Apple und Samsung haben ein Problem: Es heisst Xiaomi, kommt aus China und wächst mit 300 Prozent
Lange Zeit dominierten Apple und Samsung den Smartphone-Markt. Doch die Dominanz der Tech-Giganten bröckelt. Heimlich, still und leise schiebt sich ein dritter Spieler auf die Bühne: Das chinesische Start-up Xiaomi («kleiner Reis»). Bis vor Kurzem lediglich Experten ein Begriff, ist das Unternehmen zum drittgrössten Smartphone-Produzenten der Welt avanciert – vor Lenovo und LG.
Xiaomi setzt auf preisgünstige Smartphones, die es ausschliesslich über das Internet vertreibt
Auf dem Heimatmarkt ist Xiaomi die Nummer 1, dort hat es im Sommer Samsung und Apple verdrängt. Xiaomi hat eine eindrucksvolle Bilanz für das vergangene Geschäftsjahr vorgelegt: Bei 5,5 Milliarden Dollar Umsatz konnte der Hersteller für Smartphones und Tablets einen Profit von 56 Millionen einfahren. China ist ein riesiger Wachstumsmarkt. 2015, so schätzt das Marktforschungsunternehmen IDC, werden im Reich der Mitte 500 Millionen Smartphones verkauft – mehr als dreimal so viele wie in den USA. Xiaomi will hier mitmischen – und seine Vormachtstellung zementieren.
Handy-Verkäufe in China: Xiaomi knapp vor Samsung. Apple nicht mehr in den Top 5
Gegründet wurde das Start-up 2010 vom ehemaligen Google-Mitarbeiter Lin Bin und dem chinesischen Entrepreneur Lei Jun. Letzterer sieht mit seinen Jeans und schwarzen T-Shirts, die er beim Launch neuer Produkte trägt, ein wenig wie der Wiedergänger von Steve Jobs aus.
Lei Jun macht den Steve Jobs
Xiaomis Ruf als «Chinas Apple» ist von manchen anerkennend, von anderen argwöhnisch gemeint. Das chinesische Unternehmen sah sich in der Vergangenheit wiederholt Plagiatsvorwürfen von Apple ausgesetzt. Zugegeben: Die Tablets von Xiaomi sehen dem iPad verblüffend ähnlich. Firmenboss Lei Jun ficht das nicht an. Er will neue Märkte erschliessen und das Unternehmen weiter expandieren.
Vor allem die bevölkerungsreichen BRICS-Staaten sind im Visier von Xiaomi. Im Juni wurde mit grossen Fanfaren ein Ableger in Indien lanciert. Wegen eines Patentstreits mit Ericsson muss sich die aufstrebende Handy-Marke aber vorläufig vom indischen Markt zurückziehen. Den Aufstieg von Xiaomi wird das aber nicht aufhalten, allenfalls verzögern. In Brasilien steht der Verkaufsstart unmittelbar bevor. Und auch in den USA, wo Xiaomi seine Produkte offiziell gar nicht vertreiben darf, sind über eine Million Geräte im Umlauf – das jedenfalls verraten GPS-Daten.
Das Mi Pad ist kaum von einem iPad zu unterscheiden
«Eine Form von Demokratie, mit der Apple niemals mithalten könnte»
Xiaomi wildert im Revier der amerikanischen Tech-Giganten und wirbt ihnen das Spitzenpersonal ab. Ein namhafter Google-Manager hat bei dem chinesischen Smartphone-Hersteller schon angeheuert.
Xiaomi sieht sich indes auch nicht als Apple-Klon, sondern eher als eine Art Amazon. Mit der Direktvermarktung spart sich das Unternehmen Kosten für Distribution und Werbung. Im Gegensatz zu Samsung, das seine Produkte nach streng hierarchischen Vorschriften konzipiert, lässt Xiaomi Design-Vorschläge seiner Nutzer zu. Auf Weibo, dem chinesischen Pendant zu Twitter, werden regelmässig Abstimmungen durchgeführt, welche Features oder Funktionen das nächste Handymodell haben soll. Der «Economist» staunte über «eine Form von Demokratie, mit der der amerikanische Konkurrent (Apple) niemals mithalten könnte.»
Xiaomis Gründungsteam besteht teils aus ehemaligen Managern von Google und Microsoft
Der Chef der chinesischen Suchmaschine Baidu, Robin Li, sagte kürzlich, die Führung von Xiaomi erinnere ihn an einen Triathlon: Man müsse gut in den Disziplinen Software, Hardware und Internet sein. Das drahtige Gründerduo scheint dieser Herausforderung nicht nur körperlich, sondern auch geistig gewachsen zu sein – sie sind beide Informatiker. Insider bewerten Xiaomi bereits als das nächste Alibaba – der chinesische Online-Händler legte den grössten Börsengang der Geschichte aufs Parkett. Eine neue Kapitalspritze könnte den Marktwert auf 30 bis 40 Milliarden Dollar steigern, berichtet die «New York Times».
Xiaomi wird mit 10 Milliarden US-Dollar bewertet und ist somit das viertteuerste Start-up der Welt
Bis zu einem möglichen Börsengang muss Xiaomi allerdings noch die patentrechtlichen Streitigkeiten aus dem Weg räumen. Sonst könnte dem fulminanten Aufstieg bald ein jähes Ende gesetzt werden.