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Silicon Valley Bank: Die Bankenpleite erklärt in 4 Punkten

Silicon Valley was? Das US-Banken-Beben erklärt in 4 Punkten

13.03.2023, 12:2013.03.2023, 16:59
Lara Knuchel
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Am Freitag musste die sechzehntgrösste Bank der USA, die Silicon Valley Bank, zwangsläufig schliessen. Es war der zweitgrösste Bankenkollaps in der Geschichte des Landes.

Der Kollaps der Bank führt derzeit zu Ängsten an den Märkten, es könnte lediglich der Anfang einer weiteren Finanzkrise sein. Doch bevor wir weiter spekulieren: Was ist eigentlich genau passiert? Eine kurze Erklärung des Silicon-Valley-Bank-Desasters und wie es dazu kam:

Was machte die SVB?

Die Silicon Valley Bank, kurz SVB, war bis vor ihrem Kollaps die sechzehntgrösste Bank in den USA. Sie wurde bereits Anfang der 80er-Jahre gegründet, begann aber vor allem nach der Finanzkrise mit ihrem grössten Geschäft: der Förderung von Hightech-Unternehmen und Start-ups.

March 11, 2023: Jan 31, 2020 Santa Clara / CA / USA - Silicon Valley Bank headquarters and branch; Silicon Valley Bank, a subsidiary of SVB Financial Group, is a U.S.-based high-tech commercial bank - ...
Bild: imago

So mauserte sich die SVB, die den aufstrebenden Firmen die nötige Finanzierung bereitstellte, zur Hausbank des Silicon Valleys; 2016 hatte die SVB einen Marktanteil von über einem Viertel im Tal der Tech-Industrie und war damit dort die bedeutendste Bank. Gemäss einer Analyse des Medienunternehmens Bloomberg war rund die Hälfte aller Start-ups in den Vereinigten Staaten Kunde bei der Silicon Valley Bank.

Die Tech-Unternehmen ihrerseits lagerten ihr Geld bei dem Finanzinstitut. Und das war dank eines Investitionsbooms im Techsektor in den letzten Jahren je länger je mehr. Zum Zeitpunkt ihres Zusammenbruchs hatte die SVB eine Bilanzsumme von etwas über 209 Milliarden Dollar. Das ist viel, aber im Vergleich zu den grössten Banken in den USA – die grösste davon JP Morgan Chase (3,2 Billionen Dollar) – galt die Silicon Valley Bank immer noch als eine der kleineren in den Staaten.

Was ist passiert?

Am Freitag wurde die Silicon Valley Bank zwangsweise durch die US-Regulierungsbehörden geschlossen. Der Schliessung ging ein Run ihrer Bankkunden voraus, die ihre Einlagen panikartig abziehen wollten.

Der Kollaps der SVB ist die zweitgrösste Bankenpleite in der Geschichte der USA. Sie sorgte (und sorgt immer noch) für grosse Unruhen an den Märkten. Auch als Folge des SVB-Desasters fielen gegen Ende der Woche die Aktienkurse weltweit, dabei verloren insbesondere die Bankaktien an Wert. Nun geht die Angst um, die Turbulenzen könnten zu einer Kettenreaktion führen und weitere Unsicherheiten in Bezug auf das ganze Finanzsystem auslösen.

Wie kam es zum Bankrun?

Warum wollten die Kunden ihr Geld abziehen? Die Silicon Valley Bank wurde gleich doppelt von der kontinuierlichen Erhöhung der US-Leitzinsen durch das Federal Reserve System, Fed, getroffen. Einerseits, weil die höheren Zinsen auch den Techunternehmen zu schaffen machten: Sie verteuerten deren Finanzierung, weil sie auf Investitionen und Kredite höhere Zinsen zahlen mussten.

Federal Reserve Chairman Jerome Powell testifies during a Senate Banking Committee hearing on Capitol Hill in Washington, Tuesday, March 7, 2023. (AP Photo/Andrew Harnik)
Jerome Powell
Fed-Chef Jerome Powell macht immer wieder klar, dass die Zinserhöhungen noch lange kein Ende haben, solange die Inflation so stark wütet. Bild: keystone

Das hatte zur Folge, dass die Unternehmen in letzter Zeit Teile ihrer Einlagen, die sie bei der SVB parkiert hatten, abzogen, um ihre höheren Ausgaben decken zu können. Das alleine sollte aber eigentlich kein Problem sein. Zum Verhängnis wurde der SVB aber, dass sie die höheren Zinsen auch selbst zu spüren bekam.

Ihre vielen Kundengelder hatte die Bank nämlich zu grossen Teilen in US-Staatsanleihen sowie Hypothekenpapiere angelegt. Während der Pandemie und als die Techbranche ihren Höhepunkt erlebte, waren etwa 90 Milliarden Dollar so investiert – eigentlich also sehr sicher. Weil nun aber das Fed seine Zinsen so stark erhöhte, verloren diese Anleihen stark an Wert.

Der Wert von Staatsanleihen
Wer Staatsanleihen bei sich im Portfolio hat, darf sich über eine ziemlich sichere Anlage und regelmässige Zinsen, die darauf anfallen, freuen. Diese Zinsen sind aber im Umkehrschluss eher tief, weil das Risiko ebenfalls gering ist.
Wenn eine Zentralbank wie das Fed nun die Zinsen erhöht, werden auf Staatsanleihen, die neu herausgegeben werden, höhere Zinsen bezahlt. Diese sind somit am Markt begehrter und haben mehr Wert als die älteren – von denen die Silicon Valley Bank einen Haufen in ihren Büchern hatte.

