Wissen
International

In diesen 20 Ländern werden am meisten Menschen hingerichtet

2022 gab es weltweit so viele Hinrichtungen wie seit 2017 nicht mehr.
2022 gab es weltweit so viele Hinrichtungen wie seit 2017 nicht mehr.Bild: Shutterstock
Die Welt in Karten

20 Länder richten noch Menschen hin – eines sogar per Enthauptung

Die Zahl der gerichtlichen Hinrichtungen hat 2022 nach Angaben von Amnesty International den höchsten Wert seit fünf Jahren erreicht. Immerhin: Sechs Länder schafften im vergangenen Jahr die Todesstrafe vollständig oder teilweise ab.
16.05.2023, 16:2917.05.2023, 14:24
Philipp Reich
Folge mir
Mehr «Wissen»

Karte der Hinrichtungen und Todesurteile 2022

Mindestens 883 Hinrichtungen in 20 verschiedenen Ländern – das ist gemäss dem alljährlichen Bericht von Amnesty International die traurige Bilanz des Jahres 2022. Unter den weltweit bekannten Fällen waren auch 13 hingerichtete Frauen, davon 12 im Iran und eine in Saudi-Arabien.

In einigen Ländern wie China, Nordkorea und Vietnam, die für den häufigen Einsatz der Todesstrafe bekannt sind, ist die Zahl der Hinrichtungen geheim, sodass die tatsächliche Zahl der weltweit durchgeführten Hinrichtungen weitaus höher ist.

Zu den Daten:
Amnesty International sammelt die Angaben zu den einzelnen Ländern aus offiziellen Quellen, Richterentscheiden, von zum Tode Verurteilten und deren Angehörigen, Medienberichten und teilweise Zivilorganisationen.

In vielen Ländern – beispielsweise China, Nordkorea oder Vietnam – sind diese Zahlen ein Staatsgeheimnis und entsprechend schwierig zu verifizieren. Bei vielen im Bericht erwähnten Zahlen handelt es sich daher auch um Mindestzahlen, die Dunkelziffer kann noch viel grösser sein.

Die Entwicklung der letzten 10 Jahre

Verglichen mit dem Vorjahr bedeuten die 883 Hinrichtungen eine Zunahme von 53 Prozent. Wegen einer Hinrichtungswelle im Nahen Osten und in Nordafrika erreichte die Zahl der vollstreckten Todesurteile im Jahr 2022 den höchsten Stand seit fünf Jahren.

Schon seit dem Beginn der Corona-Pandemie steigt die Zahl der vollstreckten Todesstrafen wieder an. Zuvor verzeichnete Amnesty International nach dem Negativ-Höhepunkt im Jahr 2015 mit 1634 Hinrichtungen einen stetigen Rückgang.

Gründe und Methoden der Hinrichtungen

Rund 37 Prozent der Hinrichtungen basierten im vergangenen Jahr auf Drogendelikten. Besonders betroffen davon seien arme Menschen und Angehörige ethnischer Minderheiten, teilt Amnesty International dazu mit. Es sei Zeit, «dass Regierungen und die UNO den Druck auf jene erhöhen, die für diese eklatanten Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind, und dafür sorgen, dass internationale Schutzmassnahmen eingerichtet werden».

Bei den weiteren Gründen fehlen die Prozentzahlen. Angegeben ist nur noch, in welchen Ländern Personen wegen eines entsprechenden Vergehens exekutiert wurden.

  • Drogendelikte: China, Iran, Saudi-Arabien, Singapur
  • Wirtschaftskriminalität wie Korruption: China, Vietnam
  • Apostasie (Abkehr vom Glauben): Libyen
  • Entführung: Iran, Saudi-Arabien
  • Vergewaltigung: Bangladesch, Ägypten, Indien, Iran, Pakistan, Saudi-Arabien

Die folgenden Hinrichtungsmethoden kamen im vergangenen Jahr weltweit zur Anwendung: Enthauptung, Erhängen, Erschiessen und Giftinjektion. Nicht mehr zum Einsatz kommt der elektrische Stuhl, zuletzt wurde im Jahr 2020 im US-Bundesstaat Tennessee eine Person mit dieser Methode hingerichtet.

  • Enthauptung: Saudi-Arabien
  • Erhängen: Bangladesch, Ägypten, Iran, Irak, Japan, Myanmar, Singapur, Südsudan, Syrien
  • Giftspritze: China, USA, Vietnam
  • Erschiessen: Afghanistan, Belarus, China, Kuwait, Nordkorea, Palästina, Somalia, Jemen

Die meisten Hinrichtungen pro Land

Auch wenn die genaue Zahl der in China hingerichteten Menschen nicht bekannt ist, besteht gemäss Amnesty International «kein Zweifel» daran, dass das Land nach wie vor die meisten Hinrichtungen durchführt. Noch vor dem Iran, Saudi-Arabien und Ägypten.

Länder mit Hinrichtungen 2022:

  1. China: Tausende, keine offiziellen Angaben
  2. Iran: mindestens 576
  3. Saudi-Arabien: 196
  4. Ägypten: 24
  5. USA: 18
  6. Irak: mindestens 11
  7. Singapur: 11
  8. Kuwait: 7
  9. Somalia: mindestens 6
  10. Südsudan: mindestens 5
  11. Palästina: 5
  12. Jemen: mindestens 4
  13. Bangladesch: 4
  14. Myanmar: 4
  15. Belarus: 1
  16. Japan: 1
  17. Afghanistan, Nordkorea, Syrien, Vietnam: keine Angaben, aber mindestens eine Hinrichtung

Auf Platz 5 folgen die USA, insgesamt 18 Personen wurden dort im Jahr 2022 hingerichtet. Davon wurden je fünf Hinrichtungen in Texas und Oklahoma, drei in Arizona, jeweils zwei in Missouri und Alabama sowie eine in Mississippi durchgeführt.

