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Schweizer Post hat für ihren deutschen Wald einen Förster gefunden

Der Zillbacher Forst in Thüringen erhält einen Schweizer Oberförster.
Der Zillbacher Forst in Thüringen erhält einen Schweizer Oberförster.Bild: Schweizerische Post

Die Schweizer Post hat für ihren deutschen Wald einen Förster gefunden 🌲 – das ist er!

Der Zillbacher Forst ist das Öko-Investment der Schweizer Post im Freistaat Thüringen. Nun steht fest, wer sich um ihn sorgt.
24.03.2024, 21:43
Christian Mensch / ch media
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Stefan Flückiger, 51, diplomierter Forstingenieur ETH, hat ein bewegtes Berufsleben. Er war Unternehmer und Multiverwaltungsrat in der Holzwirtschaft, Handelslehrer und Rektor einer kaufmännischen Berufsschule, Geschäftsführer des Verbandes der Berner Waldbesitzer und Förster der Burgergemeinde Bern. Dazu ist er Lehrbeauftragter der Berner Fachhochschule.

Und nun ist Flückiger oberster Förster für den Zillbacher Forst. Das thüringisch grossherzogliche Waldstück von 2400 Hektaren hat die Schweizer Post im vergangenen Jahr zur Aufbesserung ihrer CO2-Bilanz erworben.

Stefan Flückiger, Forstingenieur. Wald Plus AG
Stefan Flückiger, Forstingenieur.Bild: Wald Plus AG

Flückiger wird nicht selbst durch den weitläufigen Wald stapfen. Doch er ist Geschäftsführer der Wald Plus GmbH, die als Gründung der Grossherzoglichen Hoheit Prinz von Baden standesgemäss auf Schloss Salem residiert - und in einem Ausschreibungsverfahren der Schweizerischen Post den Zuschlag für das Management und die Bewirtschaftung des Forsts erhalten hat.

Dem vorliegenden Entscheid ist zu entnehmen, dass nur gerade zwei Offerten eingereicht worden sind und der Auftrag zum Preis von 1,3 Millionen Euro vergeben wurde. Gegenüber dem Konkurrenten habe Wald plus bei den Kriterien «Erfüllung der Anforderungen» und «Wirtschaftlichkeit» besser abgeschnitten.

Wirtschaftlichkeit ist verlangt, da die Post mit 70 Millionen Franken einen stolzen Preis für das mehr als 3300 Fussballfelder grosse Waldstück bezahlt hat. Doch nicht der Rendite, sondern einer besseren CO2-Bilanz wegen hat die Post im vergangenen Jahr das Investment gewagt. 9000 Tonnen Kohlendioxid sollen dadurch jährlich und langfristig gebunden und der Öko-Bilanz der Post gutgeschrieben werden.

Wald- oder Forstwirtschaft?

Flückiger hat in Schweizer Forstkreisen einen erstklassigen Namen, doch dieser steht weniger für ökologischen Waldnutzen als vielmehr für knallharte Forstökonomie. Die Firmen, die er bisher begleitete, arbeiten in den Bereichen Holzschlag (Woodex AG), Brennholz (Lignocalor AG) und Holzbau (Fagus Suisse SA). In einem Interview mit der «Bauernzeitung» sagte Flückiger vor zwei Jahren, er habe wenig Verständnis, «wenn unter dem Deckmantel des Klimaschutzes Bäume über Jahrzehnte im Wald stehen gelassen werden sollen».

Während die Öko-Strömung unter den Forstfachleuten für eine Steigerung des Holzvorrats im Wald und damit eine stärkere CO2-Bindung in lebenden Bäumen plädiert, lautet Flückigers Losung gemäss einem Meinungsbeitrag: «Ein klimaschutzorientiertes Waldbewirtschaftungskonzept maximiert die Saugleistung des Waldes und nutzt die nachgelagerten Speicher optimal.» Anders gesagt: Nicht der grüne Baum, sondern sein verbautes Totholz soll langfristig CO2 binden.

Fachhochschule Bern: Eine forstwirtschaftliche Drehscheibe

Auf Anfrage bestätigt Flückiger den Zuschlag für die Wald plus, doch da noch kein Vertrag unterschrieben sei, wolle er sich derzeit nicht weiter äussern. Von einem Vorteil, den er als Bernburger Förster bei der Ausschreibung gehabt habe, will er jedoch nichts wissen. Alle hätten die gleichen Voraussetzungen gehabt, meint er. Dabei wäre ein nützliches Vorwissen seinerseits leicht verständlich: Flückiger leitet an der Fachhochschule Bern den Masterstudiengang im Bereich Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften, und die gleiche Fachhochschule war dem Vernehmen nach im Vorfeld der Post-Akquisition mit der Einschätzung des Thüringer Waldes befasst.

Den Zuschlag hat aber ohnehin nicht Flückigers private Gesellschaft Wald plus AG, sondern die deutsche Wald plus GmbH erhalten. Daran ist Flückiger gemäss vorliegenden Informationen nicht beteiligt. Vielmehr gehört sie zu 40 Prozent Bernhard Markgraf von Baden, für dessen 3500 Hektaren Wald die Gesellschaft einst gegründet wurde. Ebenfalls mit 40 Prozent hat sich der österreichische Holzkonzern Binderholz eingekauft, der mit 3,5 Milliarden Euro Europas umsatzstärkstes Unternehmen der Sägewerk- und Massivholzverarbeitungsindustrie ist. Die übrigen Anteile gehören dem bisherigen Geschäftsführer.

Post und Bundesrat Rösti sind sich uneins

Gemäss Linkedin-Profil hatte Flückiger bereits bei der deutschen Wald plus angeheuert, als er noch Förster der Berner Bürgergemeinde war. In Bern betreute er 3500 Hektaren Wald, mit der deutschen Gesellschaft werden schon heute 11'500 Hektaren Wald bewirtschaftet. Mit dem Post-Wald, den nun Flückiger aus der Schweiz mitbringt, wächst die Fläche weiter an.

Geht es nach der Unternehmensleitung, sollen weitere Waldstücke zur Aufbesserung der Ökobilanz ins Portfolio des Schweizer Postkonzerns kommen. Bundesrat Albert Rösti hat in einer Parlamentsdebatte allerdings klargemacht, dass dies wohl vorerst die erste und letzte Waldbeschaffung sein werde. Da hat er allerdings nicht gewusst, wer der Förster sein wird.

(aargauerzeitung.ch)

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Cotten91
24.03.2024 23:55registriert September 2019
Stellt euch vor, dein Unternehmen kauft sich irgendwo auf der Welt ein wenig Wald und wird dann als "grün" bezeichnet. Sachen gibts die gibts gar nicht
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BG1984
25.03.2024 01:03registriert August 2021
Moment mal: er war Geschäftsführer des Verbandes der Berner Waldbesitzer und Förster der Burgergemeinde Bern.

Wie begleitete er die Firma Woodex? Als Verwaltungsrat? Ist das Zufall, dass diese für die Burgergemeinde Bern im Einsatz ist?

Ist es auch Zufall, dass eine Deutsche Firma plötzlich einen Berner Förster beschäftigt und den Auftrag von der Schweizer Post bekommt?

Gschäftlimacher...
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Klausi Mausi
24.03.2024 22:10registriert November 2019
Die Post kauft ein Stück bestehenden Wald und hat dadurch eine bessere Öko-Bilanz, auch wenn es effektiv 0 Quadratmeter mehr Wald auf der Welt gibt?

Ich hoffe schwer, dass ich da etwas missverstehe.
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