Um ihren Kunden ihr Geld ausbezahlen zu können, war die SVB gezwungen, Teile ihrer Anlagen zu verkaufen. Doch weil diese nun einen viel tieferen Wert hatten, war es schwierig, sie loszuwerden. Der Verlust, der vorher zunächst lediglich buchhalterischer Natur war, begann sich nun auch in realen Werten zu manifestieren.

Als das Ausmass der Probleme sich erkennbar machte, versuchte die SVB noch, sich mit der Herausgabe von Aktien zu finanzieren. Als das bekannt wurde, begann die Panik – schliesslich kann es als ein Zeichen dafür gewertet werden, dass ein Unternehmen sich in gröberen finanziellen Schwierigkeiten befindet.

Als Folge davon verlor die SVB-Aktie am Donnerstag rund 60 Prozent ihres Wertes. Die Bank schaffte es nicht, sich kurzfristig zu finanzieren, und die Regulierungsbehörden entschieden sich am Freitag dafür, den Handel mit der Aktie vorbörslich zu stoppen und die Bank zu schliessen. Nicht geholfen hat dabei, dass auch mehrere grosse Kapitalgeber und Starinvestoren die Techfirmen dazu aufgerufen hatten, ihr Kapital besser aus der SVB abzuziehen.

Wie gefährlich ist die Pleite der SVB?

Keine Frage: Die Nervosität an den Märkten ist gross. Das zeigte sich erst heute Morgen wieder, als beispielsweise der SMI nach einem Sinkflug in der vergangenen Woche mit einem Minus in den Tag startete. Die Nervosität zeigt sich auch daran, dass am Wochenende eine weitere kleine Bank in New York schliessen musste, weil die Kunden ihr Vertrauen verloren hatten.

Allerdings sind derzeit vor allem auch viele Emotionen im Spiel. Und genau diese wollen die US-Behörden jetzt beruhigen. Zwar betonte die US-Finanzministerin Janet Yellen am Sonntag, man werde die SVB nicht staatlich retten («Das machen wir nicht noch einmal»). In der aktuellen Situation sei dies aber auch gar nicht nötig: «Das Bankensystem als Ganzes ist stabil.» Allerdings gab auch Yellen zu, dass man sich jetzt Sorgen um die Einleger mache. Entsprechend konzentriere man sich nun darauf, deren Bedürfnisse zu erfüllen.

Treasury Secretary Janet Yellen testifies during a House Ways and Means committee hearing on President Joe Biden's fiscal year 2024 budget request, Friday, March 10, 2023, on Capitol Hill in Wash ...
US-Finanzministerin Janet Yellen hatte viel zu tun übers Wochenende.Bild: keystone

Mit der Garantie zur Versicherung der Kundeneinlagen bei der Silicon Valley Bank wollen die US-Behörden Ruhe in den Sturm bringen. Nachdem mehrere Krisensitzungen übers Wochenende abgehalten wurden, gab Yellen bekannt, dass die US-Notenbank Fed, das Finanzministerium und der Bundeseinlagensicherungsfonds FDIC für sämtliche Gelder aufkommen würden, um die Einlagen bei der SVB zu garantieren. Eigentlich sind Einlagen nur bis zu den üblichen 250'000 Dollar über den Einlagensicherungsfonds FDIC garantiert.

Ab Montag können die Kundinnen und Kunden nun wieder auf ihr deponiertes Geld zugreifen, allerdings unter Aufsicht der Behörden. Doch das ist noch nicht alles: Sollten weitere Banken in Nöte geraten, würde man auch deren Kunden eine Versicherung garantieren, so Janet Yellen in einem Fernseh-Interview am Sonntag. Dafür wurde eigens ein neues Instrument namens Bank Term Funding Program (BTFB) angekündigt. Dieses ist beim Fed – und nicht beim Finanzministerium – angesiedelt und soll die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, um Kunden der SVB, der New Yorker Bank Signature (die ebenfalls schliessen musste) und allfälliger weiterer Kunden zu versichern.

Die US-Behörden sind bemüht, zu betonen, dass die Allgemeinheit nicht daran mitbezahlt. So versicherte die Finanzministerin, es würden keine Steuergelder dafür aufgewendet. Und Präsident Biden sagte, seine Regierung werde «diejenigen zur Verantwortung ziehen, die für diesen Schlamassel verantwortlich sind». So oder so ist aber klar: Insbesondere angesichts der weiterhin hohen Inflation – und somit der starken Reaktion der Notenbanken mit höheren Zinsen – ist der Sturm an den Märkten wohl noch länger nicht vorüber.

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42 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Der Micha
13.03.2023 13:14registriert Februar 2021
Ich bin gespannt wie viele jetzt mit dem "Shorten" reich geworden sind.

Es gab schon bei der letzten großen Finanzkrise einige, die das vorhergesehen haben und gegen den Hypothekenmarkt gewettet haben. Würde mich nicht wundern, wenn einige pfiffige Leute dies vorher auch schon bemerkt haben.
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Domimar
13.03.2023 12:36registriert August 2016
spannend. da ist aber noch ein "snb" reingerutscht, wo eigentlich "svb" stehen sollte.
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El_Chorche
13.03.2023 12:38registriert März 2021
Das US-Banken-Beben erklärt in 1 Punkt: Gier
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