Die 16-Milliarden-Franken-Frage ging im Trubel rund um die Rettung der Credit Suisse unter. Doch beantwortet ist sie noch lange nicht. Und ad acta gelegt werden kann sie auch nicht - angesichts der drohenden Klagen. Angelsächsische Kanzleien wetzen die Messer, und auch in der Schweiz rufen Anwälte die Geschädigten auf, aktiv zu werden. Eine von diesen Kanzleien ist Jacquemoud Stanislas aus Genf, der auch der frühere Mitte-Nationalrat Guillaume Barazzone angehört.
Was ist passiert? Am denkwürdigen Sonntag, 19. März, haben die Behörden nicht nur das Ende der Credit Suisse und deren Verkauf an die UBS besiegelt. Denn damit dieser überhaupt gelang, musste auch an ein paar zusätzlichen Stellschrauben gedreht werden. Eine davon betrifft die sogenannten Additional-Tier-1-Bonds oder kurz AT1-Anleihen.
Das sind - vereinfacht gesagt - verlustabsorbierende Anleihen, die im Fall, dass eine systemrelevante Bank bei der Kernkapitalquote unter eine bestimmte Marke fällt, von Fremd- in Eigenkapital gewandelt werden. Bei einer Staatsrettung hingegen können die Anleihen auch ganz abgeschrieben werden.
Und genau das ist bei der Credit Suisse passiert, obwohl Finanzministerin Karin Keller-Sutter am besagten Sonntag betonte: «Dies ist keine Rettungsaktion. Es ist eine private Lösung.» Fakt ist: Die Gläubiger haben insgesamt 16 Milliarden Franken verloren, und die Credit Suisse hat ihre Schuldenlast um 16 Milliarden Franken verkleinert, was sie wiederum für die UBS attraktiver machte.
Formell war esdie Finanzmarktaufsicht (Finma), die entschieden hat, die AT1-Anleihen vollständig abzuschreiben. Sie hat sich dabei auf den Ausgabeprospekt der Anleihen sowie auf die am selben Tag erlassene Notverordnung des Bundesrats gestützt, wie sie selbst festhält. Diese erlaubt es der Finma, «zusätzliches Kernkapital abzuschreiben».
Zu Unrecht, wie Rechtsanwalt Barazzone und seine Kollegen jetzt vermuten. Für Juristenfutter ist gesorgt. Die Genfer jedenfalls empfehlen in einem Newsletter ihren Klienten und anderen Haltern von AT1-Anleihen zu klagen. Und sie raten, vorwärtszumachen. Denn die Zeit dränge. Gemäss ihrer Einschätzung können die Gläubiger solcher Anleihen den Finma-Entscheid nur bis zum 3. Mai 2023 vor dem Bundesverwaltungsgericht anfechten.
Der 16-Milliarden-Abschreiber sorgt aber nicht nur auf dem juristischen Parkett für rote Köpfe, sondern vor allem auch auf den Finanzmärkten. «Es ist ein herber Schlag für das ganze Marktsegment», sagt Mojmir Hlinka, Chef der Vermögensverwaltungsfirma Agfif International und Experte für Marktpsychologie.
«Die Marktverwerfungen waren immens.» Noch werden etliche dieser Papiere mit Abschlägen zwischen 10 und 20 Prozent gehandelt auf dem spezifischen Markt, der immerhin rund 250 Milliarden Franken schwer ist. Nicht nur das: Auch andere Unternehmensanleihen haben - jedenfalls vorübergehend - Einbussen erlitten.
Ob sich der Markt für die verlustabsorbierenden Anleihen wieder erholen will, ist ungewiss. «Solche Ereignisse schüren Angst», sagt Hlinka, «die Märkte sind noch immer sehr verunsichert.» Zudem, gibt der Vermögensverwalter zu bedenken, werde dieses Vorgehen negative wirtschaftliche Folgen für das Schweizer Emissionsgeschäft mit diesen spezifischen Bonds haben.
Dazu trägt auch bei, dass die Schweizer Behörden bei der Credit-Suisse-Rettung die Reihenfolge der Opfer geändert haben: Normalerweise sind es die Aktionäre, die alles verlieren, bevor andere zur Kasse gebeten werden. Hier nun mussten die Anleihehalter einen Totalverlust hinnehmen, während die Eigentümer ihre CS-Aktien gegen UBS-Aktien eintauschen können. Es ist zwar für sie ein schlechter Tausch, aber je nachdem, wie sich die UBS-Aktie entwickelt, schaut dann doch noch etwas heraus.
Auf den Finanzmärkten wurde diese «eklatante Umkehrung der Gläubigerhierarchie» am Folgetag der CS-Rettung lautstark kritisiert, und Christine Lagarde, die Chefin der Europäischen Zentralbank, sah sich gezwungen, klarzustellen, dass dieser Schweizer Weg der Enteignung der Anleihegläubiger in Europa keineswegs Schule machen werde.
Doch der Schaden ist angerichtet. Und das hat letztlich auch politische Folgen. Denn diese Wandelanleihen sind integraler Bestandteil des «Too big to fail»-Konzepts, an dem die Behörden festhalten, obwohl es sich im Ernstfall nicht wirklich anwenden liess, wie das CS-Debakel deutlich macht. Zum «Too big to fail»-Regime gehört, dass systemrelevante Banken Kernkapitalvorgaben erfüllen müssen. Diese sichern sie zusätzlich mit Wandelanleihen ab. Bricht der Markt mit verlustabsorbierenden Anleihen zusammen, dann braucht es neue «Puffer». (aargauerzeitung.ch)
Die Einzigen die nun an diesen Anleihen nicht Geld verdienen sind Anwälte.
Diese Anleihen waren auch mit teilweise 9% verzinst und NUR Profis vorbehalten. Kein hierundjetzt der Welt hatte dazu Zugang.
Daher: pfff mir egal. Wer im 2022 9%ige Anleihen kauft weis warum.
Aber die AT1 Anleihen waren nur für Profianleger zugänglich. Also Leute mit "Ahnung". Herr Hugentobler aus Hinterpfupfigen konnte die nicht erwerben. Da waren Zinscoupons von über 7% wenn ich mich nicht irre. Und das im Negativzinsumfeld. Wenn die Papiere ja so sicher wären, wie sich jetzt auf den Standpunkt gestellt wird, dann gäbe es keine 7% Zins...