Wirtschaft
Interview

Was die Emmi-Chefin zu den US-Zöllen sagt

«Mit Trump muss ich kein Fondue essen»: Was die Emmi-Chefin zu den US-Zöllen sagt

Ricarda Demarmels will auch künftig Schweizer Käsespezialitäten und Fondue-Mischungen an US-Supermärkte liefern. Doch nach den ersten Preiserhöhungen sind die Umsätze bereits geschmolzen.
23.08.2025, 21:3023.08.2025, 21:30
Benjamin Weinmann / ch media
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Emmi-Chefin Ricarda Demarmels (45) muss die Preise für US-Käse-Exporte erhöhen.
Emmi-Chefin Ricarda Demarmels (45) muss die Preise für US-Käse-Exporte erhöhen.Bild: Keystone

Sie haben die Preise Ihrer Käse-Exporte in den USA erhöht aufgrund der Zölle. Hat die US-Kundschaft diese geschluckt?
Ricarda Demarmels: Was ich vorab betonen möchte: Die absolute Mehrheit unseres Sortiments, also 85 Prozent, produzieren wir vor Ort in den USA. Wir sind seit 2008 in den USA und sie stellen unseren zweitgrössten Markt dar mit rund 700 Millionen Franken Umsatz und 1200 Angestellten.

15 Prozent sind also Exporte aus der Schweiz?
Mehrheitlich sind es Käsespezialitäten wie unter anderem Gruyère, aber auch einige Dessertprodukte aus EU-Ländern, die wir produzieren. Bereits bei der ersten Zollrunde mussten wir mit Preiserhöhungen reagieren, auch wegen des starken Frankens. Und mit der zweiten, deutlich happigeren Zollrunde mussten wir erneut reagieren, damit wir mit den Exporten keine Verluste schreiben. Welche Folgen dies auf die Nachfrage haben wird, wird sich nun zeigen.

Nach Preiserhöhungen: Die Exportumsätze mit Schweizer Emmi-Käse sind im ersten Halbjahr geschrumpft.
Nach Preiserhöhungen: Die Exportumsätze mit Schweizer Emmi-Käse sind im ersten Halbjahr geschrumpft.Bild: Keystone

Was kostet denn ein 200-Gramm-Kaltbach-Käse in einem US-Supermarkt heute?
Bestimmt mehr als noch vor ein paar Wochen. Aber generell auch mehr als in der Schweiz. Die US-Kundinnen und -Kunden gönnen sich ein Stück Schweizer Käse ganz bewusst, vielleicht ein oder zwei Mal pro Jahr oder als Weihnachtsgeschenk.

Wird auch Fondue als klassisches Schweizer Produkt dort angesehen oder können Sie die Preise bei einer Gerber-Mischung weniger stark erhöhen?
Doch, Fondue-Käse gilt auch in den USA als klassisch schweizerisches Produkt. Aber da sprechen wir von sehr kleinen Volumen und nochmals: Es ist zu früh, um die Preiselastizität der einzelnen Produkte zu beurteilen und wie sich die Preiserhöhungen auf die Nachfrage auswirken werden. Ende Jahr wissen wir mehr.

Aber die Umsätze mit den US-Käseexporten sind bereits zurückgegangen, wie Sie in Ihrem Halbjahresreport schreiben, ohne Zahlen zu nennen. Ist es ein Minus im ein- oder zweistelligen Prozentbereich?
Für ein abschliessendes Fazit ist es noch zu früh. Wir werden sicher auch mit den Supermärkten schauen, wie man unsere Produkte noch besser im Regal präsentieren könnte, um die negativen Preiseffekte etwas abzufedern.

Camille-Bloch-Chef und -Inhaber Daniel Bloch plädiert für eine Wiederaktivierung des Schoggigesetzes zur US-Exportförderung von Schweizer Schokolade.
Camille-Bloch-Chef und -Inhaber Daniel Bloch plädiert für eine Wiederaktivierung des Schoggigesetzes zur US-Exportförderung von Schweizer Schokolade.Bild: Severin Bigler

Daniel Bloch, Chef der Schweizer Schokoladenfirma Camille Bloch, brachte die Reaktivierung des Schoggi-Gesetzes ins Spiel. Fordern Sie nun Subventionen für Schweizer Käseexporte?
Wir unterstützen den Bund in seinen Verhandlungen mit den USA. Und es gibt verschiedene weitere Massnahmen, die eventuell weiterentwickelt werden müssen, zum Beispiel für den Milchüberschuss, der aufgrund der sinkenden Käseexportproduktion resultieren könnte.

