Wissen
Videos

Face Yoga: Vorteile – und was hinter dem Beautytrend steckt

Video: watson/Emanuella Kälin

Grimassen statt Botox? Das bringt Face Yoga

Face Yoga – Gesichtsübungen zur Selbstoptimierung: Wie passt das zu Yoga, und kann das Hochziehen der Backenmuskeln tatsächlich die Zeichen der Zeit bekämpfen?
30.03.2025, 15:0030.03.2025, 15:47
Mehr «Wissen»

Grimassen statt Botox: In den sozialen Medien gilt Gesichtsyoga als Anti-Aging-Wunderwaffe. Online werben Face-Yoga-«Gurus» mit Mimikübungen, die angeblich dabei helfen, das Doppelkinn zu reduzieren, die Wangenknochen zu heben und die Haut zu straffen – alles ganz ohne Spritzen. Funktioniert das wirklich? Was hat das mit Yoga zu tun? Und was sagt die Wissenschaft?

Yoga lädt uns ein, nach innen zu blicken, Achtsamkeit zu entwickeln und uns selbst zu akzeptieren. Steht Selbstoptimierung also nicht im Widerspruch zu den grundlegenden Prinzipien des Yoga?

Die Schweizer Gesichtsyoga-Pionierin Tamara Golliez erklärt, dass Face Yoga natürlich besser klingt als Gesichtsmuskeltraining. Dennoch gebe es einige Parallelen: «Durch Face Yoga beschäftigt man sich mehr mit sich selbst, wird achtsamer und lernt sich selbst und seine Mimik und Ausstrahlung besser kennen. Ausserdem konzentriert man sich auf die Atmung und kann durch gezielte Übungen Spannungen lösen – Prinzipien, die auch im klassischen Yoga wichtig sind.»

Insbesondere in Stresssituationen gewöhnen wir uns unbewusst an bestimmte Muskelkontraktionen im Gesicht wie das Stirnrunzeln, das Zusammenkneifen der Augen oder das Anheben der Augenbrauen. Diese Mimikreaktionen können sich mit der Zeit verfestigen und unseren Gesichtsausdruck dauerhaft prägen. «Beim Face Yoga werden uns diese Angewohnheiten bewusst und wir lernen sie zu entspannen», so Golliez. Mit Botox würde man bloss den Muskel lähmen; die «Muskel-Erinnerung», also die Gewohnheit der Muskeln, werden wir damit nicht los. «Beim Face Yoga versuchen wir nicht nur die Symptome zu behandeln, sondern auch die Ursache.»

Mit den 43 Gesichtsmuskeln können wir 10'000 verschiedene Gesichtsausdrücke erzeugen. Unsere Gesichtsmuskeln sind klein und empfindlich. Kleinste Änderungen oder Spannungen können starke Auswirkungen auf das Aussehen und die Mimik haben.

Unser Selbstversuch:

Video: watson/Emanuella Kälin

Der Umweg über Botox führte Tamara Golliez schliesslich zum Face Yoga. Mit Mitte 50, unglücklich über unerwünschte Linien in ihrem Gesicht, entschied sie sich für eine Faltenbehandlung. Eine teure und satanisch schmerzhafte Erfahrung, die sich nicht lohnte: Nach drei Monaten feierten die Falten ihr Comeback. Auf der Suche nach einer Alternative stiess Golliez 2017 auf die Japanerin Fumiko Takatsu, die versprach, Falten alleine mit den Händen wegzumassieren.

Takatsu selbst hatte bei einem Verkehrsunfall schwere Kopfverletzungen erlitten und bemerkte nach ihrer Genesung leicht asymmetrische Gesichtszüge. Inspiriert von Yoga und der Wirkung von Muskeltraining auf den Körper fing sie an, spezielle Übungen zu entwickeln, um das Gleichgewicht ihrer Gesichtszüge wiederherzustellen und die Gesichtsmuskeln zu stärken. Beeindruckt vom Effekt liess sie Face Yoga patentieren und veröffentlichte mehrere Bücher, die in Japan zu Bestsellern wurden.

