Der schlimmste Schmerz erreicht 9,7 auf einer 10er-Skala
Schmerzempfinden ist individuell. Zugleich beeinflussen zahlreiche Faktoren, wie wir Schmerz wahrnehmen – etwa das Geschlecht, der kulturelle Umgang mit Schmerz, die eigene Erwartungshaltung oder das eigene Rollenbild. Was für den einen ein leichter Schmerz ist, kann für den anderen eine kaum zu ertragende Tortur darstellen.
Dennoch gibt es gewisse Übereinstimmungen in der Beurteilung von Schmerzen. Zu den schlimmsten Schmerzen, die bei Befragungen jeweils genannt werden, gehören Koliken, die durch Nierensteine ausgelöst werden. So gaben etwa laut einer Studie aus dem Jahr 2017 mehr als 78 Prozent der weiblichen und beinahe 89 Prozent der männlichen Befragten an, Nierenkoliken seien die schlimmsten Schmerzen, die sie jemals erlebt hätten. Von den Frauen, die sowohl Geburtsschmerz als auch Nierenkoliken erlebt hatten, gaben beinahe zwei Drittel an, die Nierenkolik sei schmerzhafter gewesen.
Doch eine neuere Studie, die 2020 veröffentlicht wurde, kommt zu einem anderen Ergebnis. In dieser Befragung verglichen mehr als 1600 Personen, die an einer Studie über Cluster-Kopfschmerzen teilgenommen hatten, die Intensität von Cluster-Kopfschmerzen mit jener von anderen schmerzhaften Zuständen, beispielsweise Knochenbrüchen, Stichwunden oder Migräne-Anfällen. Die Befragten sollten dabei die Intensität der Schmerzen auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten, wobei ein Wert von 7 oder mehr Punkten als starker Schmerz galt.
Hier lag die Nierenkolik nur auf dem vierten Rang; mit einem Wert von 6,9 befand sie sich lediglich am oberen Ende der moderaten Schmerzen. Am schmerzhaftesten waren dagegen mit durchschnittlich 9,7 Punkten Cluster-Kopfschmerzen, deutlich vor Geburtsschmerzen mit einem Mittelwert von 7,2 und Pankreatitis (Entzündung der Bauchspeicheldrüse) mit 7,0. Weitere Schmerzauslöser, die Schmerzen mit einem Mittelwert von mehr als 5 Punkten verursachten, waren Gallensteine (6,3), Schusswunden (6,0), Bandscheibenvorfall (5,9), Migräne-Anfall (5,4), Fibromyalgie und Knochenfraktur (beide 5,2).
Ein Herzinfarkt wurde überraschenderweise nur mit 5,0 Punkten bewertet, obwohl Herzinfarkte zu den tödlichsten Erkrankungen gehören, die in der Studie aufgeführt sind. Die extrem schmerzhaften Cluster-Kopfschmerzen sind dagegen nicht lebensbedrohlich.
Selten, aber extrem schmerzhaft
Cluster-Kopfschmerzen sind sehr selten; sie betreffen schätzungsweise 0,1 Prozent der Weltbevölkerung, wobei vor allem Männer zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr betroffen sind. Die Kopfschmerzen treten in Perioden mit häufigen Anfällen auf, die als Cluster (engl. cluster = Gruppe, Häufung) bekannt sind. Solche Häufungen können wochen- oder sogar monatelang andauern, die Zeit dazwischen ist dagegen meist beschwerdefrei. Warum es zu den Beschwerden kommt, ist nicht bekannt.
Zu den Symptomen gehören starke stechende Schmerzen hinter einem Auge, die sich auf andere Bereiche des Gesichts, des Kopfes und des Halses ausbreiten; Schmerzen auf einer Seite des Kopfes; Unruhe; eine verstopfte oder laufende Nase, die schmerzt; sowie Veränderungen der Hautfarbe auf jener Seite des Gesichts, die schmerzt. Die heftigen Schmerzen sind von Betroffenen schon so beschrieben worden, als ob ein Nagel durch das Auge steche. Cluster-Kopfschmerzen können in den meisten Fällen erfolgreich medikamentös behandelt werden. (dhr)
