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Das Ozonloch über der Antarktis schliesst sich

Darstellung der Ozonschicht über der Antarktis. Der zentrale rote Bereich über der Antarktis zeigt das Ozonloch, während die umliegenden blauen Bereiche höhere Ozonkonzentrationen aufweisen.
Die Ozonschicht über der Antarktis: Der zentrale rote Bereich zeigt das Ozonloch, während die umliegenden blauen Bereiche höhere Ozonkonzentrationen aufweisen. Das Bild im Vordergrund ist vom 28. September 2024.Bild: MIT News

Für einmal Good News: Das Ozonloch schliesst sich

07.03.2025, 21:1107.03.2025, 21:11
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Dass sich die Ozonschicht über der Antarktis langsam erholt, ist schon seit einigen Jahren bekannt. Das Ozonloch, das sich jeweils im Frühling auf der Südhalbkugel über der Antarktis und zum Teil über Australien auftut und 1985 erstmals sicher nachgewiesen wurde, nimmt seit etwa zehn Jahren allmählich ab. Offenbar hat diese erfreuliche Entwicklung mit dem 1989 in Kraft getretenen Montreal-Protokoll zu tun, mit dem Fluorchlorkohlenwasserstoffe, kurz FCKW, verboten wurden, die die Ozonschicht zerstören. Diese Chemikalien wurden damals in Kühlsystemen, Klimaanlagen, Isolierungen und Aerosolen verwendet.

Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW)
FCKW sind eine grosse Gruppe von langlebigen organischen Verbindungen. Sie sind Kohlenwasserstoffe, bei denen Wasserstoffatome durch Chlor und Fluor substituiert wurden. FCKW sind unbrennbar, geruchlos, farblos und oft ungiftig; sie können als Treibgas oder Kältemittel verwendet werden. Durch ihre hohe Verweildauer in der Atmosphäre landen sie schliesslich in der Stratosphäre, wo sie durch die ultraviolette Strahlung der Sonne abgebaut werden. Dabei werden Chloratome freigesetzt, die Ozonmoleküle zerstören.

Ozon kommt natürlicherweise in der Stratosphäre der Erde vor und wirkt als eine Art Sonnenschutzmittel, das den Planeten vor der schädlichen UV-Strahlung der Sonne schützt. Beim Ozonloch handelt es sich übrigens nicht um ein echtes Loch, sondern um den Bereich, in dem die Ozonkonzentration unter einen bestimmten Schwellenwert fällt. Durch diesen saisonalen Ozonabbau konnten plötzlich schädliche UV-Strahlen die Erdoberfläche erreichen.

2016 fanden Forscher überzeugende Beweise dafür, dass sich die Ozonschicht tatsächlich erholt. Das Ozonloch schien jedes Jahr kleiner zu werden, insbesondere im September. Diese Beobachtungen waren jedoch eher qualitativer Natur. Nach wie vor bestanden grosse Unsicherheiten darüber, inwieweit diese Erholung auf konzertierte Bemühungen zur Verringerung ozonabbauender Stoffe zurückzuführen ist. Denn auch andere Faktoren konnten zum Schrumpfen des Ozonlochs beitragen, etwa Wetterschwankungen, die durch El Niño, La Niña oder den Polarwirbel verursacht werden.

Erholung dank FCKW-Verbot

Erstmals weist nun eine neue Studie mit hoher statistischer Sicherheit nach, dass die Erholung der Ozonschicht in der Tat hauptsächlich auf den Rückgang der ozonabbauenden Stoffe zurückzuführen ist – und nicht auf andere Faktoren wie natürliche Wetterveränderungen oder steigende Treibhausgasemissionen in der Stratosphäre. «Bisher gab es viele qualitative Hinweise darauf, dass sich die Ozonschicht über der Antarktis erholt», sagt Studienautorin Susan Solomon in einer Mitteilung des Massachusetts Institute of Technology. Dies sei aber die erste Studie, die diese Erholung wirklich quantifiziere. «Die Schlussfolgerung ist, dass sich das Ozonloch mit 95-prozentiger Sicherheit erholt, was grossartig ist. Es beweist, dass wir tatsächlich in der Lage sind, Umweltprobleme anzugehen und zu lösen.»

