.
Auch der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, sagte, die transatlantische Partnerschaft bedeute, auf eigene europäische Digitalsteuer-Pläne zu verzichten, wenn die Mindeststeuer wie geplant eingeführt werde. Der wirtschaftspolitische Sprecher der EVP-Fraktion, Markus Ferber, sagte: «Das grösste steuerrechtliche Problem in der EU sind Steuerdeals, die einzelne Mitgliedstaaten wie Luxemburg und die Niederlande mit multinationalen Unternehmen aushandeln.» Eine zusätzliche Digitalabgabe dürfe nicht dazu führen, dass die Mindeststeuer scheitere.
Angesichts eines Gesprächs der EU-Finanzminister mit Yellen am Montag forderte Giegold eine deutlich höhere Mindeststeuer als jüngst beschlossen. «Olaf Scholz sollte sich hinter Janet Yellen stellen und den Steuersatz von 21 Prozent auch für Europa einfordern.» Bevor der US-Kongress über den Steuersatz abstimme, sollte Europa als Signal der Unterstützung den höheren Satz einführen.
(dsc/sda/awp/dpa)