Mit Subventionen?
Es geht generell darum, dass die Schweiz ihre Standortfaktoren nun stärkt. Die Schweiz hat die Zölle und den Wechselkurseffekt. Es braucht also weitere Handelsabkommen, aber auch Entlastungen für Firmen wie die Umsetzung der OECD-Mindeststeuer oder den Abbau administrativer Kosten. Denn wir international tätigen Unternehmen leisten einen hohen Wertschöpfungsbeitrag fürs Land.

Wie läuft denn das US-Geschäft ohne Schweizer Käsesortiment?
Sehr gut. Zu unserem Geschäft gehören neben lokalen Käsespezialitäten auch die führende Feta-Marke Athenos, ein starkes Ziegenmilchportfolio und Desserts.

Und was würden Sie Donald Trump bei einem gemeinsamen Fondue-Essen gerne sagen?
Mit ihm muss ich kein Fondue essen. Der Bundesrat ist im Dialog mit ihm und macht seine Sache gut.

Ihr Südamerika-Geschäft ist organisch stark gewachsen, doch dort machen Ihnen die US-Zölle indirekt ebenfalls das Leben schwer, weil sich die Währungen abgewertet haben. Wie sehr schmerzt das?
Wir spüren die Wechselkurseffekte, das ist ganz klar. Denn viele südamerikanische Währungen wurden im Zuge der Dollar-Abwertung ebenfalls abgewertet. Aber wir haben in Südamerika ein starkes, wachsendes Geschäft, mit dem wir sehr zufrieden sind. Dort verkaufen wir ebenfalls die gesamte Palette, von Milch, Rahm, Butter bis hin zu Milchmischgetränken mit Protein, Joghurt und Käsespezialitäten – allerdings unter anderen Marken wie Laticínios Porto Alegre, Verde Campo und Quillayes Surlat, also nicht Emmi.

Ihr Umsatz im ersten Halbjahr ist nicht zuletzt dank Akquisitionen stark gewachsen, insbesondere durch die Übernahme der französischen «Mademoiselle Desserts»-Gruppe im Herbst 2024. Damit sind Sie in ein neues Geschäftsfeld mit süssen Backwaren wie gefüllten Beignets eingestiegen. Weshalb?
Moment. Wir treiben diese Internationalisierung bereits seit 20 Jahren voran, mit einer klaren Fokussierung. Das Premium-Dessert-Geschäft bauen wir seit über 11 Jahren strategisch auf.

Aber Gebäck ist nicht gleich Milch.
Es ist eine logische Weiterentwicklung. Vor über 10 Jahren haben wir einen Premium-Dessert-Anbieter in Italien übernommen und sind dadurch zum Nummer-1-Tiramisu-Hersteller in mehreren Märkten geworden. 2019 kauften wir eine Patisserie-Firma in Italien hinzu, die auch mit Backtechnologien arbeitet. 2020 bauten wir in den USA eine lokale Dessert-Produktion auf, inklusive Backwaren. Wir möchten Leader im Bereich der Premium-Desserts und Pâtisserie werden.

Bleibt es dabei, oder könnten noch ganz andere Geschäftsfelder hinzukommen?
Die klassischen Milchprodukte machen noch immer 80 Prozent unseres Geschäfts aus, die Premium-Desserts stellen 20 Prozent dar. Damit sind wir sehr gut und differenziert aufgestellt. Alle unsere Sortimente befinden sich in Wachstumsmärkten. Denn Milch legt dank des Trends zu gesunder, proteinreicher Ernährung zu. Und trotz dieses Trends legt auch das Dessertgeschäft zu, denn der Mensch bleibt ein Hedonist. Man gönnt sich auch künftig gerne etwas zwischendurch.

Tatsächlich sind Sie zumindest in der Schweiz kürzlich in ein weiteres Geschäftsfeld vorgestossen. Sie verkaufen neu Protein-Wasser. Mit welchem Erfolg?
Das Protein-Bedürfnis ist ein Trend…

Neu in den Schweizer Supermarkt-Regalen erhältlich: das Protein-Wasser von Emmi.
Neu in den Schweizer Supermarkt-Regalen erhältlich: das Protein-Wasser von Emmi.Bild: Benjamin Weinmann

…wohl eher ein Hype, wenn man sich die Supermarkt-Regale ansieht!
Es ist ein grosses Bedürfnis. 50 Prozent der Menschen möchten mehr Proteine in ihrer Ernährung. Mehr als die Hälfte der Schweizer Bevölkerung über 65 Jahre hat ein Proteindefizit. Und das hochwertigste Protein ist die Molke, ein Nebenprodukt aus der Käseherstellung. Und dieses verwenden wir für unser «High Protein Water». Es ist noch zu früh für ein Fazit, aber die ersten Verkaufsmonate waren sehr ermutigend.

Nach dem Trinken bleibt jedoch ein etwas unangenehmer Protein-Film auf der Zunge liegen. Wird die Rezeptur überarbeitet?
Wir sind kontinuierlich daran, die Rezeptur zu verbessern. Da lernen wir auch ständig dazu. Aber unsere Marktforschungen und Konsumentenbefragungen vor der Lancierung haben gezeigt, dass unser Wasser als überdurchschnittlich gut bewertet wird.