Das MIT-Team verwendete einen quantitativen Ansatz, um die Ursache für die Erholung des Ozons über der Antarktis zu ermitteln. Die Forscher verwendeten eine Methode namens «Fingerprinting», die von Klaus Hasselmann entwickelt wurde, der für diese Technik 2021 den Nobelpreis für Physik erhielt. Wenn es um den Klimawandel geht, dient diese Technik dazu, den anthropogenen Einfluss von natürlichen meteorologischen Schwankungen zu trennen und zu quantifizieren. In der neuen Studie nutzten die Forscher diese Methode, um den menschlichen Einfluss – durch die Verringerung der ozonabbauenden Emissionen – auf die Erholung der Ozonschicht zu identifizieren.

Simulationen in «Parallelwelten»

Die Forscher begannen mit Simulationen der Erdatmosphäre und erstellten mehrere «Parallelwelten», das heisst Simulationen der gleichen Weltatmosphäre mit unterschiedlichen Ausgangsbedingungen. So führten sie beispielsweise Simulationen durch, bei denen keine Zunahme von Treibhausgasen oder ozonabbauenden Stoffen angenommen wurde. In diesem Fall sollten die Ozonveränderungen ausschliesslich auf natürliche Wetterschwankungen zurückzuführen sein. Ausserdem führten sie Simulationen durch, bei denen nur die Treibhausgase zunahmen und die ozonabbauenden Stoffe abnahmen.

Satellitendaten zur Ozonschicht über der Antarktis nach Monaten und Höhenlagen.
Satellitendaten zur Ozonschicht nach Monaten und Höhenlagen.Bild: MIT News

Sie verglichen diese Simulationen, um zu sehen, wie sich das Ozon in der antarktischen Stratosphäre sowohl jahreszeitlich als auch in verschiedenen Höhenlagen veränderte. Sie erstellten eine Karte mit den Zeiten und Höhenlagen, in denen sich das Ozon über mehrere Jahrzehnte hinweg monatlich erholte. Am Ende entdeckten sie ein signifikantes Muster der Erholung des Ozons, das insbesondere auf den Rückgang der ozonabbauenden Stoffe zurückzuführen war.

Anschliessend suchte das Team in den tatsächlichen Satellitendaten des antarktischen Ozonlochs zwischen 2005 und heute nach diesem «Fingerabdruck». Es zeigte sich, dass der Fingerabdruck, den sie in den Simulationen gefunden hatten, im Laufe der Zeit in den Beobachtungen immer deutlicher wurde. Im Jahr 2018 war der Fingerabdruck am deutlichsten, und das Team konnte mit 95-prozentiger Sicherheit feststellen, dass die Erholung der Ozonschicht hauptsächlich auf den Rückgang der ozonabbauenden Stoffe zurückzuführen ist. «Was wir daraus lernen können, ist, dass Länder, die schnell handeln und sich an Verträge halten, ihre Emissionen schnell reduzieren können», stellt Studienleiter Peidong Wang fest.

2035 könnte das Ozonloch erstmals verschwunden sein

Wenn sich der Trend fortsetzt und der Fingerabdruck der Erholung der Ozonschicht immer deutlicher wird, erwarten die Forscher, dass es bald ein Jahr geben wird, in dem die Ozonschicht völlig intakt bleibt. Schliesslich sollte das Ozonloch dann für immer geschlossen bleiben. «Um 2035 könnten wir ein Jahr erleben, in dem es keinen Ozonabbau mehr gibt», sagt Solomon voraus. «Das wäre wirklich grossartig. Und manche Menschen werden sogar erleben, dass das Ozonloch noch zu ihren Lebzeiten komplett verschwindet.»

(dhr)

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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pat Andrea
07.03.2025 22:35registriert Juli 2024
Die Studie zeigt, dass wir komplexe Umweltprobleme als Spezies (zumindest in diesem Fall) lösen können. Hoffen wir, dass wir da noch weiterkommen...
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Zum Kommentar
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nature
07.03.2025 21:29registriert November 2021
Ob dies nun weiterhin untersucht wird? Mit den Rechten kann man sich da nicht sicher sein, denn solche Themen sind für diese woke. Rechts ist der Feind der Wissenschaft!
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Zum Kommentar
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