Wissen
Forschung

Warum beim Händedruck auch unsere Nase ein wichtiges Wörtchen mitzureden hat

Händeschütteln dient nicht nur zur Begrüssung: Beim Händedruck werden auch chemische Botenstoffe übertragen. 
Händeschütteln dient nicht nur zur Begrüssung: Beim Händedruck werden auch chemische Botenstoffe übertragen. Bild: Shutterstock

Warum beim Händedruck auch unsere Nase ein wichtiges Wörtchen mitzureden hat

Hunde beschnüffeln sich bei der Begrüssung intensiv. Bei Menschen wäre ein solches Verhalten unfein – aber auch bei uns spielt die Nase eine wichtigere Rolle, als wir uns bewusst sind. 
11.03.2015, 10:2711.03.2015, 11:00
Mehr «Wissen»

Bei manchen Tieren gehört das gegenseitige Beschnüffeln zum Begrüssungsritual. Nicht so bei Menschen – hier gilt solches Verhalten als höchst unfein. Schlicht undenkbar, beim Vorstellungsgespräch am Personalchef zu riechen. Und doch beschnuppern wir uns bei der Begrüssung, allerdings indirekt und um einiges diskreter als unsere vierbeinigen Gefährten. 

Kaum haben wir die Hand unseres Gegenübers geschüttelt, riechen wir an unseren Fingern. Israelische Psychologen haben dieses unbewusste Verhalten mit versteckter Kamera dokumentiert. Ihre These: Einer der Gründe, warum wir einander die Hand geben, besteht darin, den Geruch des anderen zu erkunden

Drei typische Signalstoffe

Die Wissenschaftler des Weizmann-Instituts in Rehovot schüttelten zuerst zehn Versuchspersonen mit einem Gummi-Handschuh die nackte Hand. Danach analysierten sie die Handschuhe chromatographisch auf Geruchsstoffe – und sie wurden fündig: Die Hände der Probanden trugen drei typische soziale Botenstoffe, wie sie auch Hunde, Ratten oder Insekten zur olfaktorischen Kommunikation nutzen. Diese sogenannten Pheromone werden durch einen Händedruck auf die Haut des Gegenübers übertragen. 

Als nächstes mussten insgesamt 153 Versuchsteilnehmer jeweils allein in einem Raum auf einer Art Zahnarztstuhl Platz nehmen. Die Psychologen machten ihnen weis, sie müssten noch etwas warten, bis das Experiment beginne – dabei lief bereits eine versteckte Kamera. Drei Minuten später betrat einer der insgesamt 20 Assistenten den Raum und begrüsste die Versuchsperson. 

80 der Probanden wurden per Handschlag begrüsst, die restlichen 73 nur verbal mit einem «Guten Tag». Der Assistent erklärte dann jeweils, das Experiment beginne gleich, und verliess das Zimmer wieder. Die Probanden mussten dann weitere drei Minuten warten. 

Geschlechtsspezifisches Beschnüffeln

Die Auswertung der heimlich aufgenommenen Videos ergab, dass die Versuchspersonen nach der Begrüssung ihr Gesicht in der Nähe der Nase häufiger mit einer oder beiden Händen berührten. Ein Kontrollexperiment mit Luftstrommessung erbrachte zusätzlich den Nachweis, dass die Probanden tatsächlich an ihren Fingern rochen, wenn sie sie in die Nähe der Nase hielten: Die inhalierte Luftmenge stieg dann auf das Doppelte an.  

The handshake experiment (engl.).Video: Youtube/Weizmann Institute of Science

Aufschlussreich war auch der Befund, dass die Versuchspersonen auf das Geschlecht des Gegenübers reagierten: Bei Personen des gleichen Geschlechts hielten sie ihre Grusshand doppelt so lange in der Nähe der Nase; waren es hingegen Personen des anderen Geschlechts, wurde die linke Hand – also nicht die Grusshand – häufiger beschnuppert. 

Forschung

Für die Forscher zeigt dieser Unterschied, dass wir uns beim gleichen Geschlecht eher für den Geruch des Gegenübers interessieren, während uns beim anderen Geschlecht der Vergleich zwischen dessen Geruch und unserem eigenen wichtig ist.

Synchronisierung der Menstruation

Sozial-chemische Signale sind nicht nur für die Partnerwahl wichtig; sie können auch Angst verbreiten und die Hirnaktivität in Gruppen beeinflussen. Auch innerhalb des eigenen Geschlechts spielen sie eine wichtige Rolle: Sie synchronisieren beispielsweise nachweislich die weibliche Menstruation. Möglicherweise war es in der Frühzeit der Menschheit von Vorteil, wenn die Frauen einer Gruppe gleichzeitig fruchtbar waren. 

«Nagetiere, Hunde und andere Säuger beschnuppern einander normalerweise, und sie beschnüffeln einander während sozialer Interaktionen. Es sieht so aus, dass Menschen im Lauf der Evolution dieses Verhalten beibehalten haben – bloss auf einer unbewussten Ebene», erklärte Versuchsleiter Idan Frumin. (dhr)

Tierpsychologie: Spielende Tiere

1 / 16
Spielende Tiere
Spass und Spiel ermöglichten es Tieren, Fähigkeiten in relativer Sicherheit zu erwerben und zu verbessern, berichtet Richard Byrne von der Universität St Andrews.
quelle: x90004 / toby melville
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
Meeresfrüchte können zu giftigen Arsenverbindungen führen

Im Körper des Menschen können sich beim Konsum von Meeresfrüchten potenziell giftige Arsenverbindungen bilden. Ursache ist das in Meeresfrüchten oft vorkommende Arsenobetain. Es kann durch Darmbakterien zu teilweise giftigen Stoffen umgewandelt werden.

Zur Story