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MoneyTalks: Solltest du US-Aktien jetzt abbauen oder aufstocken?

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Solltest du US-Aktien jetzt abbauen oder aufstocken?

Hat dein Portfolio ein Ballungsrisiko? Viele von uns investieren – oft unbewusst – mit starker Übergewichtung in den US-Markt. Doch echte Diversifikation sieht anders aus. Warum es sich lohnt, dein Depot breiter aufzustellen – und wie du dabei neue Chancen rund um den Globus nutzen kannst.
05.06.2025, 14:3005.06.2025, 15:55
Olga Miler
Olga Miler
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Die Sache mit der Diversifikation klingt in der Theorie simpel. Streu dein Risiko. Leg nicht alles in einen Korb. Investiere breit. Doch wenn man genauer hinschaut, haben viele Anleger:innen oft unbewusst eine Ballung, vor allem in den USA.

Für die breite Streuung wird oft zu breiten Indizes geraten, z. B. dem MSCI World, gern als «Weltportfolio» bezeichnet. Dieser investiert in eine breite Palette an Firmen – so sind z. B. im iShares Core MSCI World UCITS ETF USD ca. 1'352 Firmen beinhaltet. Eine breite Sache würde man denken. Aber: Die meisten sogenannten «Welt-Indizes» bestehen zur Mehrheit mit 60-70 % aus US-Aktien, und haben einen grossen Anteil an Techgiganten. Im Beispiel Welt-ETF machen die „Magnificent Seven“, Firmen wie Apple, Nvidia, Microsoft rund 20 % des Indexes aus und sind auch für die Mehrheit der Rendite im breiteren S&P 500 Index verantwortlich (Quelle: justetf.com).

Hier könntest du dich fragen: ist das noch wirklich global diversifizert? Müsste da allenfalls mehr Welt ins Portfolio für mehr Balance?

Warum du die Gewichtung der USA in deinen Anlagen überprüfen solltest

Dass der US-Markt so stark gewichtet ist, liegt vor allem an der Marktkapitalisierung. Die US-Wirtschaft ist gross - weltweit machen die USA gemäss Statista etwa 15 % des kaufbereinigten globalen BIP aus. Die «Magnificent Seven» – Apple, Microsoft, Amazon, Nvidia, Alphabet, Meta und Tesla – dominieren den US-Markt, im Mai 2025 machten sie ca. 34,1 % des S&P 500 aus – im Jahr 2015 waren es noch 12,3 %. Dies hat seine Vor- und Nachteile.

Vorteile einer hohen US-Gewichtung:

  • Zugang zu Weltmarktführern, besonders im Tech-Sektor
  • Hohe Liquidität und Transparenz der Märkte
  • Innovationskraft und Wachstumspotenzial, da nach wie vor viele globale Trends wie KI oder Biotech in den USA starten

Herausforderungen einer hohen US-Gewichtung:

  • Konzentrationsrisiko - wenn die US-Wirtschaft schwankt, schwankt dein Depot gleich mit. Im Mai 2025 hat Moody’s die Kreditwürdigkeit der USA von Aaa auf Aa1 wegen wachsender Staatsverschuldung und steigenden Finanzierungskosten entsprechend herabgestuft.
  • Politische Unsicherheiten bleiben hoch, so sind die Zölle, Steuerreformen und weitere Massnahmen noch längst nicht abgeschlossen
  • Der Dollar in deinem Portfolio dominiert – und das kann zum Wechselkurs-Klumpenrisiko werden
  • Potenzielle Gefahr von Überbewertung der Aktien
  • Du könntest Chancen verpassen, die sich anderweitig bieten

Jetzt hat eine Korrektur stattgefunden, solltest du zuschlagen?

Anfang des Jahres galten die US-Aktien, vor allem von Tech-Giganten gegenüber z.B. Europa als überbewertet.

Die zollbedingten Unsicherheiten haben zu einer Korrektur, besonders bei Tech- und KI Werten geführt.

Doch trotz dieser kurzfristigen „Rabattpreise“ rät Morningstar in einer Studie eher zu Vorsicht: Anleger:innen sollten Wachstumswerte tendenziell untergewichten und vermehrt auf Value-Aktien und Small Caps setzen. Mit anderen Worten: Auch wenn der US-Markt zeitweise günstiger erscheint, ist der Blick auf Alternativen – geografisch wie thematisch – wichtiger denn je.

Unterschiedliche Länder bieten neue Chancen

Wachstumstreiber der nächsten Zeit sind längst nicht mehr nur in den USA zu finden, sondern z. B. in:

  • Indien – mit einer wachsenden Mittelklasse, Digitalisierung und starkem Konsumtrend.
  • Indonesien und Vietnam – junge Bevölkerung, boomende Produktion.• Lateinamerika – günstige Rohstoffe, Reformwille und Digitalisierung.
  • Afrika – langfristiges Bevölkerungswachstum und Infrastrukturprojekte.
  • Auch Europa und die Schweiz verdienen Platz im Depot: defensive Qualität, nachhaltige Unternehmen, Innovationskraft z. B. im Gesundheits- und Cleantech-Bereich um nur einige zu nennen.

