Im Durchschnitt alle 36 Jahre müssen Schweizer Firmen ihre Bücher gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) öffnen, um zu zeigen, dass sie die Mehrwertsteuer korrekt abrechnen. Zu wenig, findet nicht nur die SP-Fraktion, die in einer Motion mehr Kontrollen gefordert hat. Zu wenig, findet auch Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf. Sie hat beim Bundesrat beantragt, die personellen Ressourcen im Bereich der Steuerprüfung aufzustocken.
Die Landesregierung wird noch vor den Sommerferien darüber befinden. Die Chancen sind intakt, dass die Steuerverwaltung mehr Personal bekommt. Denn in der kürzlich publizierten Antwort auf die SP-Motion schreibt der Gesamtbundesrat, dass die personellen Ressourcen gestärkt werden müssen, um die Prüfintervalle wieder spürbar zu senken: «Geschieht dies nicht, gehen dem Bund erhebliche, gesetzlich geschuldete Steuereinnahmen verloren.»
Dieser Satz kommt einer leisen Revolution gleich – und hat Finanzpolitikerin Margret Kiener Nellen (SP/BE) positiv überrascht. Sie vergleicht das Steuerwesen mit dem Strassenverkehr: «Ohne Polizeikontrollen und Radarfallen nehmen die Übertretungen zu.» Die Linke kämpft seit Jahren für mehr Stellen in der Steuerverwaltung, blitzte mit ihren Anträgen im Parlament aber stets ab. Für Kiener Nellen ist klar, dass jeder neue Mitarbeiter in der Steuerverwaltung dem Bund und den Kantonen mehr Einnahmen bringt. Vor allem aber gehe es um die Steuergerechtigkeit, dass nicht am Schluss der Ehrliche der Dumme ist.
Der Bundesrat hält in seiner Motionsantwort fest, dass die Arbeit in der Steuerverwaltung nicht nur mehr, sondern auch komplexer geworden ist. Während die Zahl der Steuerpflichtigen stetig zunimmt, sinkt die Zahl der Mitarbeitenden in der Steuerverwaltung. In den letzten zehn Jahren wurden 72 Stellen abgebaut; die Steuerverwaltung beschäftig heute 945 Personen. Diese Entwicklung habe für den Bund «spürbare finanzielle Auswirkungen». Wie viele neue Steuerkontrolleure Widmer-Schlumpf will, darüber schweigt sich die ESTV aus, weil noch nichts entschieden ist. Unklar ist auch, wie viele Mehreinnahmen sich der Bundesrat von der Massnahme verspricht. Klar ist einzig, dass allein bei der Mehrwertsteuer rund 200 Millionen Franken pro Jahr nicht korrekt abgerechnet werden. Vor vier Jahren hielt der Bundesrat zudem fest, dass bei der Mehrwertsteuer jeder Kontrolleur Mehreinnahmen von rund 545 000 Franken jährlich bringt. Allerdings lässt sich dieser Wert nicht einfach linear hochrechnen.
Wie viele neue Steuerkontrolleure Widmer-Schlumpf will, darüber schweigt sich die ESTV aus, weil noch nichts entschieden ist. Unklar ist auch, wie viele Mehreinnahmen sich der Bundesrat von der Massnahme verspricht. Klar ist einzig, dass allein bei der Mehrwertsteuer rund 200 Millionen Franken pro Jahr nicht korrekt abgerechnet werden. Vor vier Jahren hielt der Bundesrat zudem fest, dass bei der Mehrwertsteuer jeder Kontrolleur Mehreinnahmen von rund 545 000 Franken jährlich bringt. Allerdings lässt sich dieser Wert nicht einfach linear hochrechnen.
Das letzte Wort über die Personalaufstockung wird das Parlament in der Budgetberatung haben – Widerstand aus bürgerlichen Reihen ist gewiss. So bezweifelt SVP-Nationalrat Thomas Aeschi, dass mehr Kontrollen massiv mehr Geld einbringen. Es töne zwar wahnsinnig, wenn der Kontrollintervall bei 36 Jahren liege, doch dabei müsse man beachten, dass 90 Prozent der Firmen KMU sind: «Wenn jede Kebab-Bude regelmässig überprüft werden muss, kostet das mehr, als es einbringt.» Die Steuerverwaltung soll aktiv werden, wenn Verdachtsmomente auf Steuerhinterziehung vorliegen und wenn es um viel Geld gehe.
BDP-Nationalrat Urs Gasche, als ehemaliger Berner Finanzdirektor mit der Thematik vertraut, geht denn auch nicht davon aus, dass eine Personalaufstockung im Parlament eine Mehrheit finden wird. Er selbst hegt Sympathien für eine Erhöhung, allerdings nur in kleinen Schritten: «Zurzeit finden zu wenige Kontrollen statt. Doch ich will auch keinen Polizeistaat», sagt Gasche.
Bundesrätin Widmer-Schlumpf ist sich des bürgerlichen Widerstandes bewusst. Es ist deshalb kaum ein Zufall, dass der Bundesrat in seiner Motionsantwort die Personalehrhöhung in einen Zusammenhang mit der anstehenden Unternehmenssteuerreform bringt: «Die mit der Stellenaufstockung zukünftig erzielten Zusatzeinnahmen sollen mithelfen, den Bundeshaushalt auch nach Einführung der Unternehmenssteuerreform III im Gleichgewicht zu halten.»