In den kommenden zwei Jahrzehnten werden weltweit Vermögen in Höhe von mehr als 5000 Milliarden Dollar an die nächste Generation übergehen. Die UBS vermisst die Welt der Milliardäre seit 2015 in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen PwC. Und 2023 war das erste Jahr seit Beginn der Erhebungen, in dem mehr Menschen aus Erbschaft statt aus eigener unternehmerischer Tätigkeit zu einem Milliardenvermögen gelangt sind, heisst es im aktuellen Milliardärs-Report, den die UBS im Dezember veröffentlicht hat.
Altes oder neues Geld ist unerheblich, wer viel davon hat, will es mehren und später an die eigenen Nachkommen vererben, weiss die Bank aus der Befragung ihrer eigenen Milliardärsklientel. Über die statistische Relevanz der Befragungen, die auf Interviews mit 79 Familien beruhen, lässt sich natürlich streiten. Einige Aussagen treten in den Befragungen aber so deutlich hervor, dass man sie durchaus ernst nehmen kann.
Die Bank, die sich die Verwaltung der Vermögen einer ultrareichen, globalen Klientel zu einer ihrer Kernaufgaben gemacht hat, vermisst die Welt der Milliardäre seit 2015 jährlich nicht nur statistisch, sondern auch qualitativ.
So konnte die Bank von den weltweit 2544 Milliardären mit einem Gesamtvermögen von 12'000 Milliarden Dollar, die sie in Zusammenarbeit mit dem Beratungsunternehmen PwC aus den aktuellen Statistiken herausgefiltert hat, immerhin 79 Familien persönlich zu deren Erwartungen, Befürchtungen und Zielen befragen. Über die statistische Relevanz solche Befragungen lässt sich natürlich streiten. Einige Aussagen treten in der Befragung aber so deutlich hervor, dass man sie ernst nehmen sollte.
Grosse Einigkeit herrscht zum Beispiel in der Frage, was die Erben von Milliardären mit ihren Vermögen am liebsten tun: Sie möchten sie in absolut erster Priorität weiter vermehren und später den Nachkommen übergeben. Der Umstand, dass sich die erste Generation in dieser Hinsicht mehr Freiheiten zugesteht (vgl. Grafik), mag ein Indiz dafür sein, dass ein geerbtes Vermögen auch eine geerbte Verpflichtung darstellt.
Kaum zufällig wird ein in der Studie befragter Vertreter der Gründergeneration denn auch mit diesem Satz zitiert: «Das Hauptproblem mit der jüngeren Generation besteht darin, diese zur Strebsamkeit zu erziehen. Die Jungen halten ehrgeizige Ziele für eine Selbstverständlichkeit, und sie glauben, dass dies für wichtig unternehmerische Informationen genauso gilt. Dabei muss die Gründergeneration diese Dinge selbst zusammenbringen und das Beste draus machen.»
Bemerkenswert ist auch die Deutlichkeit, mit der sich die von UBS und PwC befragten Milliardäre über die aussichtsreichsten Geschäftsfelder in ihren eigenen Unternehmen äussern. In den obersten Rängen finden sich fast ausschliesslich neue, digitale oder datengestützte Technologien. Ein Zufall ist auch das mit Sicherheit nicht. In der Digitalökonomie basieren viele besonders erfolgreiche Geschäftsmodelle auf sogenannten Netzwerkeffekten, die den Betreibern solcher Netzwerke grosse und nachhaltige Wettbewerbsvorteile versprechen.
Mit Monopolen oder oligopolistischen Geschäftsmodellen wurden schon in der Gründerzeit des 19. Jahrhunderts die ganz grossen Vermögen geschaffen. Das vielleicht markanteste Beispiel aus jener Epoche ist jenes des schwedischen Grossindustriellen Alfred Nobel. An dessen unermesslichen Reichtum erinnert der Nobelpreis, den der findige Chemiker und Dynamit-Erfinder 1901 mit der Gründung einer Stiftung geschaffen hatte. Aus der Stiftung werden bis heute die begehrten Auszeichnungen für herausragende wissenschaftliche oder gesellschaftliche Leistungen finanziert.
Alfred Nobel hatte es verstanden, sein Ursprungspatent aus dem Jahr 1867 und alle 355 Nachfolgepatente in zwanzig Ländern so zu organisieren, dass er überall in der Welt mitreden und mitverdienen konnte, wo Dynamit hergestellt wurde.
Monopolstrukturen seien bis heute die Grundlage «recht vieler» Milliardenvermögen geblieben, war schon 2015 anlässlich der Präsentation des ersten UBS-Milliardärs-Reports zu erfahren. Stark gewandelt haben in den fast 150 Jahren dazwischen freilich die Geschäftsfelder, in denen es lukrative Wettbewerbspositionen zu gewinnen gab.