Diversifikation ist mehr als Geografie

Wenn du denkst: «Okay, dann pack ich jetzt auch einen Emerging-Markets-ETF dazu», ist das ein guter Anfang – aber da geht noch mehr. Denn Diversifikation betrifft nicht nur die Regionen, sondern auch die Anlageklassen, da diese unterschiedlich auf wirtschaftliche Entwicklungen reagieren.

Neben den Klassikern Aktien, Obligationen und Immobilien bieten auch andere Anlageklassen Chancen:

  • Rohstoffe: Gold, Silber, seltene Erden– zur Absicherung gegen Inflation oder Krisen
  • Krypto: Bitcoin, Ethereum kannst du mittels diversifizierten Fonds und Spot ETFs mittlerweile sehr einfach beimischen oder mit entsprechenden Fonds in eine Reihe ausgewählter Kryptos direkt investieren
  • Sachgüter und Sammelstücke wie z. B. Wein, Whisky, Kunst, klassische Autos und sogar Pokemon-Karten lassen sich dank verschiedener Plattformen einfach in ein breiteres Portfolio integrieren
  • Lending - du leihst Kapital gegen einen Zins
  • Private Equity - lange war dies nur vermögenden Investor:innen vorbehalten, zunehmend werden auch hier Anlagen mit kleineren Beträgen möglich wie z.B. mit dem Stableton Unicorn Index AMC (Tracker Zertifikat) oder dem iShares Listed Private Equity UCITS ETF. Allerdings sollte man für so eine Anlage entsprechend einen langen Zeitrahmen haben und sich des Risikos bewusst sein
  • Thematische Fonds und Zertifikaten, mit denen du bewusst in ausgewählte Akzente setzen kannst

Mit dem Kern-Satellit-Ansatz dein Portfolio breiter aufstellen

Mit einem Kren-Satellit-Ansatz kombinierst du Stabilität mit gezieltem Chancenmanagement – und bleibst flexibel.

Der Kern als stabiles Fundament (ca. 60-90%) kann sich aus verschiedenen, meist global diversifizierten ETFs zusammen setzen wie z.B. einem global diversifizierter ETF mit oder wer mag auch ohne USA (z. B. MSCI World ex USA) und verschiedenen Bausteinen für Obligationen und andere Regionen wie Europa + Schweiz + Asien + Emerging Markets. Wer keine Lust hat dies selbst zusammen zu suchen kann mit einem Online-Vermögensverwalter auch einfach ein Portfolio zusammenstellen.

Die Satelliten (ca. 10-40%) sind dann die entsprechenden Ergänzungen. Hier kannst du gezielt Akzente setzen mit Themen und verschiedenen Anlageklassen.

Die genaue Gewichtung hängt von deinem Risikoprofil, der Zeit die du zur Verfügung hast (Anlagehorizont), der eigenen Erfahrung und der Liquidität der gewählten Bausteine ab. Wenn du eher sicherheitsorientiert ist, bei dem dominiert der Kern und ist vom Risiko ensprechend für dich und deine Ziele optimiert. Wer langfristig investiert und Erfahrung mitbringt, kann mutiger bei den Satelliten agieren.

Drei praktische Schritte, um dein Portfolio globaler aufzustellen

  1. US-Anteil prüfen: Mach eine Inventur. Schau dir die Regionenverteilung deiner ETFs und Fonds an. Oft steckt mehr USA drin, als man denkt.
  2. Alternative ETFs einbauen, z.B. MSCI World ex USA, Schweiz, Schwellenländer (MSCI Emerging Markets, EM ex China etc.
  3. Anlageklassen mischen: Wenn du bisher vor allem in Aktien und Obligationen angelegt hast: denk über kleine Positionen in anderen Anlageklassen oder Themen als Satelliten nach. Auch 5–10 % können schon einen Unterschied machen.

In dynamischen Zeiten sollte dein Geld auch dynamisch für dich arbeiten. Habt ihr dieses Jahr euere Anlagen umgeschichtet und auf neue Regionen oder Anlageklassen gesetzt? Welche Trends beobachtet ihr?

Olga Miler ...
... war über zehn Jahre in verschiedenen Funktionen bei der UBS tätig, unter anderem hat sie dort das Frauenförderungsprogramm und den UBS Gender ETF aufgebaut. Danach gründete sie den unabhängigen Finanzbilder SmartPurse, eine Plattform, auf der sie digitale Kurse und Workshops zum Thema Finanzen anbietet. Seit fünf Jahren schreibt Miler den Blog «MoneyTalks», jüngst erschien ihr erstes Buch «Rich, Richer...Me!», ein humoristischer Finanzratgeber, im Beobachter Verlag.
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Bild: Evelyn Harlacher
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