1 Meter 80 gross, 340 Kilogramm schwer. Der erste Mikrowellenherd der Welt war ein Klotz. Heute, 75 Jahre später, lassen sich die Geräte vom Elektrofachgeschäft in einer grösseren Einkaufstasche nach Hause tragen. Oder in einen Küchenschrank hieven, wenn Gäste kommen. Denn das Klotzige konnten sie mit ihrem weissen Kunststoff-, oder Edelstahlgehäuse nie ganz abschütteln.
Aller schwierigen Ästhetik und dem schlechten Ruf als Aufwärmkiste zum Trotz: Die Mikrowellenöfen sind in die Welt gekommen, um zu bleiben. Der Branchenverband der Schweizer Küchenbauer schätzt, dass sie in zwei Dritteln aller Haushalte stehen.
Selbst bei Branchenkennern schwingt eine Mischung aus Bewunderung und Überraschung mit, wenn sie berichten, dass der Absatz seit Jahren, ja Jahrzehnten relativ stabil sei. Und dies sowohl bei den freistehenden Geräten, die in Kochnischen der Büros ihr helles «bing» erklingen lassen, als auch bei eingebauten Geräten, die sich in das Design der Küche einfügen.
Revolutioniert hat die Mikrowelle das Kochen nicht. Auch wenn dies die Hersteller in der Vergangenheit propagierten. In den 1960er-Jahren versprach die Werbung noch, mit der Mikrowelle die Küchenarbeit in reines Vergnügen zu verwandeln. «Küchenarbeit» hiess in dem Fall aber auch: Statt stundenlang Fleisch zu braten und frisches Gemüse zu schnippeln, das tiefgekühlte Fertiggericht nach bloss dreieinhalb Minuten aus dem Schlund des neuartigen Haushaltsgeräts zu ziehen.
Noch vollmundiger warb ein Anbieter in den 1970er-Jahren. Seine Botschaft: Bei der Mikrowelle handle es sich um die grossartigste Kocherfindung seit der Entdeckung des Feuers.
Praktisch ist zwar, dass keine Pfannen geschrubbt werden müssen. Doch nur die wenigsten dürften heute im Mikrowellenherd Kartoffeln kochen oder Speck brutzeln, wie dies vor 50 Jahren angepriesen wurde. Und auch das «grosse Mikrowellen-Kochbuch» steht statt in den Auslagen der Buchhandlungen im Brockenhaus. Heute wärmen die Geräte vor allem Resten und Fertiggerichte auf oder lassen Maiskörner zu Popcorns ploppen.
Dass es das Gerät gibt, ist dem Zufall zu verdanken. Erfunden hat es der US-amerikanische Forscher Percy Spencer. Rund um den Globus tobte der Zweite Weltkrieg. Keine Sekunde lang dachte Spencer daher an die Entwicklung eines neuen Haushaltsgeräts, als er in einem militärischen Forschungslabor an Röhren tüftelte, die elektromagnetische Wellen erzeugen. Magnetron nennen sie sich. Spencer erforschte sie, um im Kampf gegen Nazi-Deutschland die amerikanischen Radaranlagen aufzurüsten.
Als der Forscher neben einem angeschalteten Magnetron stand, bemerkte er, wie der Schokoladenriegel in seiner Hosentasche schmolz. Ihn packte die Neugierde. Er legte Maiskörner und später ein Ei vor das Magnetron. Das Popcorn, das durchs Labor flog, begeisterte ihn; das Ei explodierte jedoch und klebte im Gesicht eines Kollegen. Doch das Prinzip des Mikrowellenherds war erkannt. Vor 75 Jahren, am 8. Oktober 1945, meldete Spencer das Patent an.
Ende der 1940er-Jahre kamen die ersten Geräte auf den Markt. Laut Herstellerangaben kosteten sie 3000 US-Dollar oder mehr – was einem heutigen Wert von etwa 35'000 Dollar entspricht. Für die breite Bevölkerung waren sie somit viel zu teuer, doch in den Grossküchen fand der Hersteller Raytheon Abnehmer.
Der Zufall wollte es, dass der Arbeitgeber von Spencer ursprünglich Haushaltsgeräte entwickelte, bevor die Firma sich im Krieg auch der Rüstungsindustrie zuwandte. «Radarange» hiess denn auch der erste Mikrowellenherd und erinnerte an die Entstehungsgeschichte. Bis heute beherbergt das Gerät in seinem Innern ein Magnetron, das auch in Radaranlagen Verwendung findet.
Längst drängen verschiedenste Modelle auf den Markt: mit Grill oder Heissluft, im Retro-Look oder mit einem glänzenden Stahlgehäuse. Im vergangenen Jahr gingen 90'000 freistehende Mikrowellenherde über den Ladentisch, 16'000 wurden in Küchen eingebaut. Für die einen gehört die Mikrowelle selbstverständlich zur Kücheneinrichtung, andere drücken sich weg, wenn der Tellerdreher zu kreisen beginnt. Sie trauen den hochfrequenten Strahlen nicht.
Hartnäckig halten sich Vorurteile über das Gerät. Dabei gibt es bis heute keine Hinweise darauf, dass ein intakter Mikrowellenherd durch Leckstrahlungen die Gesundheit gefährdet. Auch im Essen selbst sind nach dem Erhitzen keine Mikrowellen enthalten; es strahlt nicht. Und die chemischen Zusammensetzungen der Nahrungsmittel verändern sich in etwa gleich, wie wenn die Zutaten auf dem Herd oder im Backofen zubereitet werden.
Das Prinzip der Mikrowelle, das Spencer vor 75 Jahren entdeckt hat, funktioniert wie folgt: Die Wassermoleküle in den Nahrungsmitteln sind sogenannte Dipol-Moleküle. Das heisst, sie sind elektrisch unausgewogen. Kleinen Kompassnadeln ähnlich, richten sie sich nach jenem Magnetfeld aus, das sie umgibt. Wechselt das magnetische Feld um sie herum, dann richten sie sich entsprechend neu aus. Durch die Mikrowellenstrahlung geschieht dies mehrere Milliarden Mal pro Sekunde. Die molekulare Reibungswärme, die dabei entsteht, erhitzt die Speisen.
Dies war nicht der einzige Effekt, den der Forscher Percy Spencer entdeckte und nutzte. Er war an anderen Erfindungen beteiligt – wie etwa dem Vorläufer der Fernsehröhre. Das brachte ihm zwar wissenschaftlichen Ruhm und Anerkennung, aber kein Leben in Saus und Braus. Daran änderte auch die Erfolgsgeschichte des Mikrowellenherdes nichts. Sein Arbeitgeber, die Firma Raytheon, hatte ihm einst vertragsgemäss zwei Dollar für das Patent bezahlt.
Mitarbeit: Christian Satorius
Für das Aufwärmen von Resten bei uns in der Familie mit 3 Kids wo es vielfach schnell gehen muss, nicht mehr weg zu denken. 👍
Wir haben eine multifunktionales Geräte, also mit Umluft und Grill.
Ursprünglich Skeptiker, haben wir von meinem Vater eine alte Whirlpool "Mircowelle" erhalten und lernte ihre Funktionalität zu schätzen. Dies mittlerweile sicher 20 Jahre alt.