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Trumps Zoll-Hammer: «Sehr schlechte Nachrichten für die Uhrenindustrie»

Visitors gather at the Swiss manufacturer stand during the "Watches and Wonders Geneva" luxury watch fair, in Geneva, Switzerland, Wednesday, April 2, 2025. (KEYSTONE/Salvatore Di Nolfi)
Besucher an der Genfer Messe für Luxusuhren «Watches and Wonders», 2. April 2025.Bild: KEYSTONE

«Kurzarbeit wäre eine Option» – Trumps Zoll-Hammer trifft die Uhrenindustrie hart

Trumps Zoll-Hammer trifft die Uhrenindustrie besonders hart. Ein Branchenkenner und ein Politiker sagen, welche Auswirkungen zu erwarten sind.
03.04.2025, 19:0204.04.2025, 11:51
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Am Donnerstagmorgen ist niemand aus der Uhrenindustrie erreichbar. Nur die Swatch Gruppe antwortet auf die watson-Anfrage. Mit: «Kein Kommentar.» Einige Stunden zuvor hat US-Präsident Donald Trump Zölle in der Höhe von 31 Prozent auf Produkte aus der Schweiz angekündigt. Auch auf Uhren.

Nach dieser Ankündigung sind die Aktienkurse von Swatch und Richemont eingebrochen. Am Donnerstagnachmittag haben sie bereits 6,3 Prozent und 5,7 Prozent an Wert verloren.

«Solche Verluste innerhalb eines Tages sind massiv», sagt der Branchenexperte und Gründer von LuxeConsult Oliver Müller gegenüber watson. Er habe zwar Zölle erwartet, nicht aber, dass sie mit 31 Prozent so hoch ausfallen würden. Für Müller ist klar:

«Das sind sehr schlechte Nachrichten für die gesamte Uhrenindustrie.»

Vor allem unteres und mittleres Preissegment betroffen

In kein anderes Land exportiert die Schweiz so viele Uhren wie in die USA. Das zeigen Zahlen des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH).

Auf die neuen Zölle könne die Branche eigentlich nur auf eine Weise reagieren, so Müller.

«Sie passt die Preise an und hofft, dass die Leute ihre Produkte weiterhin kaufen.»

Nicht alle Marken werde es gleichermassen treffen, sagt der Branchenkenner. Das Hochpreissegment – ab 50’000 Dollar – würden Preiserhöhungen weniger tangieren.

Oliver Müller, LuxeConsult, Berater Uhrenbranche.
Oliver Müller ist als Berater in der Uhrenbranche tätig.Bild: Guillaume Megevand
«Wenn Sie eine Rolex für 100’000 Dollar kaufen, werden Sie 5’000 Dollar mehr nicht vom Kauf abhalten.»

Für Marken, deren Uhren sich im mittleren und unteren Preissegment befinden, erwartet Müller hingegen «schwerwiegende Folgen». Beispielsweise für Tissot oder Omega. Dort hätten Unternehmen weniger Spielraum bei den Preisen.

Die Folgen dieser Zollpolitik würden damit auch in der Schweiz spürbar:

«Wenn in den USA weniger verkauft wird, haben wir in der Schweiz weniger Aufträge und weniger Arbeitsplätze. Und das ist für die Schweizer Wirtschaft schlecht.»

Auf eine Schätzung, wie viel die Zölle die Schweizer Uhrenindustrie kosten werden, kann sich Müller nicht festlegen.

Sparmassnahmen und Kurzarbeit wahrscheinlich

Überrascht von Trumps Zöllen war auch der Solothurner Mitte-Ständerat Pirmin Bischof. Er ist Teil der parlamentarischen Gruppe Uhrenindustrie und Mitglied der Kommission für Wirtschaft und Abgaben. Gegenüber watson sagte er am Donnerstagnachmittag:

«Wir haben zwar damit gerechnet, dass etwas kommt. In dieser Grössenordnung sind die Zölle aber, gelinde gesagt, eine riesige Herausforderung.»
Pirmin Bischof, Mitte-SO, spricht zu den fehlenden Hausaerztinnen und Hausaerzten, an der Fruehjahrssession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 19. Maerz 2025 im Staenderat in Bern. (KEYSTONE/Ale ...
Der Solothurner Mitte-Ständerat Pirmin Bischof in der Frühjahrssession 2025. Bild: keystone