Von den Vorteilen und dem gesteigerten Selbstwert ist auch Golliez begeistert und liess sich von Takatsu ausbilden. Seither gehören Gesichtsübungen zu Golliez' Alltag. «Viel Zeit benötigt man nicht. Zehn Minuten pro Tag reichen», sagt die Face-Yoga-Lehrerin. Wichtig sei die Regelmässigkeit. Die Übungen lassen sich auch in andere Tätigkeiten integrieren – beim Zähneputzen, Spazieren, Gang auf die Toilette, bei der Arbeit vor dem Computer. «So kommt man schnell auf zehn Minuten pro Tag.»

Zu ihren Kunden zählen vor allem Frauen aus verschiedenen Altersgruppen. Die häufigsten Problemzonen sind die Augenpartie, die Wangen und der Kieferbereich. Einige kommen auch, um gesundheitliche Probleme wie Migränen, Gesichtslähmungen oder Zähneknirschen zu behandeln.

Die wissenschaftliche Literatur zu Face Yoga ist dünn. Viele Angaben über mögliche Ergebnisse stammen aus subjektiven Berichten oder Vorher-Nachher-Bildern. Nicole Lindenblatt, Stv. Klinikdirektorin der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie des Universitätsspitals Zürich, sagt: «In den letzten Jahren sind auch Geräte zur elektrischen Muskelstimulation im Gesicht auf den Markt gekommen, die positive Effekte zeigen.»

Eine Studie des Tokyo University Hospital konnte eine Verbesserung der Hautelastizität und des Faltengrades nachweisen. «Es ist wahrscheinlich, dass auch Face Yoga zu einer gewissen Straffung der Gesichtsmuskeln (Toning) führen kann, was je nach Alterungsprozess sichtbare Ergebnisse haben kann.» Ähnlich wie beim klassischen Yoga könnte Face Yoga auch einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden und die Wahrnehmung des eigenen Aussehens haben.

Risiken scheinen laut Lindenblatt keine zu bestehen. Allerdings sollte man keine Muskeln trainieren, die bereits für die Faltenbildung verantwortlich sind, da sich die Falten sonst noch verstärken könnten – wie zum Beispiel der Musculus frontalis (Stirnmuskel), der für quere Stirnfalten verantwortlich ist. Solche Muskeln sollte man eher entspannen.

Die meisten Publikationen zum Thema sind über zehn Jahre alt – es handelt sich beim Face Yoga also nicht bloss um einen (Social-Media-)Trend.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
14 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Holzkopf
30.03.2025 15:43registriert November 2017
Klingt wie Achtsamkeit und Co. kurz über Mittag, um dann den üblichen Wahnsinn wieder besser zu überstehen, ohne sein Leben wirklich zu ändern.

Statt Gesichtsyoga gegen Falten zu betreiben, sollten wir uns wieder mehr darum bemühen, was wirklich lebenswert ist.
Freude am Leben haben, echte Beziehungen zu Menschen pflegen, d.h. keine Fassaden vor sich her tragen.

Wer sich wegen Falten, schiefen oder höckrigen Nasen, grauen oder ausgefallenen Haaren oder welchen angeblichen Makeln auch immer grämt, ist selbst dafür verantwortlich, dass die Laune leidet.

Für mehr Lachen und faltige Gesichter!
334
Melden
Zum Kommentar
14
    Umstrittene Reddit-Studie: Forschende der Uni Zürich machen Rückzieher
    Forschende der Universität Zürich haben im Rahmen einer geheimen Studie mit KI-Bots Antworten auf Kommentare auf Reddit verfasst. Nach viel Kritik verzichten die Forschenden nun auf eine Publikation der Ergebnisse.

    Über einen Zeitraum von vier Monaten haben Forschende der Universität Zürich im Rahmen einer verdeckten Studie mit KI-Bots Antworten auf Beiträge auf Reddit verfasst, genauer im Subreddit r/ChangeMyView. Hier teilen Menschen ihre Meinungen und fordern andere auf, sie mit überzeugenden Argumenten zum Umdenken zu bewegen.

    Zur Story