Ein schönes Beispiel dafür lieferte unlängst Jacob Wallenberg, Vertreter der fünften Generation der gleichnamigen schwedischen Industriellenfamilie, der nachgesagt wird, dass sie seit mehr als einem Jahrhundert einen Drittel der schwedischen Wirtschaft kontrolliert.
Wallenberg referenzierte anlässlich eines Vortrages in Zürich über die Wettbewerbsfähigkeit Europas diesen Satz seines Grossvaters Marcus, der 1946 dessen Bruder überzeugt haben soll, die Eisenbahninteressen der Familie zu verkaufen und stattdessen in die neu entstehende Flugindustrie zu investieren: «Das Alte zu verlassen für das, was kommt, ist die einzige erhaltenswerte Tradition.» Aus der von Marcus Wallenberg angeregten Portefeuille-Umschichtung entstand bald darauf die skandinavische Airline SAS.
Verändert haben sich im Laufe der Jahrzehnte auch die Methoden, mit denen Milliardäre die lukrativsten Wettbewerbspositionen ihrer Unternehmen zu verteidigen pflegen. Während man sich diese bis in die 1970er-Jahre noch einigermassen beschaulich vorstellen kann, wurden sie mit dem Beginn der grossen Liberalisierung und der stark beschleunigten Globalisierung bald komplexer.
Michael Porter, ein damals besonders einflussreicher amerikanischer Industrieökonom und Strategietheoretiker, konstatierte in seinem Standardwerk «Competitive Advantage» (Free Press, 1985): «Weltweit sind Unternehmen mit tieferen Wachstumsraten konfrontiert, und die Konkurrenten verhalten sich nicht mehr so, als gäbe der Kuchen genug für alle her.»
Der Harvard-Professor und Berater des seinerzeitigen US-Präsidenten Ronald Reagan entwickelte seine Theorie der fünf Kräfte, mit deren sich Firmen einen dauerhaften Wettbewerbsvorteil erschaffen sollten: Die Macht der Lieferanten einschränken, neue Konkurrenten vom Eintritt in den eigenen Markt abhalten, eine Substitution der eigenen Produkte verhindern und die Preismacht gegenüber den Konsumentinnen und Konsumenten sichern.
Dass inzwischen auch die Welt von Michael Porter untergegangen ist, beweisen nicht zuletzt die von ihm selbst bemühten Beispiele einer damals beneidenswerten Marktdominanz grosser Unternehmen wie Heinz, Kodak oder Kmart, die nur noch ein Schatten ihrer einstigen Bedeutung sind oder gar nicht mehr existieren.
Vor zehn Jahren schickte Rita Gunther McGrath den berühmten Michael Porter endgültig ins Archiv. Die einflussreiche Professorin für Managementlehre an der Columbia Business School in New York Michael lancierte den Bestseller «The End of Competitive Advantage» (Harvard Business Review Press, 2013).
Das Buch legt dar, dass es im Zeitalter der Digitalökonomie und der mit dieser einhergehenden neuen Prozesstechnologien nicht mehr möglich ist, lukrative Wettbewerbsvorteile dauerhaft zu verteidigen – es sei denn, man innoviert das ganze Geschäftsmodell.
Als ein besonders erfolgreiches Beispiel dieser Methode gilt Microsoft. Das Unternehmen versuchte unter CEO Satya Nadella nicht länger, das eigene Betriebssystem gegen unliebsame Konkurrenz wie Linux abzuschirmen, sondern mithilfe eines offenen Systems den Kundennutzen in den Vordergrund zu stellen.
Als unbesiegbar gilt freilich auch die neue Microsoft nicht mehr. 53 Prozent der von UBS und PwC befragten Milliardäre sehen die disruptive Kraft neuer Technologien denn auch nicht nur als Chance, sondern auch als grösstes Risiko im steten Kampf um den Erhalt des eigenen Vermögens. (aargauerzeitung.ch)
Warum braucht es Milliardäre, was hat die Gesellschaft davon?
Sogar die Meritokratie, wie sie von der Rechten propagiert wird, gibt es nur ganz begrenzt.
Die Allokation der Güter erfolgt grösstenteils aufgrund der Geburt. Global gesehen sogar fast ausschliesslich.
Was die Verteilung angeht sind wir also noch ziemlich im Mittelalter, wobei die Unterschiede jetzt grösser sind.
Ich frage mich, wie lange sich die Wahlbevölkerung im Westen noch zu Komplizen dieser Ausbeuter machen lässt.