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Schweizer Forscher entdecken Mittel gegen Ölpest

Der Beweis für die zugleich hydrophoben und oleophilen Eigenschaften der chemisch modifizierten Nanozellulose: Ein Wassertropfen (blau eingefärbt) perlt ab, während ein Öltropfen (rot eingefärbt) aufg ...
Der Beweis für die zugleich hydrophoben und oleophilen Eigenschaften der chemisch modifizierten Nanozellulose: Ein Wassertropfen (blau eingefärbt) perlt ab, während ein Öltropfen (rot eingefärbt) aufgesogen wird. Bild: Empa
Wunderwaffe aus Altpapier

Schweizer Forscher entdecken Mittel gegen Ölpest

Ein neues saugfähiges Material aus der Empa-Holzforschung könnte bei künftigen Ölkatastrophen helfen: chemisch modifizierte Nanozellulose. Der leichte Stoff saugt die Öllache auf, schwimmt auf dem Wasser und kann dann eingesammelt werden. 
06.05.2014, 13:5006.05.2014, 14:18
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Die Bilder sind bekannt: riesige Ölteppiche auf dem Meer, ölverschmierte Strände, Seevögel mit Teer im Gefieder. Wenn Tanker havarieren, die Erdöl in die Häfen der Industrieländer transportieren, dann wird aus dem Schmiermittel der Weltwirtschaft ein Gift für Natur und Umwelt. 

Die umweltfreundlichste Methode, um gegen eine Ölpest vorzugehen, ist das Aufsaugen und Einsammeln des schwimmenden Ölfilms. Forschern der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa ist es in Zusammenarbeit mit der Universität Bordeaux gelungen, ein sehr wirksames Saugmaterial zu entwickeln, wie die Empa mitteilt. Schwämme aus chemisch veränderter, «silylierter» Nanozellulose trennen gezielt den Ölfilm vom Wasser ab und lassen sich danach leicht einsammeln. 

Bis zum 50-fachen ihres Eigengewichts an Mineralöl oder Motoröl konnten diese Schwämme in Laborversuchen aufsaugen. Dabei blieben sie so in Form, dass sie mit einer Pinzette aus dem Wasser gezogen werden konnten. 

Nachdem der Schwamm die rot eingefärbte Ölschicht aufgesaugt hat, lässt er sich einfach aus dem Wasser ziehen und bleibt dabei in Form. Die Ölschicht wird selektiv vom Wasser abgetrennt. 
Nachdem der Schwamm die rot eingefärbte Ölschicht aufgesaugt hat, lässt er sich einfach aus dem Wasser ziehen und bleibt dabei in Form. Die Ölschicht wird selektiv vom Wasser abgetrennt. Bild: Empa

Damit die Schwämme nicht nur im Labormassstab, sondern auch bei echten Ölkatastrophen eingesetzt werden können, müssen sie noch weiterentwickelt werden, schreibt die Empa. Dazu werde nun ein Industriepartner gesucht. 

Zellulose aus Altpapier oder Stroh

Nanofibrillierte Zellulose (NFC), das Basismaterial für die Schwämme, wird aus zellulosehaltigen Abfallstoffen wie Stroh, Holzschliff oder Altpapier gewonnen. Die Stoffe werden mit Wasser versetzt und der wässrige Brei unter hohem Druck durch mehrere enge Düsen gepresst. Dabei entsteht eine gelartige Suspension aus langen, feinen, untereinander verbundenen Zellulosefasern und Wasser. 

Durch Gefriertrocknung entziehen die Forscher dann dem Gel das Wasser – es entsteht ein Nanozellulose-Schwamm. Allerdings saugt das unbehandelte Material gleichermassen Wasser und Öl auf und ist damit für den vorgesehenen Zweck noch untauglich. 

Den Empa-Forschern gelang es jedoch, die chemischen Eigenschaften der Nanozellulose in nur einem Verfahrensschritt zu verändern, indem sie dem Gel vor der Gefriertrocknung ein reaktives Alkoxysilan zusetzten. Dadurch verliert die Nanozellulose ihre hydrophilen Eigenschaften, wird nicht mehr von Wasser benetzt und verbindet sich nur noch mit öligen Substanzen. (dhr)

«Ultralightweight and Flexible Silylated Nanozellulose Sponges for the Selective Removal of Oil from Water,» Zhang Z., SeÌbe G., Rentsch D., Zimmermann T., Tingaut P., Chemistry of Materials. 2014, 26, 2659−2668.
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