Kantonalbanken
stehen im Ruf, konservativ zu sein. Stimmt das heute noch?
Konservativ zu sein ist für eine Bank gar
nicht schlecht. Es bedeutet auch, dass sie keine unsinnigen Risiken eingeht. Es
hindert sie aber nicht daran, auch
modern und schnell zu sein. Deshalb habe ich am liebsten, wenn man die BCV als
konservativ-modern bezeichnet.
Modern
zu sein heisst heute für eine Bank: Apps statt Filialen, den Fintech-Zug nicht
verpassen. Gilt das auch für Sie?
Sehen Sie (zieht sein Smartphone aus der
Tasche): Wir haben sogar zwei BCV Apps und TWINT. Sie können bei uns die
meisten Bankgeschäfte mit Ihrem Smartphone erledigen.
Fintech
werde die Bankenszene aufmischen wie das heute mit den Medien geschieht, hört
man gelegentlich. Was ist davon zu halten?
Auch wir werden unser Filialnetz einmal anpassen,
aber im Kern bleibt das Geschäft erhalten. Die App wird zur Agentur. Sie haben
dort ihr Konto, ihre Hypothek, wickeln damit ihre Börsengeschäfte ab, etc. Vor
allem junge Leute sehen kaum mehr eine Bank von innen. Es gibt aber heute noch
Menschen, die gerne auf die Bank gehen und dort in der Warteschlange plaudern. Eine
Bank hat auch eine soziale Funktion. Seriöser: es gibt zwar Banktransaktionen,
die Sie einfach im Internet oder mit einem App ausführen könnten. Oft ist aber
ein Gespräch mit einem Berater wichtig: für eine erste Hypothek, zum Beispiel,
oder wenn ein Kunde in Zeiten schwieriger Märkte seine Asset Allocation überprüfen möchte.
Eine
Kantonalbank soll dem regionalen Gewerbe und den KMU günstige Kredite und dem
Mittelstand bezahlbare Hypothekarkredite vermitteln. Warum zieht es die BCV
nach Zürich?
Vor 150 Jahren war die Waadt ein
Landwirtschaftskanton. Heute beträgt der Anteil Landwirtschaft an der gesamten
Wirtschaft gerade mal ein Prozent. Die Waadt gehört zu den Schweizer Regionen,
die am schnellsten wachsen und hat heute fast 800'000 Einwohner. Sie hat auch
keine Monokultur wie Basel mit der Pharma. In der Waadt gibt es alles, vom
modernsten Dienstleister über Med-Tech Unternehmen, IT-Start-Up‘s bis zum
Weinbauern und sie ist eine AAA-Kanton. Am Genfersee gibt es mit von den
anspruchsvollsten Kunden der Welt. Daher glauben wir auch dem Kunden in der Deutschschweiz
etwas zu bieten zu haben. Das tun wir über unsere Vertretung in Zürich, die
sich ausschliesslich auf das institutionelle Anlagegeschäft und den
Fondsvertrieb konzentriert.
Wie
sieht es umgekehrt aus. Gehen die deutschschweizer Banken auch in die Romandie?
Eher nicht. Viele Deutschschweizer haben immer
noch nicht wahrgenommen, was in der Romandie abgeht. Sie gilt immer noch als
Provinz. Dabei braucht sich beispielsweise die ETH Lausanne längst nicht mehr
von der ETH Zürich zu verstecken, und die Hotelfachschule Lausanne und viele
andere gehören zu den besten weltweit. Das zieht viele Talente an, die
mithelfen, den Wirtschaftsraum zu stärken.
Derzeit
gibt es sehr viele Wirbel um die Kryptowährungen, um Bitcoins, Ether und wie
sie alle heissen. Wie weit ist dieses Thema auch bei den Kantonalbanken
angekommen?
Für unsere Kunden sind Bitcoins kaum ein
Thema. Interessant für uns ist vor allem die damit verbundene Technologie, die
Blockchain. Auch wir klären ab, in welchen Bereichen wir sie einsetzen können.
Richtig eingesetzt, kann sie unser Geschäft viel effizienter und auch sicherer machen.
Jeden
Tag entstehen neue Kryptowährungen und werden an Börsen gehandelt, die kaum
jemand kennt. Hand aufs Herz: Begreifen Sie noch, was da abgeht?
Ich halte das für eine vorübergehende Mode.
Was sind Kryptowährungen überhaupt? Ein Zahlungsmittel? Ein Anlagemittel? Im
Alltag haben sie überhaupt noch keine Relevanz. Offenbar wickelt man damit im
Darknet kriminelle Geschäfte ab. Sollten Bitcoin & Co. tatsächlich eine
kritische Masse erreichen, dann müssen sie auch reguliert werden.
Vor
rund zehn Jahren ist das Bankensystem beinahe zusammengebrochen. Wie sicher ist
es heute geworden?
Die Eigenkapitaldecken der Banken sind
vergrössert und die Transparenz verbessert worden. Insgesamt ist das
Bankensystem deshalb viel sicherer geworden. Für die BCV war dies ohnehin nie
ein Thema. Uns hat die Immobilienkrise der 90er Jahre eine Lehre erteilt, die
wir nicht vergessen haben. Deshalb sind wir ungeschoren durch die Finanzkrise
gekommen.
Heute
haben wir eine kritische geopolitische Situation. Nordkorea, Spannungen
zwischen den USA und Russland. Die Anleger scheint dies nicht zu kümmern, die
Börsen boomen weiter. Ist das nicht leichtsinnig?
Die Investoren haben sich an die politischen Unsicherheiten
gewöhnt. Diese lassen sich auch schwer in das Anlageverhalten integrieren oder
in einem Anlageprozess modellieren. Es gibt keinen Airbag gegen politische
Krisen ausser einer generell etwas vorsichtigeren Risikopositionierung.