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Mars-Rover Perseverance findet organisches Material

This photo provided by NASA shows a rock collected by the Perseverance rover on Mars. NASA is launching two more mini helicopters to Mars in its effort to recover Martian rocks and soil samples and br ...
Bohrer des Mars-Rovers Perseverance mit einer Gesteinsprobe.Bild: keystone

Mars-Rover Perseverance findet organisches Material auf dem Roten Planeten

20.09.2022, 05:3720.09.2022, 14:42
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Seit dem 18. Februar 2021 untersucht der Mars-Rover Perseverance die Oberfläche unseres Nachbarplaneten. Nun hat der Rover in einem Flussdelta im Jezero-Krater Proben mit organischen Molekülen gesammelt, wie die Nasa berichtet. Es ist zwar nicht das erste Mal, dass auf dem Roten Planeten organisches Material gefunden wurde – darunter Ammoniak und Benzoesäure. 2018 gelang dies etwa dem Rover Curiosity und auch Perseverance wies 2021 organisches Material nach.

Doch es ist das Gebiet, aus dem die Moleküle stammen, das den Unterschied macht. Es gilt als vielversprechend, um hier Beweise dafür zu finden, dass es auf dem Mars einst Leben gab. «Wir haben den Jezero-Krater für die Erkundung durch Perseverance ausgewählt, weil wir dachten, dort gebe es die besten Chancen auf wissenschaftlich exzellente Proben», erklärt Nasa-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen. «Jetzt wissen wir, dass wir den Rover an den richtigen Ort geschickt haben.» In der Tat war die Wahl auf den Jezero-Krater gefallen, weil die Wissenschaftler dort auf zuvor von Raumsonden erstellten Aufnahmen eine Gegend ausgemacht hatten, die wie ein Flussdelta aussah.

Jezero-Krater auf dem Mars mit Standort des Rovers Perseverance
Das ehemalige Delta im Jezero-Krater. Karte: NASA/JPL-Caltech/MSSS/JHU-APL

Bisher höchste Konzentration an organischen Molekülen

Das grosse, fächerförmige Delta, das Perseverance nach der Erkundung des Kraterbodens nun seit Juli 2022 erforscht, entstand vor rund 3,5 Milliarden Jahren an einer Stelle, an der ein Fluss in den damaligen Kratersee mündete. Der See hatte ein Einzugsgebiet von etwa 15'000 Quadratkilometern und nahm über seine Zuflüsse grosse Mengen an Schwebstoffen auf. Die Sedimente, die sich damals ablagerten, haben sich längst zu einem feinkörnigen Gestein verdichtet, das die Geologen «Mudstone» nennen.

«Die im Delta untersuchten Steine haben die höchste Konzentration an organischen Molekülen, die wir bisher auf der Mission gefunden haben», stellt der am Perseverance-Projekt beteiligte Geochemiker Ken Farley fest. «Organische Moleküle sind die Bausteine des Lebens, daher ist es sehr interessant, dass wir Gestein haben, das in einer bewohnbaren Umgebung in einem See abgelagert wurde und organisches Material enthält.»

«Mit den richtigen Werkzeugen am richtigen Ort»

Die organischen Moleküle stammen aus einer Probe, die Perseverance am 20. Juli von einem etwa einen Meter breiten Marsfelsen namens «Wildcat Ridge» nahm. Wildcat Ridge entstand vor Milliarden Jahren, als sich Schlamm und feiner Sand im verdunstenden Salzwasser des Kratersees absetzten. Der Rover schabte einen Teil der Gesteinsoberfläche ab und analysierte die Probe mithilfe des ultravioletten Lasers seines SHERLOC-Instruments (Scanning Habitable Environments with Raman & Luminescence for Organics & Chemicals).

Photo taken after Perceverence collected two core samples from Wildcat Ridge. Abraded a round patch seen on the upper right to inspect the rock with its SHERLOC instrument.
Sample Collection and Rock  ...
Hier hat Perseverance Proben vom Wildcat Ridge entnommen. Die beiden Löcher sind die Stellen, an denen Kernproben entnommen wurden; die runde, flache Stelle daneben wurde abgeschliffen, um das Gestein mit dem SHERLOC-Instrument zu untersuchen. Bild: NASA/JPL-Caltech/ASU/MSSS

Die Analyse der Wildcat-Ridge-Probe ergab, dass sie eine Klasse organischer Moleküle enthält, die mit Sulfatmineralien verwandt sind. Solche Sulfatmineralien aus Sedimentgesteinen können Informationen über die aquatische Umgebung geben, in der sie entstanden sind.

«Diese Beziehung deutet darauf hin, dass während der Verdunstung des Sees sowohl Sulfate als auch organische Stoffe in diesem Gebiet abgelagert, konserviert und konzentriert wurden», erklärt Sunanda Sharma vom Jet Propulsion Laboratory, die das SHERLOC-Instrument betreut. «Ich persönlich finde diese Ergebnisse so bewegend, weil ich das Gefühl habe, dass wir zu einem sehr entscheidenden Zeitpunkt und mit den richtigen Werkzeugen am richtigen Ort sind.»

