Bitcoins sind nicht einfach eine neue Währung. Die Väter dieses virtuellen Goldes verfolgen hoch fliegende Ziele. Sie sehen in den Bitcoins eine private globale Leitwährung, die langfristig die staatlichen Zentralbanken ersetzen soll. «Zentralbanken bedeutet zentrale Planung, nicht Markt», sagt Jon Matonis, Mitgliedes des Aufsichtsrates der Bitcoin Foundation. «Wenn Sie an einen freien Markt für Zahnpaste glauben, warum glauben Sie nicht auch an eine freien Markt für Währungen?»
Matonis ist ein ehemaliger Devisenhändler bei Banken und Kreditkartenfirmen. Heute schreibt er eine regelmässige Kolumne im Magazin «Forbes» und ist einer der führenden Botschafter der Bitcoin-Bewegung.
Bitcoins knüpfen an einen alten Traum der beiden Ökonomen Ludwig von Mises und Alfred von Hayek. Die beiden führenden Vertreter der «österreichischen Schule» waren erklärte Gegner der Zentralbanken und plädierten für eine auf Gold gestützte, private Währung. Die Zentralbanken sind mit ihrer Geldpolitik für Inflation, Schuldenwirtschaft und Korruption verantwortlich. Gold hingegen kann nicht manipuliert werden und es ist in beschränkter Menge vorhanden. Wenn Währungen an Gold gekoppelt werden, dann ist die Inflation gebannt.
Das gleiche Prinzip gilt auch für die Bitcoins. Ein von einem Japaner namens Satoshi Nakamoto – wahrscheinlich ein Pseudonym – entwickelter Algorithmus kreiert bis ins Jahr 2140 genau 21 Millionen virtuelle Goldstücke. Diese können mit einer Software im virtuellen Datenmeer geschürft werden. Bitcoins werden auf acht Stellen hinter dem Komma aufgeteilt und können sich so auch kleinsten Einheiten anpassen. Vor allem dienen sie aber wie Gold als Ankerwährung, an denen Papierwährungen wie Franken, Dollar oder Euro gemessen werden.
Die an sich alte Idee von auf Gold gestützten Privatwährungen hat in jüngster Zeit neue Anhänger gefunden, vor allem in der IT-Szene. Sie betrachten die Zentralbanken als Feind der Freiheit und Agenten eines sozialistischen Staates.
Ron Paul, texanischer Kongressabgeordneter und Held der libertären Bewegung, drückt dies in seinem Bestseller 2010 erschienen Besteller «End the Fed» wie folgt aus: «Wenn man darüber nachdenkt, ist das Abwertung einer Währung Betrug. Damit wird von jedem gesparten und verdienten Dollar ein Teil gestohlen. Das beraubt die Menschen und macht sie ärmer. Die Zentralbank ist der schlimmste Feind des arbeitenden Menschen. Inflation ist die hinterhältigste und aggressivste Form von Besteuerung. Sie transferiert Wohlstand vom Mittelstand zu den privilegierten Reichen.» Und weiter: «Die Fed (die US-Zentralbank, Anm. d. Red.) ist verantwortlich für die Konjunkturzyklen. Es ist verantwortlich für Teuerung, Rezession, Depression und exzessive Schulden. (…) Ihre Politik ist immer destruktiv. Ohne Gegenwehr führt die Politik einer Zentralbank ins finanzielle Chaos – und genau das erleben wir gegenwärtig.»
Zentralbanken sind auch der Erzfeind der Bitcoin-Anhänger. Nochmals Jon Matonis: «Mit Bitcoins wird ein internationales Finanzsystem möglich, das nicht mehr auf Zentralbanken angewiesen sein und unverantwortliche Banker bestrafen wird.» Kein Wunder, dass die Zentralbanken ihrerseits keine ausgeprägten Fans des virtuellen Goldes sind. Der ehemalige Fed-Präsident Ben Bernanke hat im letzten November im US-Kongress vor Bitcoins gewarnt, genauso wie die European Banking Authority – die Bankenaufsichtsbehörde der 27 EU-Staaten – und die deutsche Bundesbank.
Russland und China haben Bitcoins inzwischen sogar verboten. Diese Verbote setzen der virtuellen Währung jedoch weit weniger zu als die jetzt bekannt gewordenen Ungereimtheiten um Mt. Gox. Sie bestätigen die Vorurteile gegen die virtuelle Währung und untergraben ihr wichtigstes Kapital, das Vertrauen. «Die Menschen vertrauen Gold, weil es – anders als Papiergeld – nicht manipulierbar ist. Als digitales Gold werden Bitcoins zu einer globalen Währung», erklärt Jon Matonis. Dieses Ziel ist nun wahrscheinlich in weite Ferne gerückt.