Viagogo bekommt Ärger. Bild: sda
Weitere Klage gegen die Ticket-Verkaufsplattform Viagogo: Die Stiftung Konsumentenschutz hat Strafanzeige wegen Betrug und unlauteren Geschäftspraktiken gegen die Ticket-Verkaufsplattform eingereicht.
Viagogo nutze das Wirrwarr der weltweit pandemiebedingten und unkoordinierten Lockdowns aus und verkaufe systematisch Tickets für Anlässe, die nicht stattfinden werden, schreibt die Stiftung in einer Mitteilung vom Mittwoch. Gesuche um Rückerstattung der bezahlten Kaufpreise würden von Viagogo mit nichtssagenden Antworten abgespiesen.
Um die Vorwürfe zu untermauern, machte der Konsumentenschutz Testkäufe. Mitte Januar erstand er bei Viagogo je ein Ticket für einen Auftritt der Comedienne Stéphanie Berger im Kofmel Solothurn und für ein Konzert zweier holländischer Musiker in Amsterdam, Holland.
Die Veranstaltungen sollten Mitte Februar respektive Mitte März stattfinden, die Durchführung wurde durch Viagogo ausdrücklich bestätigt. In Wirklichkeit waren beide Veranstaltungen bereits zum Zeitpunkt des Kaufs abgesagt, wie der Konsumentenschutz betont. Auf die Gesuche um Rückerstattung der bezahlten Kaufpreise habe Viagogo geantwortet, die gegenwärtige Situation sei schwierig einzuschätzen und es werde noch mehrere Monate dauern, bis eine Rückzahlung allenfalls möglich sei.
Aus Sicht des Konsumentenschutzes sei dies eine hinterhältige Geschäftemacherei, die dringend gerichtlich verurteilt und untersagt werden müsse, heisst es in der Mitteilung.
Bei Viagogo heisst es in einer Stellungnahme: «Wir bearbeiten eine enorme Anzahl von Eventverschiebungen auf der ganzen Welt und entschuldigen uns für eventuelle Verzögerungen. Sobald der Status einer Veranstaltung feststeht, sind wir in der Lage, entsprechend zu handeln und unsere Kunden so schnell wie möglich zu informieren. Sollten die Veranstaltungsinformationen zum Zeitpunkt des Kaufs nicht korrekt sein, haben Käufer Anspruch auf eine Rückerstattung. Sollten darüber hinaus Tickets für abgesagte Veranstaltungen zum Verkauf angeboten werden, handelt es sich um einen Fehler, der auf die vielen Veranstaltungsänderungen zurückzuführen ist, die viagogo aufgrund der aktuellen Umstände überprüft. Wenn eine Veranstaltung verschoben wird, behalten Tickets gemäß unseren allgemeinen Geschäftsbedingungen ihre Gültigkeit. Es besteht daher kein Anspruch auf Rückerstattung. Wird eine Veranstaltung komplett abgesagt, haben die Nutzer Anspruch auf eine Barauszahlung oder einen Gutschein im Wert von 125 Prozent des Kaufpreises.»
Es ist nicht die erste Klage gegen Viagogo in der Schweiz: Das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hatte 2017 Klage wegen unlauteren Wettbewerbs eingereicht. Es kritisierte, dass die Konsumentinnen und Konsumenten zum damaligen Zeitpunkt nicht auf den ersten Blick darüber informiert wurden, dass Viagogo nicht ein Ticketverkäufer wie Ticketcorner oder Starticket ist, sondern ein Marktplatz, auf dem sich Verkäufer und Käufer finden - ähnlich wie Tutti oder Ricardo.
Die Klage wurde vom Handelsgericht Zürich und vom Bundesgericht grösstenteils abgewiesen. Allerdings platzierte Viagogo noch während des Verfahrens vor dem Handelsgericht auf den Webseiten den Hinweis «Wir sind der weltweit grösste Sekundärmarktplatz für den Verkauf von Live-Event-Tickets.» Die Preise würden von den Verkäufern festgelegt und könnten unter oder über dem Marktpreis liegen.
In mehreren europäischen Ländern ergingen gegen Viagogo und mit ihr verbandelte Personen dagegen bereits Gerichtsurteile. In Österreich erklärte der Oberste Gerichtshof im Februar 42 Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbestimmungen von Viagogo als ungültig. Auch in Grossbritannien wurde Viagogo zu verschiedenen Änderungen verpflichtet.
Viagogo ist ein international tätiges Unternehmen mit Sitz in Genf. Seit vielen Jahren ärgere und prelle Viagogo Kundinnen und Künstler, schreibt der Konsumentenschutz.
Bislang hätten die Hauptprobleme darin bestanden, dass Viagogo die gekauften Tickets nicht liefere, dass diese ungültig seien und Viagogo generell überrissen hohe Preise fordere. Mit der Corona-Pandemie kommt nun die neue Masche des systematischen Verkaufs von Tickets für längst abgesagte Veranstaltungen dazu. (sda)