Vor sieben Jahren hat der langjährige Lenker von Bucher Industries, Philip Mosimann, das Präsidium bei den «Freunden der FDP» übernommen. Damit hatte der von Wirtschaftskapitänen gegründete Gönnerverein des Freisinns erstmals einen Mann des Werkplatzes an der Spitze. Nun gibt er den Posten wieder ab, wie er auf Anfrage gegenüber CH Media bestätigt. Der genaue Zeitplan ist noch offen, das hänge auch davon ab, wer sein Nachfolger werde. «Es stehen mehrere potenzielle Kandidaten bereit.»
Ist es schwierig, in der Wirtschaft Geld zu sammeln für die FDP?
Philip Mosimann: Wir sammeln bei unseren gut 200 Mitgliedern pro Jahr rund 700'000 Franken für die FDP. Das sind im Schnitt 3500 Franken. Wir sind nicht der verruchte Milliardärsklub, wie oft kolportiert wird.
Etwas über 200 Mitglieder – das ist nicht sehr viel in der bürgerlichen Schweiz.
Der Grossteil der Unternehmer und Manager sind bürgerlich, viele wollen sich aber parteipolitisch nicht festlegen. Und wir dürfen nicht vergessen, die Schweiz hat drei politische Ebenen. Wir erfassen nicht, wer sich kommunal oder kantonal für die FDP einsetzt.
Oder büsst die FDP und mit ihr die «Freunde» für die Firmenpleiten und Managersaläre, mit denen die Wirtschaft für Schlagzeilen sorgt?
Es sind die Besitzer der Firmen, also die Aktionäre, welche diese hohen Millionensaläre genehmigen. Und das mit 80 oder mehr Prozent der Stimmen. Das ist Aktionärsdemokratie, das ist Minder live. Aber es stimmt schon: Früher haben die Bankiers noch persönlich für ihre Entscheide gehaftet. Dann war noch beides möglich: Sie konnten sehr hohe Profite machen, aber auch alles verlieren. Heute gibt es diese Personalhaftung nicht mehr, das heisst: Der Totalverlust ist weg. Aber gegen oben ist alles offen. Das ist störend.
Haben Sie das Herrn Ermotti gesagt?
Nur so viel: Man sollte nicht alles, das man nehmen kann, auch wirklich nehmen.
Dieser Ratschlag ist in der Wirtschaft wohl noch nicht ganz angekommen.
Es geht hier um ein paar wenige Unternehmen, um ein paar wenige Manager. Das verfälscht das Bild. Denn die Wirtschaft sind wir alle, jeder einzelne Bürger ist ein Teil der Wirtschaft. Wir kaufen Nahrungsmittel und Kleider ein, fahren mit dem Bus, dem Auto, dem Velo, wir haben ein Konto bei der Bank. Das alles gehört zur Wirtschaft. Die Migros macht Milliardenumsätze - nur dank uns allen. Aber wir schaffen es bei der FDP nicht, diese Botschaft zu vermitteln.
Weshalb gelingt das nicht?
Die Leute schauen vor allem auf ihr unmittelbares Umfeld, auf die Familie, den Bekanntenkreis, das Quartier oder Dorf. Auch bei politischen Abstimmungen. Wenn sie nicht davon profitieren, dann sagen sie Nein oder gehen erst gar nicht abstimmen. Wenn ihnen die Vorlage persönlich nützt, stimmen sie zu.
Wie bei der 13. AHV-Rente?
Genau. Ich gehöre zu den 70 bis 75 Prozent, die jetzt dann eine 13. Rente erhalten, obwohl ich diese gar nicht benötige. Das verschlechtert die finanzielle Situation des Bundes zusätzlich. Der Bevölkerung ist es nicht klar, dass die ganze Schweiz von gesunden Bundesfinanzen profitiert. Und an Ideen, wofür man noch Geld ausgeben könnte, fehlt es in Bern sowieso nie. Wir müssen die Politik disziplinieren, indem wir die Mittel reduzieren. Mittelentzug ist das einzige, das wirkt, sonst passiert nichts. Sonst sind die Politiker kreativ. Man hat das beim Versuch gesehen, die Schuldenbremse mit dem 15-Milliarden-Deal für die Armee und die Ukraine auszuhebeln.
Es wäre für die FDP wohl kein Siegerslogan: «Nehmt dem Bund die Mittel weg!»
Wenn das Ziel ist, den Wähleranteil zu steigern, haben Sie recht. Wenn die Mission lautet, das Beste für die Schweiz mit gesunden Bundesfinanzen zu machen, dann wäre es der absolut richtige Ansatz.
Soll die FDP das Richtige tun und in Reinheit sterben?
So krass ist der Widerspruch ja nicht. Thierry Burkart läuft wie ein Wanderprediger durchs Land und sagt: «Bevor ihr Geld verteilt, spart bitte!» Das kommt nicht schlecht an.
Aber Burkart sagt nicht, wo er genau sparen will. Sobald Sparen konkret wird, vergrault man Wähler.
Jeder Bundesrat könnte in seinem Departement sparen, aber sie oder er tut es nicht. Nehmen wir das Bundesamt für Landwirtschaft: Es wächst und wächst - im Gegensatz zur Ackerfläche. Diese Logik scheint beim Bund unumkehrbar. Wenn der Bund ein Unternehmen wäre und ich der Geschäftsleiter: Ich würde schnell 5 Milliarden Franken finden, die man einsparen kann. Erstens bei der Verwaltung, zweitens bei den über 50 Milliarden Franken an Subventionen, die jährlich ausbezahlt werden.
So einfach ist das nicht. Jede Subvention hat ihre Lobby.
