Pithovirus sibericum ist sein Name. Mit 1,5 Mikrometer (0,0015 Millimeter) Länge ist es ein Gigant: Das grösste Virus, das jemals gefunden wurde. 30'000 Jahre lang war es im sibirischen Eis konserviert.
Das Riesenvirus infiziere lediglich bestimmte Amöben, berichten die Wissenschaftler in den «Proceedings» der US-Nationalen Akademie der Wissenschaften. Mit dem Tauen des Permafrostbodens in Sibirien oder beim Bohren nach Öl in der Arktis könnten jedoch weitere Viren frei werden und möglicherweise Tiere und Menschen gefährden, warnen die Forscher.
«Ein Wiedererwachen von Viren, die wie das Pockenvirus als ausgerottet galten und einen ähnlichen Vermehrungprozess haben wie das Pithovirus, ist nicht mehr nur eine Vorstellung aus der Welt der Science-Fiction», so die Forscher. Ein solches Szenario sei vielmehr auch in der wirklichen Welt realistisch.
Riesenviren sind etwa so gross wie Bakterien und sogar in einem Lichtmikroskop sichtbar. Bislang kannten die Forscher zwei sehr unterschiedliche Familien: die Megaviren und die Pandoraviren. Beide sind erst seit etwa zehn Jahren bekannt.
Das Team um Matthieu Legendre und Julia Bartoli von der Aix-Marseille Université (Marseille/Frankreich) spürte nun eine dritte Variante auf: das 1,5 Mikrometer (0,0015 Millimeter) lange Pithovirus. Dazu hatten die Wissenschaftler Proben des Permafrostbodens aufgetaut und dann im Labor mit Acanthamöben (Acanthamoeba castellanii) zusammen gebracht. Die Amöben dienten sozusagen als Köder, um den Viren eine Möglichkeit zu geben, sich wieder zu vermehren.
«Unseres Wissens ist dies das älteste, Eukaryoten-infizierende Virus, das bisher zum Leben erweckt wurde», schreiben die Forscher. Die Pithoviren scheinen charakteristische Merkmale der beiden anderen bekannten Riesenvirus-Familien in sich zu vereinen. In ihrer amphoren-ähnlichen Struktur ähnelten sie den Pandoraviren, während ihr Gen-Gehalt und die Art der Replikation an Megaviren erinnerten.
Angesichts der Grösse des Virus waren die Forscher von der geringen Zahl der im Erbgut codierten Proteine überrascht: Das Virus bildet scheinbar gerade einmal 467 Proteine. Das Genom der Pandoraviren codiert bis zu 2500, das der Megaviren immerhin bis zu 1000 Proteine.
Viren aus genetisch betrachtet völlig unterschiedlichen Familien können scheinbar die gleiche Struktur haben, schreiben die Wissenschaftler. Womöglich gebe es noch zahlreiche weitere Varianten von Viren, die eine Pandoravirus-ähnliche Struktur, aber in Grösse und Art ganz unterschiedliche genetische Merkmale besitzen. Die Jagd auf diese Viren habe gerade erst begonnen. (dhr/sda/dpa)