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Alte Raucher: Neue Art von Sternen im Herzen der Milchststrasse gefunden

A man looks a beautiful starry sky with the milky way early morning from a little cabin at the Ormont Valley, Switzerland, Friday, May 18, 2018. (KEYSTONE/Anthony Anex)
Die Milchstrasse, gesehen vom Vallée des Ormonts, Kanton Waadt. Bild: KEYSTONE

«Alte Raucher»: Forschungsteam findet neue Art von Sternen im Herzen der Milchstrasse

Bei der Suche nach noch sehr jungen Sternen ist ein internationales Forschungsteam in der Zentralregion der Milchstrasse unerwartet auf eine neue Art von sehr alten Sternen gestossen.
28.01.2024, 08:15
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Sie stossen dichte Wolken aus Staub aus und wurden von den Astronomen deshalb Alte Raucher getauft. Der ausgestossene Staub könne eine wichtige Rolle bei der Entstehung neuer Sterne und Planeten in einigen Regionen der Galaxis spielen, berichten die Wissenschaftler im Fachblatt «Monthly Notices of the Royal Astronomical Society».

«Unser eigentliches Ziel war die Entdeckung so genannter Protosterne, die über Monate oder gar viele Jahre andauernde, gewaltige Helligkeitsausbrüche zeigen», erläuterte Zhen Guo von der Universität Valparaiso in Chile. «Diese Ausbrüche ereignen sich in der rotierenden Scheibe aus Gas und Staub um die neu geborenen Sterne – und könnten die Entstehung von Planeten erschweren.» Bislang wissen die Astronomen nicht, was die Ursache der Ausbrüche ist. Deshalb wollten Guo und seine Kollegen möglichst viele solcher Ausbrüche erfassen und in ihrem Verlauf verfolgen.

Dank Infrarot den Sternen auf der Spur

Die Forscher nutzten bei ihrer Suche die Daten eines seit 2010 am Vista-Teleskop der Europäischen Südsternwarte in Chile laufenden Beobachtungsprojekts, das die Helligkeit von etwa einer Milliarde Sternen in der zentralen Verdickung der Milchstrasse misst. Vista beobachtet Infrarot-Strahlung und ist deshalb für das Aufspüren neu geborener Sterne besonders geeignet. Denn diese sind oft hinter Staubwolken verborgen und daher für optische Teleskope unsichtbar – doch die Infrarotstrahlung kann den Staub durchdringen.

Das Team war erfolgreich: Guo und seine Kollegen identifizierten 32 Protosterne mit Eruptionen, die ihre Helligkeit um das bis zu Dreihundertfache ansteigen liess. Viele dieser Ausbrüche dauern immer noch an und geben den Forschern so erstmalig die Möglichkeit, die rätselhaften Phänomene in ihrem gesamten Verlauf zu verfolgen.

Alte Raucher stossen grosse Mengen Staub aus

Doch neben dem eigentlich Gesuchten stiess das Team in den Vista-Daten auch auf etwas völlig Unerwartetes: Alte rote Sterne im Herzen der Milchstrasse, die ihre Helligkeit im Verlauf der Jahre auf rätselhafte Art und Weise veränderten. Insgesamt 21 dieser Himmelsobjekte identifizierten die Forscher. Sie hatten zunächst keinerlei Erklärung dafür, dass diese Sterne zunächst kaum sichtbar waren, dann aber immer heller wurden. Weitere Beobachtungen von sieben dieser Objekte lieferten schliesslich eine Erklärung: Offenbar hatten die Sterne gewaltige Wolken aus dichtem Staub ausgestossen, der ihre Helligkeit abgeschwächt hatte.

Diese Alten Raucher, wie die Astronomen den neuen Sternentyp getauft haben, befinden sich alle in einer scheibenförmigen Struktur im Zentrum der Milchstrasse. In dieser Scheibe, so schreiben die Astronomen, besitzen Sterne einen höheren Anteil an schweren Elementen als weiter aussen in der Milchstrasse. Und das, so Guo und seine Kollegen, könnte auch eine Erklärung für das Phänomen sein. Denn wenn mehr schwere Elemente vorhanden sind, kann sich in den kühlen Aussenschichten der Sterne auch mehr Staub bilden.

Warum allerdings die Alten Raucher über lange Zeiträume ruhig leuchten und dann plötzlich ihren Staub in grossen Eruptionen ausstossen, bleibt zunächst ein Rätsel. Mithilfe weiterer Beobachtungen der neuen Sterne wollen die Forscher der Ursache der Staub-Ausbrüche auf die Spur kommen. Denn der von den Alten Sternen ausgestossene Staub könnte in der Zentralregion der Milchstrasse und anderer Galaxien eine wichtige Rolle bei der Umverteilung der schweren Elemente im All spielen. Diese schweren Elemente wiederum beeinflussen die Entstehung neuer Sterne und Planeten – insbesondere auch von Gesteinsplaneten wie unserer Erde. (sda/dpa)

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quelle: nasa, esa, csa
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