Obwohl die Anklage deren Schuld als erwiesen ansieht, forderte die zuständige Staatsanwältin in Bonn eine Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten für den einen sowie zehn Monate Haft für den anderen. Die Strafen könnten zur Bewährung ausgesetzt werden. «Man kann nicht Einzelne als Sündenbock hinstellen und stellvertretend für andere bestrafen», sagte sie am Mittwoch in ihrem Plädoyer vor dem Landgericht Bonn.
Die Angeklagten seien lediglich zwei von hunderten Beteiligten, die mit Cum-Ex-Geschäften einen riesigen Steuerschaden verursacht hätten. Strafmildernd wirke sich ausserdem aus, dass beide Angeklagten umfassend zur Aufklärung von Cum-Ex-Geschäften und damit auch zur Beschleunigung weiterer Ermittlungen beigetragen hätten.
Bei «Cum-Ex»-Geschäften nutzten Investoren eine Gesetzes-Lücke. Rund um den Dividendenstichtag wurden Aktien mit («cum») und ohne («ex») Ausschüttungsanspruch zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben.
Am Ende war dem Fiskus nicht mehr klar, wem die Papiere gehörten. Finanzämter erstatteten Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem deutschen Staat entstand ein Milliardenschaden. 2012 wurde das Steuerschlupfloch geschlossen.
In dem im September gestarteten ersten Strafprozess zu Cum-Ex-Steuerdeals sind in Bonn zwei britische Ex-Aktienhändler angeklagt, denen 33 Fälle besonders schwerer Steuerhinterziehung und ein Versuch im Zeitraum von 2006 bis 2011 vorgeworfen werden. Sie sollen damit einen Steuerschaden von 447.5 Millionen Euro mitverursacht haben.
Bislang waren M. M. Warburg und vier andere Finanzinstitute als Einziehungsbeteiligte in das Verfahren involviert - die Banken machten bei den Geschäften mit. Die Staatsanwaltschaft fordert neben den Strafen für die Angeklagten die Einziehung der entstandenen Steuerschulden sowohl der Angeklagten als auch von Warburg.
Um das Verfahren wegen der Corona-Epidemie zu verkürzen, wurde Anfang der Woche entschieden, anders als bisher geplant auf die sogenannte Einziehungsbeteiligung von vier von fünf im Prozess vertretenen Banken zu verzichten. Durch etliche neue Beweisanträge der Vertreter der Banken würde sich der Prozess noch extrem in die Länge ziehen, hatte das Gericht argumentiert. (aeg/sda/dpa)