Die meisten Todesurteile pro Land

2016 Personen wurden im Jahr 2022 gemäss dem Amnesty-Bericht zum Tode verurteilt. Damit gab es im letzten Jahr 36 Todesurteile weniger als im Jahr 2021. Allerdings gilt auch hier: Für einige Länder gibt es nur wenige bestätigte Fälle, die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher ausfallen.

Länder mit den meisten Todesurteilen:

  1. China: Tausende, keine offiziellen Angaben
  2. Ägypten: 538
  3. Iran: mindestens 500
  4. Bangladesch: mindestens 169
  5. Indien: 165
  6. Pakistan: mindestens 127
  7. Indonesien: mindestens 112
  8. Thailand: 104
  9. Vietnam: mindestens 102
  10. Kenia: 79
  11. Jemen: mindestens 78
  12. Nigeria: mindestens 77
  13. Demokratische Republik Kongo: mindestens 76
  14. Algerien: 54
  15. Irak: mindestens 41

Wo die Hinrichtungen zunehmen

Der Anstieg der Hinrichtungen im Jahr 2022 ist vor allem auf Entwicklungen im Nahen Osten und in Nordafrika zurückzuführen. Die Zahl der erfassten Hinrichtungen im Iran ist im Vergleich zum Vorjahr von 314 auf 576 gestiegen. In Saudi-Arabien verdreifachte sich die Zahl von 65 auf 196 im vergangenen Jahr. Das ist der höchste Wert seit 30 Jahren, den Amnesty für das Land verzeichnete.

In den USA wurden nach diesen Angaben im vergangenen Jahr 18 Menschen hingerichtet – im Jahr 2021 waren es noch 11 Fälle gewesen. In fünf Ländern wurden Hinrichtungen 2022 wieder aufgenommen: In Afghanistan, Kuwait, Myanmar, in den besetzten palästinensischen Gebieten und in Singapur wurden wieder Todesurteile vollstreckt.

Wo die Todesstrafe abgeschafft wurde

Sechs Länder haben die Todesstrafe im Jahr 2022 entweder ganz (Kasachstan, Papua-Neuguinea, Sierra Leone und die Zentralafrikanische Republik) oder teilweise (Äquatorialguinea und Sambia, die die Todesstrafe nur für gewöhnliche Straftaten abschafften) abgeschafft.

Eine positive Entwicklung gab es auch in Liberia und Ghana. Die beiden Länder leiteten rechtliche Schritte zur Abschaffung der Todesstrafe ein. Die Behörden von Sri Lanka und den Malediven gaben ebenfalls bekannt, künftig auf die Vollstreckung von Todesurteilen verzichten zu wollen. Auch in Malaysia wurden Gesetzesentwürfe zur Abschaffung der obligatorischen Todesstrafe eingebracht.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Kein Nachschlag! So sahen die letzten Mahlzeiten von Mördern aus
1 / 14
Kein Nachschlag! So sahen die letzten Mahlzeiten von Mördern aus
Fotokünstler Henry Hargreaves kocht Henkersmahlzeiten berühmter amerikanischer Mörder zusammen und setzt diese in Szene. Diese hier, ist vom Massenmörder Ted Bundy. Hier geht's zur Story ...
quelle: henryhargreaves.com / henryhargreaves.com
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Dieses iranische Influencer-Paar sitzt im Gefängnis – weil es getanzt hat
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
51 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
insert_brain_here
16.05.2023 17:46registriert Oktober 2019
So von wegen „ sogar per Enthauptung“

Macht euch mal schlau was einem mit der Giftspritze genau reingejagt wird, da würde ich also das Richtschwert bevorzugen. Auch gegenüber Erhängen à la Iran (kein langer Fall, minutenlanger Todeskampf)
805
Melden
Zum Kommentar
avatar
Firefly
16.05.2023 17:26registriert April 2016
Russland habe ihr vergessen! Per politischen Auftragsmord mit Gift oder Unfall (aus dem Fenster gefallen)
8015
Melden
Zum Kommentar
avatar
Hadock50
16.05.2023 21:32registriert Juli 2020
"Rund 37 Prozent der Hinrichtungen basierten im vergangenen Jahr auf Drogendelikten.
Besonders betroffen davon seien arme Menschen und Angehörige ethnischer Minderheiten "

Ist noch praktisch, dann ist man das "Problem" gerade los.....
Es braucht keine Sozialhilfe, keine Eingliederung..... 😈

Unwürdig für jeden Rechtsstaat.
215
Melden
Zum Kommentar
51
Israels Plan für Rafah-Offensive soll stehen +++ Erneut Proteste gegen Netanjahu
Am 7. Oktober 2023 attackierte die Hamas Israel und ermordete 1200 Menschen. Israel reagierte mit Bombenangriffen und die Armee drang in den Gazastreifen ein. Am 14. April 2024 hat sich der Iran eingeschaltet und einen direkten Angriff auf Israel lanciert. Alle News im Liveticker.
Zur Story