Wissen

Schweizer Forscher widerlegen Kollegen: Dunkle Materie bleibt mysteriös

Schweizer Forscher widerlegen Kollegen: Dunkle Materie bleibt mysteriös

21.08.2015, 08:5921.08.2015, 09:35
Mehr «Wissen»

Die bislang unauffindbare Dunkle Materie bleibt weiterhin mysteriös. Schweizer Forscher widerlegen mit einer hochpräzisen Apparatur die Behauptung von Kollegen, dass sie die schwer fassbaren Teilchen bereits seit 14 Jahren nachweisen können.

Dunkle Materie macht gemäss Beobachtungen ein Viertel der Masse des Universums aus. Doch was sie ist und welches Teilchen dafür verantwortlich ist, ist bis heute unbekannt. Nur die Forschenden des DAMA/LIBRA-Experiments im unterirdischen Gran Sasso Labor in Italien glauben, dass es bereits seit Jahren seine Spuren in ihren Daten hinterlässt.

Astronomie

Nun präsentieren Wissenschaftler des konkurrierenden Dunkle-Materie-Detektors XENON100 Resultate, die diese Behauptung entkräften. «Der XENON100-Detektor gehört zu den weltweit präzisesten, dennoch war es uns nicht möglich, damit Dunkle Materie nachzuweisen», liess sich Marc Schumann von der Universität Bern in einer Mitteilung der Hochschule zitieren.

Atome oder Elektronen?

Das XENON100-Konsortium legt seine Resultate in zwei Fachartikeln in «Science» und «Physical Review Letters» dar. Im Zentrum steht die Annahme, dass sich Dunkle Materie durch Zusammenstösse mit Atomen bemerkbar machen soll – im Fall von XENON100 mit Atomen des Edelgases Xenon, aus dem der Teilchendetektor besteht.

Kunst-Installation «Dark Matter» an der Art Basel 2014.
Kunst-Installation «Dark Matter» an der Art Basel 2014.Bild: DENIS BALIBOUSE/REUTERS

Zusätzlich sollte die Bewegung der Erde um die Sonne zu einer jahreszeitlichen Schwankung dieses Signals führen. Das DAMA/LIBRA-Experiment hat mit seinem Natriumiodid-Detektor eine solche Schwankung gemessen – und als Hinweis auf Dunkle Materie interpretiert. Dies stehe jedoch im Widerspruch zu anderen Ergebnissen, sagte Laura Baudis von der Universität Zürich, die am XENON100-Experiment arbeitet.

Das Laboratori Nazionali del Gran Sasso.
Das Laboratori Nazionali del Gran Sasso.bild: pr

Die DAMA/LIBRA-Forscher konterten, dass die Dunkle-Materie-Teilchen eben nicht mit Atomkernen, sondern mit Elektronen in der Atomhülle zusammenstossen. Das konnten sie aber nicht nachprüfen, weil ihr Experiment nicht zwischen Atom- und Elektronenkollisionen unterscheiden kann.

Noch empfindlicherer Detektor

XENON100 hingegen, der zum Schutz vor störender kosmischer Strahlung ebenfalls im Gran-Sasso-Labor unter 1400 Meter Fels liegt, kann dies. Keines der untersuchten Modelle habe der Überprüfung durch XENON100 standgehalten, so das Fazit der Schweizer Forschenden. Folglich lasse sich das DAMA/LIBRA-Ergebnis auch nicht mit Dunkler Materie erklären, die nur von Elektronen gestreut wird.

Die neuen Ergebnisse bedeuten laut Schumann jedoch nicht, dass Dunkle Materie nicht existiert. Er vergleicht die flüchtigen Teilchen mit sehr kleinen Fischen im Meer. «Wir wissen, dass sie existieren, unsere Netze sind einfach noch nicht engmaschig genug, um sie einzufangen.»

Die Forschenden hoffen, dass das 100-mal empfindlichere Nachfolgemodell XENON1T, das derzeit im Gran Sasso installiert wird, so ein engmaschigeres Teilchen-Fangnetz sein wird.

(sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Themen
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
So schaffen es Orcas, bis zu 20 Meter lange Walhaie zu erbeuten

Manche Tiere jagen andere, die genauso gross sind wie sie selbst. Orcas gehören dazu. Forschende haben nun erstmals aufgenommen, wie die Schwertwale die grössten Fische der Welt fressen.

Zur Story