Das Wetter ist seit jeher ein Phänomen, das die Menschen interessiert – es betrifft ja auch jeden und jede.
Wettervorhersagen sind aber nicht nur wichtig in Bezug auf Fragen wie «Braucht man morgen einen Regenschirm?», sondern Wetterprognosen können auch Leben retten.
Zum Beispiel die Vorhersage eines Verlaufs eines Hurrikans. Präzise Prognosen sind für Behörden entscheidend, wenn es darum geht, frühzeitig Massnahmen zu treffen und Betroffene rechtzeitig zu warnen. Gute Modelle sind darum überall sehr gefragt.
Das Problem von herkömmlichen Wetterprognosen liegt dabei in der Unsicherheit: Je weiter in der Zukunft sie liegen, desto ungenauer werden sie.
Nun könnte die Welt der Wettervorhersage grundlegend revolutioniert werden – dank eines KI-Programmes namens GenCast.
Die Entwickler rund um GenCast, welches Teil des Google-Unternehmens DeepMind ist, haben eben dieses neue KI-Programm am Mittwoch in einem bemerkenswerten Artikel im renommierten Wissenschafts-Magazin «Nature» vorgestellt.
Das Team zeigt auf, wie sein Programm bei den täglichen Wetter-Vorhersagen und vor allem bei 15-Tage-Prognosen besser abschneidet als das Ensemble Prediction System, kurz ENS, des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersagen.
Das ENS gilt als das beste atmosphärische Wetter-Vorhersagesystem, weltweit verlassen sich 35 Nationen (darunter auch die Schweiz) darauf, um ihre eigenen nationalen Vorhersagen zu produzieren.
«Bei 97 Prozent der 1320 von uns untersuchten Ziele ist die Genauigkeit höher als die von ENS, und die Vorhersage extremer Wetterlagen, der Zugbahnen tropischer Wirbelstürme und der Windenergie-Erzeugung ist besser», heisst es im Artikel.
Lange Zeit galten zwei Wochen als die maximale Obergrenze für einigermassen zuverlässige Wetter-Prognosen. Mit der deutlich präziseren 15-Tages-Prognose durchbricht GenCast diese Grenze. Bei Berechnungen der Bahn eines Hurrikans zum Beispiel punktet die KI mit deutlich präziseren Vorhersagen.
Die Autoren sprechen denn auch von einem «nächsten Kapitel in der operativen Wettervorhersage, in dem wichtige wetterabhängige Entscheidungen genauer und effizienter getroffen werden können.»
Das probabilistische Google-Programm setzt dabei bei seinen Vorhersagen auf eine völlig andere Herangehensweise als heute gängige Systeme.
Während zum Beispiel bei einem System wie ENS grosse Supercomputer eine (einfach gesagt) grosse Anzahl von Gleichungen berechnen, um Vorhersagen zu erstellen, lernte GenCast, wie sich das globale Wetter aufgrund von historischen Daten wie Windgeschwindigkeit, Temperatur, Luftdruck (und vielen mehr) entwickelt.
Dank dieses Trainings kann GenCast Muster in den Daten erkennen und so präzisere Prognosen als andere Systeme erstellen.
Ebenfalls revolutionär: Während die Erstellung einer herkömmlichen Prognose auf einem Supercomputer mit Zehntausenden Prozessoren Stunden dauert, braucht GenCast gerade einmal acht Minuten für eine 15-Tage-Vorhersage.
«Es ist eine grosse Sache», sagt Kerry Emanuel, emeritierter Professor für Atmosphärenwissenschaften am Massachusetts Institute of Technology (MIT), gegenüber der New York Times:
Bereits 2019 sagte Emanuel in der Fachzeitschrift «Journal of the Atmospheric Science», dass eine Entwicklung von zuverlässigen Vorhersagen mit einer Länge von 10 bis 15 Tagen «enorme sozioökonomische Vorteile» hätte. Damit würden sich Auswirkungen von extremen Wetterverhältnissen spürbar verringern lassen.
Mit GenCast ist Google nun der erste Schritt hin zu dieser Entwicklung geglückt.
Emanuel geht aber nicht davon aus, dass die Google-KI ältere Systeme gleich ganz ersetzen wird. Er sieht in GenCast eher eine Ergänzung als einen Ersatz: «Der Status quo wird nicht verschwinden, vielleicht erweist sich die Zusammenarbeit der beiden als der beste Weg nach vorne.»
Dennoch, Expertinnen sprechen von einem grossen Schritt: «Die Wettervorhersage steht vor einem grundlegenden Wandel in der Methodik», sagt Sarah Dance, Professorin für Datenassimilation an der University of Reading, gegenüber dem Guardian.
«Es eröffnet den nationalen Wetterdiensten die Möglichkeit, zuverlässigere Schätzungen, insbesondere für Extremereignisse, zu liefern», so Dance. Sie sagt aber auch: