Wer seinen Wocheneinkauf im Ausland erledigt, könnte künftig stärker zur Kasse gebeten werden. Detailhändler und Bauernverband drängen darauf, dass die sogenannte Wertfreigrenze gesenkt wird: Einkaufstouristen sollen bei der Einreise in die Schweiz die Mehrwertsteuer bezahlen müssen, wenn der Wert der Waren mehr als 50 Franken pro Person und Tag übersteigt. Heute ist dies erst ab 300 Franken der Fall.
Der Verband der Detailhandelsunternehmen Swiss Retail Federation argumentiert, das heutige System sei unfair. «Der Gesetzgeber setzt heute falsche Anreize und begünstigt den Einkaufstourismus noch», kritisiert Direktorin Dagmar Jenni. Es dürfe nicht sein, dass diejenigen, die im Ausland einkaufen, bis 300 Franken keine Mehrwertsteuer in der Schweiz zahlen und zudem die ausländische Mehrwertsteuer sparen könnten, da diese zurückerstattet wird. «Sie werden doppelt steuerlich bevorteilt», so Jenni. Die heutige Regelung der Wertfreigrenze von 300 Franken sei «de facto eine Subventionierung des ausländischen Detailhandels».
Auch der Schweizer Bauernverband und die IG Detailhandel, in der Migros, Coop und Denner zusammengeschlossen sind, drängt auf eine Senkung. Geschäftsführerin Maja Freiermuth kritisiert, die hohe Wertfreigrenze verschaffe Händlern im angrenzenden Ausland einen Wettbewerbsvorteil und mache Grosseinkäufe im Ausland attraktiv. «Das bedeutet für den Schweizer Detailhandel Umsatzausfälle in Milliardenhöhe.» Es geht also um viel Geld, das die Detailhändler lieber in Schweizer Laden-Kassen hätten.
Auf Druck des Parlaments ist der Bundesrat bereits aktiv geworden: Er schlägt eine Halbierung der Wertfreigrenze von 300 Franken auf 150 Franken vor, wirksam ab nächstem Jahr. Momentan läuft dazu die Vernehmlassung. Und während Detailhändler und Bauern eine noch tiefere Grenze fordern, um eine stärkere Wirkung zu erzielen, lehnen Konsumentenschützer und der Preisüberwacher eine Senkung ab.
Nach Ansicht der Stiftung für Konsumentenschutz liegt das Problem nämlich woanders: Dass die Konsumenten im Ausland einkaufen, liege nicht an der Zollfreigrenze, «sondern an den überrissenen Preisen in der Schweiz», kritisiert sie. Teilweise seien in den Nachbarländern identische Produkte grundlos massiv günstiger.
Auch der Preisüberwacher Stefan Meierhans hält die Senkung von 300 auf 150 Franken für falsch. Die Massnahme werde den Einkaufstourismus kaum wesentlich beeinflussen können, weil die Mehrwertsteuer «die teilweise riesigen Preisunterschiede» zwischen der Schweiz und dem Ausland bei weitem nicht kompensieren könne, schreibt Jana Josty, Sprecherin des Preisüberwachers. Das Parlament sollte die Hochpreisinsel bekämpfen. Josty wählt deutliche Worte: Im Inland die Preise hochzuhalten «und die Konsumentinnen und Konsumenten einzusperren zu versuchen», sei sicher nicht der richtige Weg.
Die Swiss Retail Federation geht ebenfalls davon aus, dass eine Senkung auf 150 Franken keine oder nur eine kleine Wirkung zeigen würde – deshalb die Forderung nach einer Senkung auf 50 Franken. Den Vorwurf der überrissenen Preise weist Direktorin Jenni zurück. Die Kosten seien für Schweizer Anbieter massgeblich höher als für die Mitbewerber in den Grenzregionen, gibt sie zu bedenken. Bei einer Vollkostenrechnung, die unter anderem auch die Fahrkosten oder die Auslagen für Benzin einschliesst, seien Schweizer Anbieter zudem oftmals nicht teurer als die Konkurrenz.
Und Sandra Helfenstein, Sprecherin des Bauernverbands, verweist darauf, dass ein durchschnittlicher Schweizer Haushalt 6,2 Prozent seines verfügbaren Haushaltsbudgets fürs Lebensmittel ausgebe. «Das Essen ist bei uns im Vergleich zu den Löhnen also günstig.»
Umstritten ist, wie gross der Aufwand wäre, wenn die Freigrenze auf 150 Franken gesenkt würde. Der Bund schreibt im erläuternden Bericht, es sei mit vermehrten Verzollungen am Schalter und in der Folge auch mit Verkehrsbehinderungen an den Grenzübergängen zu rechnen. Bei einer Senkung auf 50 Franken wären noch mehr Einkaufstouristen betroffen.
Die Befürworter einer Senkung verweisen auf die Quickzoll-App, die den Gang zum Schalter erspart. Nur: Momentan werden dort alle Waren zum Mehrwertsteuersatz von 8,1 Prozent besteuert. Wer will, dass für seinen Lebensmittel-Einkauf der tiefere Satz von 2,6 Prozent angewendet wird, muss an den Schalter. Erst ab 2027 soll das in der App möglich sein.
Der Preisüberwacher geht deshalb davon aus, dass die Senkung auf 150 Franken dem Staat einen grösseren Aufwand beschert, als er durch die zusätzlichen Mehrwertsteuer einnimmt – mindestens, solange die App nicht vollständig funktioniert.
Wie war das nochmal mit der freien Marktwirtschaft? Gleiche Spielregeln für alle und die Nachfrage regelt den Markt? Das ist vielen glaub doch zu anstrengend, wenn das andere auch fordern, gell FDP und SVP 😉
Die Detailhändler dürfen mir also die Deutsche/Chinesische Ware mit Schweizer Zuschlag weiterverkaufen - ohne einen Mehrwert zu bieten.
Victorinox, Kuhn Rikon, Swatch, etc. haben kein Einkaufstourismusproblem, weil Mehrwert für den Mehrpreis geboten wird.
Eine Industrie zu subventionieren, welche im Vergleich zum Ausland nicht wirtschaftlich genug und innovativ sein kann ist absolut dämlich - das schadet der Schweiz langfristig.
Leute die meinen Geld lokal auszugeben habe was mit Patriotismus zu tun haben Wirtschaft und Globalisierung nicht verstanden.