Europa, Nordamerika, China, ja selbst Südamerika, wo derzeit Winter herrscht, ächzen unter den momentanen Hitzewellen. Es ist unumstritten, dass mit der Klimaerwärmung solche Extremereignisse häufiger und heftiger auftreten werden.
Um dem entgegenzuhalten, gibt es eigentlich eine verblüffend einfache und billige Lösung, nämlich Treibhausgase einzusparen. Nur will das nicht so recht und nicht schnell genug gelingen. Manche Wissenschafterinnen und Wissenschafter suchen daher händeringend nach Notfallplänen, um die Erde zu kühlen. Manche klingen dabei eher nach Hirngespinsten als nach dem Masterplan zur Rettung der Welt.
Das gilt auch für die soeben vorgestellte Idee des Astronomen István Szapudi. Er beobachtete, dass auf Hawaii, wo er forscht, viele Leute tagsüber einen Regenschirm benutzen, um das Sonnenlicht abzuschirmen. «Ich habe mir überlegt, ob wir das auch für die Erde tun können, um die drohende Katastrophe des Klimawandels abzumildern», liess er sich in einer Pressemitteilung seiner Universität zitieren.
Der Vorschlag eines Sonnenschutzschilds ist nicht neu, aber er hatte bislang einen Haken: Die zwischen Sonne und Erde im Weltraum platzierte Konstruktion müsste unglaublich massiv sein, damit sie nicht von den Gravitationskräften und dem Sonnenwind zerstört würde. Das aber würde den Schirm wegen der Material- und Transportkosten zu teuer machen, schreibt Szapudi in seiner Studie, die in den «Proceedings of the National Academy of Sciences» erschienen ist.
Deshalb, so seine Überlegung, wäre es doch am sinnvollsten, das Sonnendach an einem Asteroiden festzubinden, der zwischen Erde und Sonne kreist. Also den Asteroiden quasi als fliegenden Schirmständer zu benützen. Dadurch würde sich das nötige Gewicht des Schirms deutlich verringern: von etwa 3.5 Millionen auf 35'000 Tonnen, wie Szapudi vorrechnet.
Das klingt gut. Dennoch bräuchte man zahlreiche Raketenflüge, um die Installation in die Erdumlaufbahn zu befördern (die grössten Raketen tragen bislang gerade mal einige Dutzend Tonnen Nutzlast). Szapudi ist jedoch zuversichtlich, weil gemäss der US-Raumfahrtbehörde Nasa die Kosten für solche Transportflüge massiv sinken sollen.
Eine andere Idee, um die Erde vor einem Teil des Sonnenlichts abzuschirmen, präsentierte Anfang dieses Jahres ein Team der Universität Utah um Benjamin Bromley: einen Staubgürtel zwischen Sonne und Erde, der das Sonnenlicht fernhalten und direkt zurück ins Weltall strahlen würde. Wie die US-Forscher berechneten, bräuchte es rund 10 Milliarden Tonnen Staub, um das Erdklima wirksam zu kühlen – und diese Staubmenge müsste jedes Jahr neu hinzugefügt werden, weil die Körner nach und nach aus der Bahn geschleudert würden.
Damit solche riesigen Mengen nicht von den Sandstränden der Erde abgebaggert und ins All transportiert werden müssen, schlugen Bromley und seine Kollegen eine äusserst kreative Lösung vor: kontinuierlich Staub auf dem Mond gewinnen und diesen von dort in eine Umlaufbahn zu schiessen, wo die Körner tagelang Schatten spenden würden. Sobald eine dauerhafte und bewohnte Basis auf dem Mond existiere, sei dies durchaus vorstellbar, glauben die Forscher.
Statt Mondpartikel stellte sich der Astronom Roger Angel von der University of Arizona einen Schwarm von winzigen Raumschiffen vor, nicht schwerer als 1 Gramm das Stück. Mehrere Billionen von diesen sollen 1,8 Prozent des einfallenden Sonnenlichts blockieren. Dieser Prozentsatz würde gemäss Berechnungen reichen, um die menschengemachte Erderwärmung rückgängig zu machen. Ein anderes Forschungsteam schlug wiederum vor, eine Fläche im Weltall so gross wie der US-Bundesstaat Texas mit Sonnenkollektoren zu bestücken. Diese sollten dann die Sonnenenergie einfangen und gleichzeitig als Solarkraftwerk im All dienen.
Die Beispiele zeigen: An abgefahrenen Ideen herrscht kein Mangel. Und die weltraumgestützten Methoden werden von vielen Experten als weniger risikoreich eingestuft als diejenigen Geoengineering-Verfahren, die direkt ins Erdsystem eingreifen, etwa, wenn Schwefelpartikel in die Atmosphäre injiziert werden sollen.
Dennoch sind auch die Folgen der Weltraumlösungen noch nicht ganz klar und umstritten, wie eine Umfrage unter 125 Forscherinnen und Forschern zu weltraumgestütztem Geoengineering ergeben hat. Manche Fachleute befürchten beispielsweise, dass der Monsun durch den Eingriff zusammenbrechen könnte und die Temperaturen in höheren Breiten statt sinken gar steigen könnten. Andere halten das für Quatsch oder mindestens für einen vernachlässigbaren Effekt. Unklar ist gemäss der Umfrage auch, wer die Weltraum-Installationen bezahlen würde, wer für den Unterhalt verantwortlich wäre und wer haften würde, wenn etwas schiefgehen sollte.
Aufgrund der vielen Unbekannten werde es wohl bis mindestens 2030 dauern, bis man entscheiden könne, ob es sinnvoll sei, in die Technologien einzusteigen oder nicht, so der Tenor der befragten Experten. Einer von ihnen sagte denn auch: «Das grösste Risiko besteht darin, dass einige Politiker denken könnten: ‹Spannen wir einfach ein 2-Millionen-Quadratkilometer-Segel und machen mit unseren CO₂-Emissionen weiter wie bisher.›» Doch so einfach wird es – wie so oft – wohl nicht gehen.
Wenn man jetzt anfängt, das in der Wissenschaft zu diskutieren, kann man mit ersten kleinen Prototypen vielleicht in 10-15 Jahren rechnen und ev. 50-75 Jahren mit der kompletten Umsetzung - wenn alle Staaten lange gemeinsam an einem Strick und das finanzieren und bauen.
Zu spät, zu teuer, zu unrealistisch, zu riskant.
Die Ignoranz gegenüber dem IPCC Bericht seit 1990 zeigt doch, wie wenig ernst Wissenschaftler genommen werden von der Politik.