Alle wahrhaft grossen Gedanken kommen beim Gehen, wusste schon Friedrich Nietzsche (1844–1900). Nun kannte der grosse Denker zwar noch kein Handy , aber seine These ist heute eine von mehreren Theorien, die versuchen zu erklären, warum wir beim Telefonieren durch die Wohnung laufen – nicht die einzige, aber eine wichtige.
Denn wer sich bewegt, stimuliert das Gehirn . Deshalb raten Gesundheitsexperten gerade dazu, Telefonate nicht im Sitzen, sondern im Gehen zu führen. Das fördere die Konzentration und Kreativität; Informationen werden schneller verarbeitet. So können wir uns beim Telefonieren letztlich intensiver auf den Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung einstellen. Wir sind zudem oft wortgewandter und aufnahmebereiter. Deshalb sollten Telefongespräche mit möglichen Arbeitgebern – Stichwort: Bewerbungsgespräch – oder Geschäftspartnern zumindest im Stehen geführt werden.
Telefonieren gehört bekanntlich nicht zu den Ur-Tätigkeiten des Menschen. Im Gegenteil: Es stresst uns psychisch sogar ein wenig, weil wir uns auf das Gesprochene konzentrieren müssen und die nonverbale Kommunikation – Mimik und Gestik des Gegenübers – komplett entfällt. Das unbewusste Hin- und Herlaufen unterstützt uns dabei, Stress abzubauen, und mit dieser 'ungewöhnlichen' Situation besser klarzukommen.
Sie haben es vielleicht schon einmal selbst erlebt: Wenn Sie jemanden anrufen, der sitzt oder liegt, klingt er anders, als wenn er am anderen Ende der Leitung steht oder geht. Der Grund: Die Stimme eines Menschen, der sich aufrecht bewegt, empfinden wir oft als fester, dynamischer und bestimmter. Deshalb gehen manche Menschen ganz bewusst auf und ab, während sie mit jemandem telefonieren.
Ob Nietzsche jemals selbst telefoniert hat, wissen wir übrigens nicht. Zumindest kannte er aber das Wort. In seiner 1887 erschienenen Streitschrift «Zur Genealogie der Moral» schreibt er vom «Telephon des Jenseits». Falls Sie jemand von dort mal anruft, sollten Sie aber besser auflegen.
(t-online,ron )