«The Long Goodbye» heisst der Titel eines legendären Thrillers von Raymond Chandler. Er beschreibt auch perfekt das Verhältnis der Credit Suisse zur Wall Street. Dunkle Machenschaften und Skandale gibt es da zuhauf.
In den Siebzigerjahren ging die damalige Kreditanstalt ein Joint Venture mit der traditionsreichen US-Investmentbank First Boston ein. Die Schweizer Banker wollten mehr sein als diskrete Vermögensverwalter. Sie wollten in die Champions League des Bankings aufsteigen, und das ist nun mal das Investmentbanking.
Um mit Goldman Sachs und den anderen US-Investmentbanken mithalten zu können, übernahm die CS in der Folge weitere Teile an der First Boston. 1996 wurde sie schliesslich als Credit Suisse First Boston (CSFB) in den Konzern integriert.
In dieser Zeit wurde die CSFB ein Player an der Wall Street, vor allem, weil sie gute Beziehungen zur aufstrebenden Techszene hatte. Die Geschäfte liefen so gut, dass die CS punkto Börsenkapitalisierung teilweise gar den Erzrivalen UBS überholte.
Im Investmentbanking wird das ganz grosse Rad gedreht. Gemäss dem Motto «No risk, no fun» kann man dabei sehr viel Geld verdienen – aber auch verlieren. Immer wieder musste die CS gröbere Rückschläge verkraften. In einem Anfall von Grössenwahn wurde beispielsweise die Investmentbank Donaldson, Lufkin & Jenrette erworben, ein Milliardenflop, der über Jahrzehnte abgeschrieben werden musste.
Die Finanzkrise 2008 war weitgehend dem rücksichtslosen Verhalten von Investmentbankern geschuldet. Die UBS mischte kräftig mit, verzockte sich und musste als systemrelevante Bank vom Staat gerettet werden. Sie zog daraus die Lehren, zog sich weitgehend aus dem Investmentbanking zurück und wurde zu einer erfolgreichen Vermögensverwalterin.
Die CS hingegen kam weitgehend ungeschoren durch die Finanzkrise. Sie hielt am Investmentbanking fest – und sollte dafür einen hohen Preis bezahlen. Bei spekulativen Geschäften mit dem US-Hedgefonds Archegos und dem Lieferkettenfonds Greensill hat die Bank nicht nur Milliarden verloren, sondern auch ihren guten Ruf. Die CS-Aktie rasselte in den Keller, in den sozialen Medien wurden gar Gerüchte über einen kurz bevorstehenden Bankrott verbreitet.
Nun will sich auch die CS weitgehend von der Wall Street verabschieden. Sie hat den grössten Teil des Investmentbanking-Geschäfts an die Finanzgruppen Apollo und Pimco verkauft. Künftig sollen 80 Prozent des Kapitals der Bank den Bereichen Vermögensverwaltung, Asset Management und der Schweizer Einheit zur Verfügung stehen.
Ulrich Körner, der CEO der CS, spricht von einem «historischen Moment» für die Bank. Tatsächlich wird die Bank umgekrempelt und neu ausgerichtet. Das bedeutet auch, dass kurzfristig bereits 2700 Vollstellen abgebaut werden. Gleichzeitig benötigt die Bank rund vier Milliarden frisches Geld. 1,5 Milliarden Franken will die Saudi National Bank dazu beisteuern, die damit zu einer neuen Grossaktionärin der CS wird.
Die CS hat damit ihren Traum vom Investmentbanking ausgeträumt, aber noch lange nicht überwunden. Es wird noch Jahre dauern, bis die stolze Bank aus dem selbst verschuldeten Tal der Tränen gefunden hat. Einzig der Name der Investmentbanking-Vergangenheit bleibt als nostalgische Erinnerung. Nachdem sie kurzfristig verschwunden war, soll die Marke Credit Suisse First Boston wiederbelebt werden.