Gibt es Grenzen dieses Protein-Hypes?
Ich sehe keine Grenzen, weil der Protein-Konsum ein Bedürfnis und auch eine physiologische Notwendigkeit ist …

… die von Ernährungswissenschaftlern auch kritisch beäugt wird, weil zuweilen unnötig viele Proteine konsumiert werden.
Aber die grosse Masse hat ein Protein-Defizit. Deshalb werden weitere Produkte folgen.

Welche anderen Trends beobachten Sie?
Es geht vermehrt in Richtung Double Zero, also Rezepturen, die weder Zucker noch Süssungsmittel verwenden. Das beobachten wir in der Schweiz, wo wir entsprechende «Energy Milk»- und «Caffè Latte»-Produkte dazu lanciert haben, aber auch in anderen europäischen Ländern.

Coop hatte diesen Sommer Logistikprobleme, wodurch auch die Getränkeregale zuweilen halbleer blieben. Und die Migros hatte monatelang Probleme mit ihrer Käselogistik. Wie hat Emmi dies zu spüren bekommen?
Der Absatz unserer Milchprodukte ist in der Schweiz leicht gewachsen, nach mehreren Jahren mit stabilem Umsatz.

Emmi-Chefin Ricarda Demarmels bezeichnet den neuen Recybag als «Meilenstein für die Schweiz».
Emmi-Chefin Ricarda Demarmels bezeichnet den neuen Recybag als «Meilenstein für die Schweiz».Bild: Keystone

Anfang Jahr hat Emmi zusammen mit anderen Schweizer Nahrungsmittel- und Handelsfirmen wie Nestlé, Coop und Migros das neue Plastik-Recyclingsystem Recybag lanciert. Wie zufrieden sind Sie damit?
Der Recybag ist ein Meilenstein für die Schweiz. Damit können wir Plastik und Getränkekartons in den Kreislauf zurückbringen. Und es machen immer mehr Gemeinden mit, das ist toll. Gleichzeitig arbeiten wir an der Rezyklierbarkeit unserer Verpackungen.

Wie?
Wir bieten unter anderem unsere «I’m your meal»-, «High Protein Water» und «Energy-Milk»-Produkte in der PET-Flasche an.

Wie lange dauert die Umstellung der Milchflaschen zu PET noch?
Eine solche Umstellung ist mit substanziellen Investitionen verbunden…

…5, 10 oder noch mehr Jahre?
Da kann ich keine Zahl nennen, aber wir arbeiten mit Hochdruck daran, so wie auch bei anderen Produkten. So lancieren wir beim «Caffè Latte» ein neues Deckelkonzept. Die Alufolie fällt weg. Vorerst bei der Edition «Mr. Big», später auch bei den anderen Getränken. Damit besteht die Verpackung nun aus einem Monomaterial, das man im Recybag rezyklieren kann. Zudem ist er dadurch handlicher. Ich erhalte viele E-Mails, in denen sich die Leute bedanken, dass der Kaffee nicht mehr aufs Hemd tropft.

Die umsatzstarken «Caffè Latte»-Becher von Emmi erhalten ein neues Deckelsystem ohne Alufolie.
Die umsatzstarken «Caffè Latte»-Becher von Emmi erhalten ein neues Deckelsystem ohne Alufolie.Bild: Benjamin Weinmann

Und welche weiteren Innovationen gibt es beim Blockbuster Caffè Latte?
Seit einiger Zeit verkaufen wir in der Schweiz einen Caffè Latte, der mit Protein angereichert ist. Und in Spanien bieten wir einen Caffè Solo an, also einen puren, schwarzen Kaffee, ohne Milch. Und das «Double Zero»-Konzept mausert sich immer mehr zu einem Bestseller in vielen Märkten. (aargauerzeitung.ch)

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Käse der schmilzt und Fäden zieht. Mhmmm!
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62 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lohner
23.08.2025 22:05registriert August 2025
Mit Trump will niemand ein Fondue essen.
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Schlaf
23.08.2025 22:32registriert Oktober 2019
«Mit ihm muss ich kein Fondue essen. Der Bundesrat ist im Dialog mit ihm und macht seine Sache gut.»

Werden wir sehen, wie gut unsere Regierung dies macht.
Bis jetzt war es ja katastrophal!
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Disturbia
24.08.2025 00:46registriert September 2024
Auch mit Recycling trägt dieser Konzern zu einem unnötigen Abfallberg und unnötiger Ressourcenverschwendung bei. Es ist an der Zeit, Konzerne für jede einzelne Plastikverpackung in die Verantwortung zu nehmen.
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