Ja, darum ist das Parlament unfähig, zu sparen. Und der Bundesrat ebenso. Eigentlich schreit das nach einer Volksinitiative.
Was stünde in dieser Initiative?
Wenn Parlament und Bundesrat nicht imstande sind, ein Budget zu machen, das die Schuldenbremse einhält, dann müssen alle Ausgaben entsprechend dem Fehlbetrag gekürzt werden. Linear, mit der Rasenmäher-Methode: Alle Ausgaben müssten dann um 2 oder 3 oder 5 Prozent runter - von den Subventionen bis zu den Personalkosten der Verwaltung und den Entschädigungen der Parlamentarier.
Es wäre die Rückversicherung für die Schuldenbremse. Aber auch eine Bevormundung des Parlaments.
Das Parlament könnte nach der linearen Kürzung dann wieder feilschen, aber nur im Rahmen des Ausgabenbudgets, das mit der Schuldenbremse konform ist. Die Realpolitik zeigt: Ein solcher Automatismus ist die einzige Möglichkeit, die ungezügelte Ausgabenlust des Parlaments zu disziplinieren. Es bedienen sonst einfach alle ihre Klientel.
Auch die FDP-Politiker.
Auch bei der FDP sind nicht alle Heilige.
Wird das zur ersten Volksinitiative der «Freunde der FDP»?
Es ist jetzt einfach einmal eine Idee und vergessen wir nicht: Die Schuldenbremse wurde einst vom Volk mit 85 Prozent angenommen. Jetzt, davon bin ich überzeugt, kommen wir nicht um eine Schuldenbremse 2.0 herum. Natürlich höre ich das Geheul bereits (lacht).
Möglicherweise hätte eine solche bürgerliche Volksinitiative weniger Chancen als die neue Juso-Initiative für eine Erbschaftssteuer von 50 Prozent auf Vermögen von mindestens 50 Millionen Franken.
Mag sein. Diese Juso-Initiative würde dazu führen, dass Familienunternehmen zwangsverkauft oder letztlich gar verstaatlicht würden. Die Firmen müssten ausgesaugt werden, damit die Steuern bezahlt werden können. Die Vorlage ist derart extrem, dass ich vor zehn Jahren gesagt hätte: So etwas hat beim Volk keine Chancen. Nicht einmal in Basel-Stadt, wo man durchaus weiss, was man Roche und Novartis alles verdankt. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher.
Wir sind kein sozialistisches Land. Was hat sich geändert?
Der Faktor Neid hat massiv zugenommen. Und jeder schaut primär für sich: Betrifft es mich unmittelbar? Bei der Erbschaftssteuer-Initiative sind das nur ein paar wenige. Wer hat schon 50 Millionen Franken oder mehr? Dass das ganze Land bachab geht, wenn Familienunternehmen zerstört werden oder ins Ausland abwandern: So weit denken viele nicht mehr.
Neid – ist das nicht eine gar einfache Erklärung?
Hinzu kommt Nichtwissen. Wer ist sich schon bewusst, dass die obersten 5 Prozent zwei Drittel der gesamten direkten Bundessteuern zahlen? Und fast jede zweite Familie davon befreit ist? Bei der Erbschaftssteuer wird es dann trotzdem heissen: «Die Reichen sollen nun zahlen!»
Was sonst hat sich in den zehn Jahren verändert?
Nicht unterschätzen darf man die Folgen der Coronapandemie. Da bekamen viele Leute Geld, ohne zu arbeiten, und der Staat hatte für alle genug. Das war prägend. Die Prämieninitiative der SP gaukelt den Leuten vor, die Kosten würden stabilisiert, dabei setzt sie Anreize, dass diese noch schneller steigen - weil jemand anderes bezahlt als der Verursacher. Für wie blöd verkauft man eigentlich das Volk?
Ordnungspolitisch ist die FDP recht geschlossen, aber bei einer zentralen Frage ist die Partei gespalten: der Europapolitik.
Es gibt eine konservative Gruppe, welche die institutionellen Aspekte hoch gewichtet und keine Einbussen bei der Souveränität will. Und dann gibt es eine pragmatische Gruppe, für die der Marktzugang entscheidend ist - und damit der Schweizer Wohlstand. Ich finde richtig, dass Thierry Burkart die Basis vorab befragen will, wohin es gehen soll. Ich hoffe, der Entscheid fällt deutlich aus - und nicht 51:49 oder 49:51.
Was ist Ihre Haltung?
Ich bin ein Pragmatiker. Firmen wie Bucher Industries, Bobst oder Uster, bei denen ich im Verwaltungsrat war, werden sehr schnell reagieren. Ohne gute bilaterale Verhältnisse und Marktzugang werden sie sagen: «So what?» Wir haben ja überall Tochtergesellschaften in Europa.
Sie verlagern ins Ausland?
Nicht auf einen Schlag. Erst einmal investieren die Firmen einfach nicht mehr in der Schweiz, sondern in der EU. Abteilungen wie Produktion, Forschung und Entwicklung würden hierzulande nicht geschlossen, aber man würde nicht mehr investieren und ausbauen. Und statt mit der ETH würde man dann halt mit der Technischen Universität Aachen zusammenarbeiten, die ist auch gut. Für den Wirtschaftsstandort Schweiz wäre das langfristig fatal. Aber wer in der Politik denkt schon 10 oder 20 Jahre voraus? Ein Unternehmer tut genau das. Darum sind die Bilateralen so wichtig. Der Traum von einer autarken Schweiz führt in den Niedergang. (aargauerzeitung.ch)
Diese Korruption schadet unserer Demokratie und verkauft unser Land an den Meistbietenden (zurzeit die Chinesen, Russen und Saudis).