This pair of images shows two cylinders of rock the size of classroom chalk inside the drill of NASA's Perseverance rover from an outcrop called "Wildcat Ridge" in Mars' Jezero Cra ...
Zwei Gesteinszylinder (in der Grösse von Schulkreide) vom Wildcat Ridge im Inneren des Bohrers. Die Bilder wurden von der Mastcam-Z-Kamera des Rovers aufgenommen. Bild: NASA/JPL-Caltech/ASU/MSSS

Noch kein Beweis für Leben

Allerdings bedeutet der Fund von organischen Molekülen noch nicht zwingend, dass es sich bei diesen um Biosignaturen handelt – also um ein «chemisches Fossil», das einen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz von Leben in der Gegenwart oder Vergangenheit liefert. Denn es gibt auch chemische Prozesse, bei denen solche Moleküle entstehen, ohne dass Leben daran beteiligt ist. Bedeutsam ist der Fund, weil er an einer Stelle gemacht wurde, an der früher nachweislich flüssiges Wasser vorkam und wo daher Leben möglich gewesen wäre.

Dies bekräftigt auch Farley: «Der Sand, der Schlamm und die Salze, aus denen die Wildcat-Ridge-Probe besteht, wurden in ferner Vergangenheit unter Bedingungen abgelagert, die das Gedeihen von Leben ermöglicht haben könnten. Die Tatsache, dass das organische Material in einem solchen Sedimentgestein gefunden wurde – das dafür bekannt ist, dass es Fossilien von altem Leben auf der Erde bewahrt –, ist von Bedeutung.»

Two Perseverance Sampling Locations in Jezero's Delta: NASA's Perseverance rover collected rock samples for possible return to Earth in the future from two locations seen in this image of Ma ...
Zwei Probenahmestellen im Jezero-Delta: «Wildcat Ridge» (unten links) und «Skinner Ridge» (oben rechts).Bild: NASA/JPL-Caltech/ASU/MSSS

Da organische Verbindungen in kleinere Moleküle zerfallen, wenn sie erhitzt werden, sind sie schwierig nachzuweisen. Wenn sie jedoch zuvor mit anderen Chemikalien reagieren, erhöht dies die Wahrscheinlichkeit, dass sie analysiert werden können. Im Bordlabor stehen deshalb Lösungsmittel in neun speziellen Behältern bereit, die jeweils nur einmal verwendet werden können.

Nächste Mission soll Proben zur Erde bringen

Perseverance hat bisher insgesamt zwölf Gesteinsproben gesammelt. Die trotz aller Finesse eingeschränkten Instrumente an Bord des Rovers können diese Funde jedoch nicht so eingehend analysieren wie ein Labor auf der Erde. Die Proben werden daher an bestimmten Stellen gelagert; sie sollen in den 2030er-Jahren im Rahmen der Mars Sample Return Mission der Nasa geborgen, auf die Erde gebracht und dort genau untersucht werden.

The rock samples are cached in titanium tubes. A collection of them will soon be dropped on the surface.
In solchen Titanium-Behältern sollen die Proben auf dem Mars-Boden abgelegt und in einer späteren Mission geborgen und zur Erde gebracht werden.Bild: NASA/JPL-Caltech

Derzeit geht die Nasa davon aus, dass die ersten Bergungsversuche – in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumagentur ESA – erst etwa zwischen 2030 und 2035 unternommen werden. Wie genau die Bergung und der Rücktransport der Proben ablaufen werden, ist derzeit noch nicht entschieden. Möglich wäre, dass ein speziell dafür eingerichteter Lander im Jezero-Krater aufsetzt und eine kleine Rakete mitführt, die dann die Proben zu einem Raumfahrzeug im Mars-Orbit bringt. (dhr)

Die Erde vom Mars aus gesehen, 31. Januar 2014, vom Mars-Rover Curiosity aufgenommen.
Dorthin sollen die Proben gebracht werden: Die Erde, aufgenommen 2014 vom Mars-Rover Curiosity.Bild: NASA/JPL-Caltech/MSSS/TAMU
«Perseverance Explores the Jezero Crater Delta.»Video: YouTube/NASA Jet Propulsion Laboratory

Der Mars hat einen Rover mehr! Perseverance ist sanft gelandet

Video: watson
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48 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Menel
20.09.2022 07:45registriert Februar 2015
Wer verspürt auch den Drang, auf dem Mars buddeln zu wollen? 🤩
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Lienat
20.09.2022 09:32registriert November 2017
Falls sich noch jemand fragt, warum auf dem Mars so intensiv nach Spuren von Leben gesucht wird: Wir wissen, dass es auf der Erde Leben gibt - auf EINEM Planeten. Ein Stichprobenumfang von eins hat jedoch null statistische Relevanz. Würde man jedoch auf dem Mars Leben feststellen - und sei es auch nur in Mikrobenform - dann hätte solches auf zwei von zwei untersuchten Planeten existiert. Es wäre dann statistisch extrem wahrscheinlich, dass Leben auch auf unzähligen anderen Planeten existieren würde - vermutlich auch in intelligenter Form. Und das wäre ein echter Game Changer!
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Der Micha
20.09.2022 09:23registriert Februar 2021
Und genau deshalb muss die Weltraumforschung finanziert werden. Denn diese gibt auch der Menschheit was ab. Wesentlich mehr als das Militär.

Leider gibt es immer wieder Leute, die soweit nicht denken und es als Geldverschwendung betrachten.
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