Wein und Pralinen, serviert aus einem Schädel: Bis 2015 war das Teil eines Rituals von Oxford-Akademikern am Worcester College. Der Schädel stammt mutmasslich von einer versklavten Frau aus der Karibik, wie der Guardian berichtet. Das enthüllt ein Buch von Prof. Dan Hicks, welches die gewalttätige Kolonialgeschichte geplünderter menschlicher Überreste untersucht.
Laut dem Archäologen Hicks, Kurator für Weltarchäologie am Pitt Rivers Museum der Universität Oxford, bereitete die zunehmende Unruhe unter den Kommilitonen 2015 dem Ritual im Gemeinschaftsraum ein Ende. Schliesslich lud das College 2019 Hicks ein, die Herkunft des Schädels zu untersuchen.
Hicks fand keine genauen Aufzeichnungen über die Person, aus deren Überresten die Schädelschale hergestellt wurde. Doch die Kohlenstoffdatierung ergab, dass der Schädel etwa 225 Jahre alt ist. Seine Grösse und die Indizien deuten nach Hicks darauf hin, dass der Schädel aus der Karibik stammt und möglicherweise einer versklavten Frau gehörte.
Die britischen Besitzer des Kelches sind hingegen gut dokumentiert: Der Kelch wurde dem Worcester College 1946 von einem ehemaligen Studenten, George Pitt-Rivers, gestiftet, dessen Name auf dem Silberrand des Schädels eingraviert ist. Der Eugeniker wurde von der britischen Regierung während des Zweiten Weltkriegs wegen seiner Unterstützung für den Gründer der «British Union of Fascists» Oswald Mosley, interniert. Der Becher war Teil der privaten Sammlung seines Grossvaters, des viktorianischen britischen Soldaten und Archäologen Augustus Henry Lane Fox Pitt Rivers, der 1884 das Pitt Rivers Museum gründete.
Ein Sprecher des Worcester College sagt gegenüber dem «Guardian», dass die Universität den Schädel-Kelch im 20. Jahrhundert sowohl ausstellte als auch als Trinkgefäss verwendete. Angaben zur Häufigkeit dieser Nutzung liegen dem College jedoch nicht vor.
Nach wissenschaftlicher und rechtlicher Beratung entschied das Leitungsgremium, dass die Schädelschale in seinem Archiv aufbewahrt werden sollte, «in einer respektvollen Art und Weise», in der der Zugang zu ihr dauerhaft verweigert wird, fügte die Sprecherin hinzu.
Für Hicks konzentriert sich die Debatte über das britische Erbe des Kolonialismus in der Regel darauf, wie den prominenten britischen Profiteuren, wie etwa Cecil Rhodes, durch Statuen, Objekte oder Institutionen ein Denkmal gesetzt wurde. Hicks wolle jedoch aufzeigen, wie die Identität der Opfer der Kolonialherrschaft oft aus der Geschichte ausgeklammert wurden, weil sie aufgrund rassistischer Vorstellungen und weisser Vorherrschaft nicht als beachtenswert angesehen wurden. «Die Entmenschlichung und Zerstörung von Identitäten war Teil der Gewalt», so der Archäologe gegenüber dem «Guardian».
Im Buch von Hicks werden auch andere Schädel beschrieben, die von berühmten viktorianischen Persönlichkeiten von kolonialen Schlachtfeldern geraubt und in ihren Häusern ausgestellt oder an Museen gespendet wurden.
Der Schädel der mutmasslich versklavten Frau im Worcester College stellt also kein Einzelfall dar.
Ich habe früher auch am liebsten aus meinem Pirates of the Caribean Totenkopf Kelch getrunken. Das Blut der Feinde schmeckt auf diese Weise einfach am Besten.
Arr!