Auch Bischof geht davon aus, dass die Hersteller im Luxussegment die Zölle problemlos auf die Konsumentinnen und Konsumenten abwälzen können. «Dort wird fast jeder Preis bezahlt.» Im unteren Segment, bei Massenprodukten wie Swatch-Uhren sei dies jedoch nicht möglich. Das mache Sparmassnahmen in der Produktion wahrscheinlich, sagt Bischof. Mit Auswirkungen für die Schweiz:

«Die Uhrenindustrie ist eine der grössten Arbeitgeberinnen in der Schweiz. Ich mache mir Sorgen um die Arbeitnehmenden.»

Bischof glaubt zwar nicht, dass der Zoll von 31 Prozent längerfristig besteht. In der aktuellen Situation müsse man dennoch politische Lösungen finden. Eine mögliche Strategie sieht er bei der Kurzarbeit in der Uhrenindustrie. Diese komme in einigen Unternehmen bereits jetzt zur Anwendung, ist jedoch zeitlich begrenzt. «Eine Ausweitung der Kurzarbeitsentschädigung wäre eine Option.»

Ein KIF Parechoc Mitarbeiterin setzt Schockabsorber fuer die Uhrenindustrie in Handarbeit zusammen, fotografiert am Montag, 20. Januar 2025 in Le Brassus. KIF Parechoc ist ein Unternehmen der Acrotec  ...
Mitarbeiterinnen einer Uhrenfirma in Le Brassus, VD. Bild: KEYSTONE

Nun seien aber besonders der Bundesrat und das SECO in der Verantwortung, diplomatische Lösungen zu finden. Als Gegenmassnahme erwägt Bischof, Gegenzölle auf einzelne Produkte zu erheben, beispielsweise auf US-amerikanische Smart Watches. Vorzuziehen sei aber der Verhandlungsweg.

Uhrenverband fordert politisches Handeln auf «höchster Ebene»

Die Schweiz kennt noch keine Importzölle auf US-amerikanische Uhren, wie der Präsident des Schweizerischen Uhrenverbands, Yves Bugmann, am Donnerstagnachmittag zur Nachrichtenagentur AWP sagte. Sein Urteil zu Trumps Zoll-Hammer ist darum eindeutig:

«Die Massnahme ist ungerechtfertigt.»
Yves Bugmann, Chef der Rechtsabteilung und designierter Praesident Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH, spricht an der Generalversammlung 2023 des Verbandes am Donnerstag 29. Juni 2023 in Bi ...
Yves Bugmann, Präsident des Verbands der Schweizerischen Uhrenindustrie (FH) 2023 in Biel. Bild: KEYSTONE

Bugmann sei enttäuscht, aber nicht schockiert, sagte er am Rande der Uhrenmesse in Genf weiter. Als Exportbranche sei man sich «solche Schwierigkeiten» gewohnt. Der Verbandspräsident erwartet nun aber entschiedenes Handeln von der Politik.

«Es ist jetzt wichtig, dass das Thema auf höchster politischer Ebene diskutiert wird, und die Schweiz ihren Standpunkt darlegen kann.»
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90 Kommentare
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Haarspalter
03.04.2025 19:39registriert Oktober 2020
«Wenn Sie eine Rolex für 100’000 Dollar kaufen, werden Sie 5’000 Dollar mehr nicht vom Kauf abhalten.»

100K + 32% = 132 K

Also 32‘000 Fr. mehr, nicht 5‘000 Fr.

Aber wahrscheinlich muss man als Millionär auch solche Rechnungen gar nicht können müssen - Hauptsache man vergisst den PIN seiner Visa-Platin nicht.
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Liebu
03.04.2025 19:37registriert Oktober 2020
Brauchen sie denn überhaupt noch Uhren wenn Trump die Zeit anhält?
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Hinterm Mond lässt sichs gut munkeln
03.04.2025 21:15registriert November 2020
Jetzt müsste man die Zersprengung der IT-Multis angehen und strenge Regulierung der Social Media Unternehmen!
Es wird Zeit für Konter die richtig weh tun.
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