Die Preise in der Euro-Zone sind im Mai weniger stark gestiegen als erwartet. Damit wird eine weitere Öffnung der Geldschleusen durch die Europäische Zentralbank (EZB) immer wahrscheinlicher.
Im vergangenen Monat lagen die Konsumentenpreise in der Währungsunion 0,5 Prozent höher als im Vorjahr, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Dienstag mitteilte. Damit liegt die Inflationsrate unter den 0,7 Prozent des Vormonats, aber auch unter den Erwartungen von Ökonomen.
Die EZB stört sich schon länger an der aus ihrer Sicht zu tiefen Inflation. Die Währungshüter haben eine Teuerungsrate von knapp unter zwei Prozent als Ziel ausgegeben. Anfang Mai behielten sie den rekordtiefen Leitzins von 0,25 Prozent zwar vorerst bei. EZB-Präsident Mario Draghi signalisierte aber zugleich, bald einzugreifen, um einer möglichen Deflation entgegenzuwirken.
Weil zuletzt auch Konjunkturdaten aus Frankreich und Italien enttäuschten, haben die meisten Experten inzwischen keine Zweifel mehr, dass der EZB-Rat bei seiner nächsten Sitzung am Donnerstag den Leitzins auf 0,1 Prozent senken wird.
Zudem wird erwartet, dass die Währungshüter erstmals bei der EZB geparktes Geld mit einem Strafzins belegen. Damit sollen insbesondere die Banken in den wirtschaftlich angeschlagenen Südländern zur verstärkten Kreditvergabe angeregt werden.
Wie Eurostat mitteilte, verteuerten sich Dienstleistungen in der Euro-Zone ersten Schätzungen zufolge zwar um 1,1 Prozent. Die Energiekosten stiegen hingegen nicht. Und Lebensmittel verteuerten sich kaum noch.
Die von der Notenbank besonders beobachtete Kernrate der Inflation, bei der stark schwankende Komponenten wie Energie und Lebensmittel ausgeklammert werden, fiel im Mai von 1,0 Prozent im Vormonat auf 0,7 Prozent zurück.
Draghi hatte in der Vergangenheit auch wiederholt die Möglichkeit angesprochen, Wertpapiere im grossen Stil zu kaufen. Der EZB-Präsident betonte dabei stets, dass der Euro-Kurs für die Geldpolitik eine zunehmend wichtige Rolle spiele und Auslöser für ein Handeln der EZB sein könne. Der hohe Wert des Euro gegenüber anderen Währungen wie dem Dollar drückt über niedrigere Importkosten - etwa für Rohstoffe und Energie – die Inflation.