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Warum Trumps Zollpolitik niemanden überraschen sollte

epa12006193 US President Donald Trump speaks during a tariff announcement in the Rose Garden of the White House in Washington, DC, USA, 02 April 2025. Trump plans to roll out tariffs on global trading ...
Der amerikanische Präsident Donald Trump während einer Rede am Mittwoch im Weissen Haus.Bild: keystone

Warum Trumps Zollpolitik niemanden überraschen sollte

Donald Trump findet, das Wort «Zoll» sei das schönste Wort im Diktionär. Seit fast vier Jahrzehnten droht er deshalb den Verbündeten seines Landes mit Strafzöllen. Warum eigentlich?
04.04.2025, 09:5704.04.2025, 09:57
Renzo Ruf, Washington / ch media
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Das Jahr war 1987, und im Weissen Haus regierte der Republikaner Ronald Reagan. Und ein New Yorker Immobilienhändler, zu diesem Zeitpunkt noch keine weltweite Berühmtheit, war unzufrieden über die Politik seines Parteifreunds. Also veröffentlichte Donald John Trump in führenden amerikanischen Zeitungen einen «offenen Brief» an das amerikanische Volk.

In diesem Brandbrief beschwerte Trump sich bitterlich darüber, dass sein Land von wohlhabenden Verbündeten über den Tisch gezogen werde. Konkret attackierte er Japan, in den Achtzigerjahren der wirtschaftspolitische Gegenspieler Nummer eins der USA. Aber die Schlussfolgerung, die Trump am Ende seines Briefes zog, die könnte auch aus dieser Woche stammen. «‹Besteuert› diese reichen Länder, nicht Amerika», schrieb der damals 41 Jahre alte Geschäftsmann. Sonst mache sich der Rest der Welt weiterhin lustig über sein Land.

Das mag absurd klingen, sind doch die USA die grösste Volkswirtschaft der Welt und eine wohlhabende Nation. Aber diese Behauptung Trumps, dass sein Land von Freund und Feind über den Tisch gezogen werde, ist buchstäblich seit Jahren Teil seiner wirtschafts- und sicherheitspolitischen Ideologie.

Klagen über die «ausgehöhlten» Industriehochburgen der USA

Und Trump ist nicht allein. Auch sein Vize JD Vance vertritt diese Ansicht. Im Gegensatz zum 78 Jahre alten Präsidenten, der in der Glitzerwelt von New York City aufwuchs, kann Vance immerhin aus eigener Erfahrung über dieses Thema sprechen. Denn der Vizepräsident wurde 1984 in Middletown (Ohio) geboren, einer Industriestadt, die vom globalen Freihandel nicht sichtbar profitierte. Middletown, schrieb Vance in seinem Bestseller «Hillbilly-Elegie», sei nicht viel mehr als ein Relikt «des amerikanischen Industrieruhms», fallengelassen von den Eliten aus Politik und Wirtschaft.

Solche Aussagen könnten auch von seinem Chef stammen. Seit 2015, dem Beginn seiner Laufbahn als Politiker, spricht er immer wieder über die «ausgehöhlten» Industrieorte im Mittleren Westen, über die angeblich dezimierte Autobranche und über geschlossene Stahlwerke. Als der Multimilliardär im Wahlkampf 2016 – wohl zum ersten Mal – Provinzstädte in Pennsylvania, Ohio oder Michigan besuchte, zeigte er sich ehrlich erstaunt über den desolaten Zustand vieler Bevölkerungszentren.

Bereits während Trumps erster Amtszeit, die von 2017 bis 2021 dauerte, sprach er deshalb gerne und häufig über die gezielte Reindustrialisierung der USA. Einige Pläne liess er fallen, weil er sich damals noch mit Beratern umgab, die im Freihandel und der globalen Arbeitsteilung Vorteile sahen. Andere Pläne scheiterten, weil Trump sich von Investoren blenden liess.

Viele Gesprächspartner wollten Trump nicht ernst nehmen

In den Wahlkampf 2024 zog Trump deshalb mit dem Versprechen, nun werde er seine wirtschaftspolitischen Pläne endlich umsetzen. So bezeichnete er im Herbst, während eines Auftritts vor Wirtschaftskapitänen in Chicago, das Wort «Zoll» als das «schönste im Diktionär».

Solche Aussagen wurden zwar belächelt, und viele ausländische Diplomaten glaubten, dass Trump sich nach einem Wahlsieg mit guten Argumenten umstimmen lassen werde. Aber der Republikaner scheint kein Interesse daran zu haben, über seine wirtschaftspolitische Ideologie zu diskutieren. Er umgibt sich nun mit Beratern, die regelmässig bekräftigen, dass er recht habe – Handelsminister Howard Lutnick zum Beispiel, der am Donnerstag in einem Fernsehinterview behauptete, die USA seien über Jahre von ihren Verbündeten «missbraucht» worden.

Das Weisse Haus erklärte deshalb am Donnerstag auch, dass Trump keine Lust auf Verhandlungen mit Handelspartnern habe. Aus der Sicht der USA herrsche «ein nationaler Notstand», sagte seine Sprecherin Karoline Leavitt. Die Handelspartner der USA, deren Importe nun mit Strafzöllen belegt werden, hätten 70 Jahre Zeit gehabt, «das Richtige für das amerikanische Volk zu tun». Und weil sich diese Länder stattdessen dafür entschieden hätten, die USA abzuzocken, schlage der Präsident nun zurück. (bzbasel.ch)

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Die Einwohner der McDonaldsinseln reagieren auf Trumps Strafzölle
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86 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Der Micha
04.04.2025 10:14registriert Februar 2021
Es ist an Zynismus kaum mehr zu übertreffen. Die Inflation und die angebliche Wirtschaftslage war Trumps Wahlkampfthema.

Seine Politik lässt die Inflation in die Höhe treiben und ruiniert die Wirtschaft. Und das soll das Richtige für das amerikanische Volk sein?

Trump hat schlicht keine Ahnung wie die Wirtschaft funktioniert und da seine Berater alle verblendete Trumpisten sind, wird es auch keinen geben, der ihm vor den Folgen warnen.

Sein Verhalten ist ein Beispiel dafür, dass Sondierungen und Abwarten nicht reichen. Es müssen Handelsbeziehungen zu anderen Ländern aufgebaut werden.
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    Diese Schweizer Käsesorte trifft Trumps Zollhammer am härtesten
    Die USA sind für die Schweizer Käsebranche das wichtigste Exportziel ausserhalb der EU. Eine hiesige Käsesorte ist in Amerika besonders beliebt. Die drohenden Zölle kommen zur Unzeit.

    Schweizer Käse ist ein Exportschlager. Etwa 40 Prozent der hiesigen Käseproduktion gelangt in über siebzig Länder. Hauptabnehmer sind Deutschland und Italien – danach folgen bereits die USA. Letztes Jahr wurden laut der Vermarktungsorganisation Switzerland Cheese Marketing 8774 Tonnen Schweizer Käse im Wert von 114 Millionen Franken in die USA exportiert. Dies entspricht einem Anteil von 11,1 Prozent mengenmässig und 15,3 Prozent wertmässig am Gesamtexport von Schweizer Käse.

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